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TB_1950.10.01-1950.12.31.xml 182 KiB
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csteindl's avatar
csteindl committed
           <dateline><handShift new="#handwritten"/><date when-iso="1950-12-31">31.12.1950</date>
               <lb/>24, Uhr</dateline>
           
       <pb n="78" facs="Z148513403/00000078.jpg"/>
           
       <pb n="79" facs="Z148513403/00000079.jpg"/>
           
           <dateline><date when-iso="1950-12-31">31. Dezember 1950</date></dateline>
           <p><hi rend="underline" n="5">letzter Tag im alten Jahr:</hi></p>
           <p>Ging noch abends Bier holen.</p>
           <p>Machte danach viele Ordnungen.
               <lb/>Hatte (unerfüllbare) Wünsche.</p>
           <p>Bin in keiner Leichenstimmung,
                <lb/>verhältnismäßig neutral.</p>
           <p>Feiere aber mit einer gewissen
                <lb/>Bewußtheit den Silvester. An mir
                <lb/>ungewohnt.</p>
           
           <div><head>Kurze Rückerinnerung:</head>
           <p>Kein Mädchen überhaupt</p>
           <p><rs ref="#Lorjka" type="person">Lorjka</rs> auf keinen Fall</p>
           <space unit="chars" quantity="15"/><p>Wieder nicht</p>
           <space unit="chars" quantity="15"/><p>Auch <rs ref="#Schinko_Hilde" type="person">Hilde</rs> nicht</p>
           <space unit="chars" quantity="15"/><p>Niemand Niemand Niemand</p>
           <p>Oder wird doch mit <rs ref="#Schinko_Hilde" type="person">Hilde Schinko</rs>
                <lb/>was kommen? Ich beschließe
                <lb/>unabgebucht.</p>       
           
       <pb n="80" facs="Z148513403/00000080.jpg"/>
           
       <pb n="81" facs="Z148513403/00000081.jpg"/>
           
           <p>Auch unabgebraucht. Etwas das
           <lb/>immerhin <subst><del rend="overwritten"><gap unit="chars" quantity="1" reason="illegible"/></del><add place="across">w</add></subst>ert ist. Eine gewisse
           <lb/>Freude daran habe ich immer
           <lb/>wieder.</p>
           <p>Von Jahresereignissen: <rs ref="#Shaw_Bernard" type="person">Bernard Shaw</rs> †,
           <lb/><note place="margin-left">1. friedens-<lb break="no"/>mäßiges Jahr.
           <lb/>Hingegen
           <lb/>Lohn-Preis-Pakt
           <lb/>auf der
           <lb/>anderen Seite
           <lb/>und Generalstreik
           <lb/>.........</note> <rs ref="#Korea" type="place" subtype="mentioned">Korea</rs>-Krieg mitsamt <rs ref="#China" type="place" subtype="mentioned">China</rs>,
           <lb/>Aufhören de<subst><del rend="overwritten">r</del><add place="across">s</add></subst> Universitätsstudiums,
           <lb/>viele andere tot (siehe Monats-<lb break="no"/>zettel aus den <rs type="work" subtype="referred">Zeitungen</rs>),
           <lb/><anchor xml:id="Z148513403_t42a"/>mein Stoßen zu den <rs ref="#Redaktion_Neue_Wege" type="org" subtype="visited">"Neuen Wegen"</rs>,
           <lb/>deren Tagung und der engere
           <lb/><rs ref="#Redaktion_Neue_Wege" type="org" subtype="visited">Arbeitskreis</rs>, Öffentlichkeit wurde
           <lb/>erstmals auf Junge aufmerksam,
           <lb/><rs ref="#Weigel_Hans" type="person">Weigel</rs> usw. ........
           <lb/><note place="margin-left">Das Jahr brachte das
           <lb/>Hinfinden von der
           <lb/>Philosophie und dem
           <lb/>Drama zur Lyrik,
           <lb/>zu <hi rend="underline">meiner</hi> <rs ref="#Okopenko_Andreas" type="work" subtype="written">Lyrik</rs>.
           <lb/>Das beinhaltet alles,
           <lb/>was ich an
           <lb/>Wichtigkeit nennen
           <lb/>kann.</note></p>
           <p>Kein Mädchen (<rs ref="#Wien_Adamsgasse" type="place" subtype="visited">Adamsgasse</rs>-<lb break="no"/>Mädchen, <rs ref="#Hübel_Lore" type="person">Lore Hübel</rs> nichts).
           <lb/>Mein literarisch bisher
           <lb/>fruchtbarstes und erstes
           <lb/><hi rend="underline">effektiv</hi> wertvolles Jahr.
           <lb/>Mein schönstes Jahr.</p>
           
       <pb n="82" facs="Z148513403/00000082.jpg"/>
               
       <pb n="83" facs="Z148513403/00000083.jpg"/>
               
           <p>Ich habe Gemeinschaft gefunden,
           <lb/>mich und Widerhall.</p>
           <p>Die Leute vom <rs ref="#Redaktion_Neue_Wege" type="org" subtype="mentioned">Arbeitskreis</rs>
           <lb/>sind mir unendlich wert.</p>
           <p>Mein schicksalshaftes
           <lb/>Zusammentreffen mit dem
           <lb/>Surrealen.<space unit="chars" quantity="5"/>Dessen Spitzen
           <lb/>wurden aber auch wieder
           <lb/>überwunden.</p>
           <p>Dies Jahr unterschreibe ich.</p><anchor xml:id="Z148513403_t42e"/>
           <p rend="align(right)"><rs ref="#Okopenko_Andreas" type="person">AOk</rs></p>
           <space unit="lines" quantity="2"/>
           <p>Wenn ich bedenke, wenn ich
           <lb/>bedenke: Vor einem Jahr
           <lb/>kannte ich noch nicht d</p>
           </div>
       </div>
            
