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Entgegenkommen, das <lb/>Sie von mir erfahren. Ich will für <lb/>Sie dasein,
wenn Sie mich brauchen.</p>
<p>Mich <rs ref="#Hollywood" type="place" subtype="mentioned">Hollywood</rs>-Typen
anzu-<lb break="no"/>gleichen habe ich nie im Sinn <lb/>gehabt, ich würde
mich kaum <lb/>dafür <choice>
<sic>eigen</sic>
<corr type="correction">eignen</corr>
</choice>. Übrigens ist die Zahl <lb/>der diesen Luxuswesen <del rend="strikethrough"><gap unit="chars" quantity="3" reason="illegible"/></del> Nach-<pb n="52" facs="Z148513701/00000052.jpg" break="no"/>strebenden geringer, als Sie wahrscheinlich <lb/>glauben. Ich weiß das. Denn
diese <lb/>Mädchen, die nichts haben als sich <lb/>und <del rend="strikethrough">Ih</del> ihren Beruf und vielleicht <lb/>auch ihren
Freund und ihre <unclear cert="high" reason="illegible">Sonn-<lb break="no"/>tage</unclear>, stehen schon zu tief im Grau <lb/>und in ihren Tretmühlen,
<del rend="overwritten"><gap unit="chars" quantity="1" reason="illegible"/></del>
<add place="across">t</add>
</subst>en, in eine <lb/>Parfum- und Porzellanwelt gehoben zu <lb/>werden. Das
sage ich von der all-<lb break="no"/>gemeinen Arbeiterumgebung. Ausnahme-<lb break="no"/>fälle, in diesem Fall Ehrgeiz nach <lb/>dieser anderen Welt oder
höheren Schichte, <lb/>oder was Sie eben glauben, daß diese <lb/>Ausnahmen
anstreben, gibt es hier <lb/>wie es anderswo, auch in der soge-<lb break="no"/>nannten Gesellschaft, Hochstapler <lb/>und Jägerlateiner gibt.</p>
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<pb n="53" facs="Z148513701/00000053.jpg"/>
<p>Sehen Sie, ich habe hier alles vor <lb/>Augen. Hochwasserkatastrophen,
Ehezwistig-<lb break="no"/>keiten unnützigster Art, Tausch von
<lb/>Ehegatten zwischen gegenseitigen Schwägern, <lb/>Kinderleid, Kinderspiele,
ein bißchen <lb/>Grün, viel Ziegelrot, viel Streit, viel <lb/>Stimmen, wenig
Klang. Eine ganze <lb/>Welt. Eine ganz offene Welt. Die <lb/>nicht einmal die
Fenster schließt, wenn <lb/>sie sich schlägt.</p>
<p>Das ist gewisserma<subst>
<del rend="overwritten">ss</del>
<add place="across">ß</add>
</subst>en eine auf-<lb break="no"/>geträufelte Erfahrung, ein äußeres
<lb/>Mittel, keine eigene, aber deshalb <lb/>nicht weniger starke.</p>
<p>Ich weiß mehr, als Sie vielleicht <lb/>glauben.</p>
<p>Für Sie aber will ich das sein, <lb/>was Sie in mir sehen wollen: Ihre liebe
<pb n="54" facs="Z148513701/00000054.jpg"/>
<rs ref="#Schinko_Hilde" type="person">Hilde</rs>, der Sie immer alles in den
Schoß <lb/>legen können, was Sie an Sorgen haben. <lb/>Von einer zum andern.
