Christoph Steiners Krawatten

Die Krawatte als Träger von Botschaft und diversen Details kann hier mittels IIIF betrachtet werden, um schließlich Lieblingsdetails mittels IIIF Cropper auszuwählen und auszuschneiden. Ein Beispielprojekt inspiriert durch unserem geschätzten Kollegen Christoph Steiner.

Elemente der Kollektion

Die Krawatte

Ein offenes Buch

Bunter Farbfleck im Uni des täglichen Business, individuelles Signal und Symbol im grauen Kollektiv, enigmatischer Akzent im Einerlei der Masse – all das kann jenes Kleidungsstück sein, um das es in diesem kurzen Essay gehen soll: die Krawatte als Träger von Botschaft, buchstäblich und im übertragenen Sinn, literal und allegorisch.

Immer schon als Accessoire zur Kleidung – ob im Kontext von Uniform oder als persönliche Note – ist die Krawatte ambivalent: Denen, die sich mit der Semantik des bunten Halstuches identifizieren können, ist das Tragen einer Krawatte Lust und Vergnügen, ein Stück Ästhetik im Alltag; den anderen, denen die Krawatte aufgrund konventioneller Prägung aufgezwungen wurde, ist dieses Element des gehobenen Dresscodes verhasst und der lustvolle Zugang verwehrt. Sie mögen sich nicht darüber aufhalten, dass ein Vertreter der ersten Gruppe versucht, die Motive seiner Passion zu beschreiben – es soll ja niemand eingeengt werden, der sich bindet, im Gegenteil: Ich verstehe die Krawatte als Symbol größerer Freiheit und Entfaltungsmöglichkeit.

Neben den alltäglichen Erfordernissen zweckgemäßer Kleidung im Allgemeinen bietet die Wahl einer passenden Krawatte die Chance, etwas von jener Stimmung zu repräsentieren, die den Träger erfüllt – Hinweis auf überbordende Freude z. B. in vielen bunten Farben, Ausdruck verhaltener Erwartung durch gedecktere Farbtöne, Symbolik in Motiven, welche manche Exemplare zieren u.v.a.m. Die Krawatte wird so pars pro toto – Teil als Ausdruck des Ganzen, ja mitunter emblematischer Kulminationspunkt der persönlichen Tagesverfassung. Das Verhältnis vom Einzelstück zum Ganzen mag variieren – dennoch kann es so etwas wie das hen kai pan der griechischen Philosophie werden: Siehst Du das Eine, siehst Du das Ganze.

Freilich – Kleider machen Leute … Auch die Krawatte ist Teil des weiten Feldes von Sein und Schein, von Illusion und Wirklichkeit, von Substanz und Fassade. So gesehen kann sie Element der Authentizität ebenso sein wie Ingrediens der Täuschung, spirituelles Symbol und manipulatives Instrument. Als repräsentatives Signal folgt sie den Gesetzen des Schmucks: eine Mischung aus Realität und Sehnsucht, sie erzählt eine Geschichte, die Geschichte des Ganzen, der Fülle – und dies möglichst unikal, nach dem Geschmack des Trägers, in ganz persönlichem Stil. Je universeller das Ornament bzw. je mehrdeutiger das Motiv, desto interessanter und interpretationsoffener wird das Stück – Chiffren sind mitunter keine offenen Bücher. Offene Bücher wollen gelesen werden – oft geht es jedoch nur um die Hülle, nicht um den Inhalt. Bücherkrawatten z. B. sind daher ein beliebtes Motiv – nach Farben geordnete Buchrücken als Dekoration lassen offen, wie viel des Inhalts tatsächlich vom Träger rezipiert wurde … Gerne jedoch umgibt man sich mit den Insignien von Bildung und Schönheit, wie einst die Besitzer von Adelsbibliotheken in ihren kunst- und phantasievoll ausgestalteten Büchersammlungen.

Das Changieren zwischen Offenkundigem und Arcanum gehört zum Spiel des Bekleidens – ein Spiel des Ent- und Verhüllens. Dasselbe gilt für pittoresk angeordnete Schriftzüge, Grafiken oder surrealistische Figurenkonstellationen.

Dennoch – die Lust, mit unzähligen Variationen zu spielen (leider sind die Modemacher bzw. die potentiellen Träger ihrer Produkte oft zu zurückhaltend, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen und daher das Sammeln hin und wieder feilgebotener Exemplare ein Gebot des glücklichen Augenblicks) ist eine der wenigen Gelegenheiten für männliche Modefreaks, dem verordneten Diktat der Seriosität zu entfliehen und – wenigstens diese gesellschaftlich akzeptierten – Akzente zu setzen in einer Existenz, die häufig des Humors und der Farbigkeit entbehrt, weil der Mut dazu fehlt. Homo ludens – Krawatte als Spielzeug und manchmal auch offenes Buch … tolle lege (nimm und lies)!

Faschingsdienstag, 21.2.2012

Christoph Steiner

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Essay

Kurzes Essay von Christoph Steiner zur Ausdruckskraft von Krawatten im Büroalltag

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