        <pb n="84" facs="Z148513403/00000084.jpg"/>  
            
        <pb n="85" facs="Z148513403/00000085.jpg"/>
            
        <div>
            <floatingText corresp="#note_Z148513403_003">
                <body>
                    <div>
                        <p><handShift new="#handwritten"/>Ich suchte eine Buchdruckerei.
                        <lb/>Kam in eine Gießerei mit zum
                        <lb/>Teil heißen Rohren
                        <lb/><figure><figDesc>Zeichnung mit einem Menschen und Rohren.</figDesc></figure>
                        <lb/>Mußte mich durchzwängen,
                        <lb/>verbrannte mich oft. Schon
                        <lb/>beim ersten kleinsten Stück
                        <lb/>Weges. Da wußte ich nicht,
                        <lb/>sollte ich umkehren?</p>
                        <p>Es wurde mir klar, daß ich da
                        <lb/>nicht durchkonnte.</p>
                        <p rend="align(center)">End-Traum</p>
                        <p rend="align(center)"><date when-iso="1950-12-30">30 12 50</date></p>
                        <p rend="align(center)">früh</p>
                    
                    
        <pb n="86" facs="Z148513403/00000086.jpg"/>  
                    
                    </div>
                </body>
            </floatingText>
        </div>
            
        <pb n="87" facs="Z148513403/00000087.jpg"/>
            
            <div>
                <anchor xml:id="Z148513403_c02a"/><floatingText corresp="#note_Z148513403_004">
                    <body>
                        <div>
                    <p><handShift new="#typewritten"/>Ich habe das Studium - freilich half die finanzielle
                    <lb/>Belastung da mit - freiwillig aufgegeben. <del rend="strikethrough">"</del>Mit
                    <lb/>"Ueberlegung", wenn man den sechs Semester langen Wurm
                    <lb/>noch irgendwie ähnlich nennen will. Nachträglich
                    <lb/>habe ich Ihren Vermerk in "<rs ref="#Felmayer-Tür_an_Tür_Gedichte_vierzehn_junger-1950" type="work" subtype="read">Tür an Tür</rs>" ge<subst><del rend="overwritten">s</del><add place="across">l</add></subst>esen:
                        <lb/>"<quote source="#Felmayer-Tür_an_Tür_Gedichte_vierzehn_junger-1950">Mit Grauen a<subst><del rend="overwritten">h</del><add place="across">b</add></subst>gewandt</quote>", und da schien mir, dass es
                    <lb/>von meinen Vorstellungen, die mich einmal zur Chemie
                    <lb/><del rend="strikethrough"><gap unit="chars" quantity="2" reason="illegible"/></del> getrieben hatten, ebensoweit zum <rs ref="#Universität_Institut" type="org" subtype="mentioned">Institut</rs> oder
                    <lb/>der späteren Rasierwasserforschung sei wie von
                    <lb/>Ihrem etwa <rs ref="#Eisenreich-Almanach-0000" type="work" subtype="referred">Almanach</rs> zum <rs ref="#Universität_Institut" type="org" subtype="mentioned">Germanistischen Seminar</rs>.
                    <lb/>Meine wie man es nannte "Forscherl<subst><del rend="overwritten">i</del><add place="across">u</add></subst>st" <del rend="strikethrough"><gap unit="chars" quantity="3" reason="illegible"/></del> hat das
                    <lb/><del rend="strikethrough">Materi</del> unbelebte Objekt aus dem <date from="1800" to="1900">19. Jahrhundert</date>, daran
                    <lb/>es sich versuchen wollte, für ungeeignet befunden und
                    <lb/>längst zu anderem Fragen hingefunden. Wenn Sie meine
                    <lb/><del rend="strikethrough">Epi</del> <rs ref="#Okopenko-Aphorismen-0000" type="work" subtype="written">Aphori<subst><del rend="overwritten">m</del><add place="across">s</add></subst>men</rs> etwa ansehen, werden Sie finden, was
                    <lb/>mich seit <subst><del rend="overwritten">v</del><add place="across">J</add></subst>ahren mehr beschäftigt als eine Hydroxyl-<lb break="no"/>bestimmung an <del rend="strikethrough">einer</del> der einer Tropenpflanze
                    <lb/>zudummheit entzogenen Verbindung.</p>  
                <p>Vielleicht bin ich momentan - eine Reaktion das -
                    <lb/>scharf, und später werde ich sicher milder urteilen.
                    <lb/>Schon jetzt sehe ich, dass mir alles, auch die
                    <lb/>Sackgasse zunutz war. Nichts ist sinnlos.</p>  
                <p>Aber ich glaube, ich bin in ein Tieferes gedrungen,
                    <lb/>nicht von zu Hohem abgesprungen. Ich verachte um
                    <lb/>Gotteswillen nicht <del rend="strikethrough">die</del> den <subst><del rend="overwritten">S</del><add place="across">A</add></subst>lltag, aber ich kann nicht
                    <lb/>die Wissenschaft, jenen <hi rend="wide-spaced">idealisierten</hi>
                    <lb/>Alltag, zur Weltanschauung haben.</p>
                            <note place="lower-right-corner" hand="#handwritten"><date when-iso="1950-12-24">24 12 50</date></note><anchor xml:id="Z148513403_c02e"/>
                         
        <pb n="88" facs="Z148513403/00000088.jpg"/>
            
            <note type="editorial">Rückseite des Notizzettels</note>
            
                        </div>
                    </body>
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