Auch, <lb/>was Sie den andern nicht zeigen <lb/>wollen. Seien Sie sicher, daß
Sie <lb/>immer bei mir Verständnis finden. <lb/>Ich würde es als einen
Vertrauens-<lb break="no"/>beweis ansehen, wenn Sie Ihr Vor-<lb break="no"/>haben, das Sie voriges Mal fallen lie-<lb break="no"/>ßen, nun doch
ausführten. Überle-<lb break="no"/>gen Sie es sich. Ich kann warten.</p>
<p>Mit meinem <rs ref="#Schinko_Hilde" type="work" subtype="referred">Beitrag</rs>
zu den <rs ref="#Okopenko-publikationen_einer_wiener_gruppe_ju-0000" type="work" subtype="edited">Pu-<lb break="no"/>blikationen</rs> aber bitte
ich Sie, Geduld <lb/>zu haben. Führen Sie diese <rs ref="#Okopenko-publikationen_2_5106-1951" type="work" subtype="edited">Nummer</rs>
<lb/>diesmal ohne mich durch, ja?</p>
<p>Ich kann noch nicht. Ich würde <lb/>mit leeren Händen dastehen.</p>
<p>Und nun:</p>
<p rend="align(center)">Ihre <rs ref="#Schinko_Hilde" type="person">Hilde</rs>.</p>
<pb n="55" facs="Z148513701/00000055.jpg"/>
<div type="envelope">
<p><rs ref="#Wien_Wohnung" type="place" subtype="visited"><address>
<addrLine>Herrn</addrLine>
<addrLine><rs ref="#Okopenko_Andreas" type="person">Andreas
Okopenko</rs>,</addrLine>
<addrLine>Wien, 14,</addrLine>
<addrLine>Baumgartnerhöhe 1.</addrLine>
</address></rs></p>
<note type="date-of-receipt" place="margin-right" hand="#handwritten">gek.
<lb/><date when-iso="1951-05-16">16 5 51</date></note>
<p style="transform:rotateZ(+90deg)"><rs ref="#Wien_Schinko" type="place" subtype="mentioned"><address>
<addrLine><rs ref="#Schinko_Hilde" type="person">H.
Schinko</rs>,</addrLine>
<addrLine>Wien - Oberlaa,</addrLine>
<addrLine>Rustenfeld 1/162.</addrLine>
</address></rs></p>
<pb n="56" facs="Z148513701/00000056.jpg"/>
</div>
</div>
</body>
</floatingText>
<pb n="57" facs="Z148513701/00000057.jpg"/>
<floatingText corresp="#c_Z148513701_006">
<body>
<div>
<dateline rend="align(right)"><handShift new="#handwritten"/><rs ref="#Wien" type="place" subtype="visited">Wien</rs>
<date when-iso="1951-05-24">24 5 51</date>.</dateline>
<figure>
<figDesc>Zwei gepunktete ovale Formen untereinander</figDesc>
</figure>
<p rend="align(center)">Liebe <rs ref="#Schinko_Hilde" type="person">Hilde</rs>,</p>
<p><del rend="strikethrough">nach langem</del></p>
<p>Ihre Sorgsamkeit hat <subst>
<del rend="overwritten">n</del>
<add place="across">m</add>
</subst>ich<del rend="strikethrough">t</del>
<lb/>tief berührt<add place="inline">.</add><del rend="strikethrough">,</del>
<subst>
<del rend="overwritten">m</del>
<add place="across">M</add>
</subst>einen Dank dafür, <note place="margin-right"><del rend="strikethrough">zwei isolierte <lb/><subst>
<del rend="overwritten"><gap unit="chars" quantity="1" reason="illegible"/></del>
<add place="across">G</add>
</subst>egenstände</del></note>
<lb/><rs ref="#Schinko_Hilde" type="person">Hilde</rs>. Sie wollen meine
<lb/>Gefährtin sein, und Sie sind <lb/>es schon. <rs ref="#Schinko_Hilde" type="person">Hilde</rs>.</p>
<p><del rend="strikethrough">(</del>Indes: mich hat beunruhigt, wie Sie
<lb/>schrieben: "Für Sie will ich das <lb/>sein, was Sie in mir <hi rend="underline" n="2">sehen wollen</hi>."</p>
<p>Denn ich möchte nicht ein Phantasiebild <lb/>sondern einen Menschen; der
<lb/>Phantasie bin ich recht <lb/>abhold. Und wenn Sie in <lb/>Wirklichkeit
nicht "meine <lb/>liebe <rs ref="#Schinko_Hilde" type="person">Hilde</rs>" sein
können, schreiben <lb/>Sie es, und schreiben Sie, was Sie <lb/>sein können. Ich
bin einmal <lb/>so geboren worden, daß ich <lb/><del rend="strikethrough">keine
Betäubung</del> keiner Betäubung <lb/>in schöne Träume bedarf.</p>
<pb n="58" facs="Z148513701/00000058.jpg"/>
<note type="foliation" place="upper-left-corner">2</note>
<p>Das Herrlichste ist die Realität, <lb/>und das <del rend="strikethrough">"elend</del> "ödeste Leben" <lb/>hat für den, der <del rend="strikethrough">die</del> so veranlagt <lb/>ist, unendlich mehr menschlichen <lb/>Wert,
(trotz Verzichtens auch) <lb/>als illusorische Schonung.</p>
<p>Wenn Sie aber imstande sind, <lb/>die <hi rend="underline">Realität</hi> mit
mir zu <add place="margin-bottom"><metamark>↓</metamark> teilen, soll <add place="above"><del rend="strikethrough">m</del></add> das meine <lb/><subst>
<del rend="overwritten">S</del>
<add place="across">s</add>
</subst>chönste<del rend="strikethrough">s</del>
<add place="above">Tatsache</add> sein. <del rend="strikethrough">A Ich will
<lb/>mein Schönstes jedoch nur</del></add></p>
<p>Nur <subst>
<del rend="strikethrough">quasi</del>
<add place="above">etwa</add>
</subst> a<subst>
<del rend="overwritten">ls</del>
<add place="across"><unclear cert="medium" reason="illegible">lls</unclear></add>
</subst> Sorge um die <lb/>Gesundheit <add place="below"><del rend="strikethrough">braucht</del></add><add place="below">soll man <subst>
<del rend="strikethrough">mich</del>
<add place="below">einen</add>
</subst></add> nicht aus der "Einsamkeit" <lb/><del rend="strikethrough">entreißen</del>
<lb/>nehmen wollen. <delSpan spanTo="#Z148513701_delend006"/><restore><del rend="strikethrough">Man hält,</del></restore><add place="above"><del rend="strikethrough">Ich halte,</del></add>
<lb/>auf leise Art, einiges <lb/>aus.<anchor xml:id="Z148513701_delend006"/></p>
<pb n="59" facs="Z148513701/00000059.jpg"/>
<note type="foliation" place="upper-right-corner">3</note>
<p><delSpan rend="strikethrough" spanTo="#Z148513701_delend007"/><restore><delSpan spanTo="#Z148513701_delend008"/>Wenn es gleichzeitig auch Ihre ist.
<lb/>Wenn ich für Sie da<del rend="strikethrough">sein kann</del> bin,
<lb/><del rend="strikethrough">werde</del> wie Sie für mich. (Einseitig
<lb/><del rend="strikethrough">(</del><hi rend="underline">geschenkt</hi>
sollte <subst>
<del rend="strikethrough"><gap unit="chars" quantity="3" reason="illegible"/></del>
</subst> nicht<del rend="strikethrough"><gap unit="chars" quantity="1" reason="illegible"/></del> werden, <lb/>Menschen <add place="above">kann man nicht</add> schenk<subst>
<del rend="overwritten">t</del>
<add place="across">en</add>
</subst>
<del rend="strikethrough">man nicht</del>, sondern <lb/>man vertraut sich
<add place="below">ihnen</add> an.)<anchor xml:id="Z148513701_delend008"/></restore><anchor xml:id="Z148513701_delend007"/></p>
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<figure>
<figDesc>Zeichnung mit runden und ovalen Formen</figDesc>
</figure>
<milestone type="separator" unit="none" rend="horizontal-rule"/>
<p>Wenn es gleichzeitig <handShift new="#stenographed" resp="#OSTV"/>auch irre
ist, wenn ich für Sie da bin wie Sie für mich. Einseitig geschenkt sollte so
etwas nicht werden. Man schenkt sich nicht dem Anderen, sondern geht zu ihm
hin. Man vertraut sich ihm an. Wenn Sie das können, aus gleicher Gesinnung, aus
dem Hindrängen des Blutes, und nicht wie einen Hang zur Puppe oder zum
verletzten Waldtier, die doch im Hintergrund ein bisschen Spielzeug sind und
eigennützig gepflegt, dann kommen Sie und seien Sie mein Mädchen. Ich darf
Ihnen so schreiben, denn Sie gehören nicht jener Schicht an, die diese Worte in
ganz anderen Farben sieht, mit <unclear>Kontakt</unclear>, gerecht und einer
„natürlichen Harmonie“ <pb n="60" facs="Z148513701/00000060.jpg"/>
<note type="foliation" place="upper-left-corner">4</note> und „gesitteten“,
Luderhaftigkeit gemischt. Die die Wünsche von Mädchen und Burschen zu einem
Spiel und gesellschaftlichem Vergnügen gemacht hat, bei dem man freilich auch
an Schlauheit, Umgangsformen und Schlechtigkeit für seinen späteren Lebensweg
und die Karriere viel lernen könne; was, das Ganze zu einer „Lebensschule“ =
praktischen Pädagogik jener bürgerlichen Verworfenheit werden lässt, die am
Ende das Leben leergepumpt wie einen schlechten Schlauch zurücklässt.</p>
<p>Jetzt habe ich Ihnen einiges gesagt, womit ich glaube, Ihnen einen
„Vertrauensbeweis“ gegeben zu haben (wo ich doch noch nicht weiß, ob Sie bereit
sind). <del rend="strikethrough">Stellen Sie sich doch die Blamage
vor</del></p>
<pb n="61" facs="Z148513701/00000061.jpg"/>
<note type="foliation" place="upper-right-corner">5</note>
<p>Ich glaube nicht, dass es notwendig ist, Sie mit den Sachen, die ich Ihnen
ursprünglich zeigen könnte, momentan zu belasten. Die betreffen einmal den
literarischen Entwicklungsherggng – Wege, die uns gemeinsam sind oder es werden
können – darüber haben wir noch zu wenig gesprochen. Auch wenn Sie nicht in
dieser Nummer der „Publikationen“ mitwirken (wie in der Herbstnummer und
August, müsste ich das Material haben!) Senden Sie mir Sachen von Ihnen zum
Lesen und schreiben Sie, wie es weitergeht. <del rend="strikethrough">Ja, Sie
können einen Anderen hier brauchen. Es ist ja möglich, dass Sie das lieber
allein machen, ich bin ja auch nur ein junger Autor und kein</del> oder muss
jeder seinen Weg allein gehen? Freilich lieber eine unzugängliche Hilde als
eine von einem für sie üblen jungen Autor Fehlgeleitete. <del rend="strikethrough">Sie haben recht.</del> Wie es kommt, <del rend="strikethrough">ob ein Weg allein, oder ein gemeinsamer</del> Ich grüße
<p rend="align(right)"><rs ref="#Okopenko_Andreas" type="person"><handShift new="#handwritten"/>Andreas Ok.</rs></p>
<pb n="62" facs="Z148513701/00000062.jpg"/>
</div>
</body>
</floatingText>
<pb n="63" facs="Z148513701/00000063.jpg"/>
<note hand="#handwritten"><hi rend="align(center)">Seither und <lb/>auf 2 sachliche
<lb/>Briefe (<rs ref="#Okopenko-publikationen_2_5106-1951" type="work" subtype="edited">publ. 2.</rs>
<lb/>u. "<rs ref="#Theater_der_Jugend-neue_wege-0000" type="work" subtype="referred">NW</rs>") <lb/>keine Nachricht <lb/>erhalten.</hi></note>
<pb n="64" facs="Z148513701/00000064.jpg"/>
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