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+ Warum ich noch immer nicht tonfilme
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+ Von CHARLIE CHAPLIN
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+ Nun hat Charlie Chaplin nach zweijähriger Arbeit seinen Pilm „City Lights“ so weit beendet, daß zu Weihnachten schon die Uraufführung in
+ Amerika und bald darauf auch in England stattfinden wird. Dieser Pilm ist zwar bekanntlich von Gerduschen und Musik begleitet, die zum Teil von
+ Charlie Chaplin selbst komponiert wurde, aber Chaplin spielt stumm und hat sich auch bisher nicht entschlossen, selbst als Sprecher im Tonsiln
+ aufzutreten. Im folgenden begründet Charlie Chaplin neuerlich seine Abneigung gegen die eigene Mitwirkung am Tonflm.
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+ Man hat immer wieder die Frage an
+ mich gerichtet, warum ich in meinem
+ Film „City Lights“ durchaus nicht
+ sprechen wollte. Auf diese Frage ant
+ wortete ich gewöhnlich, daß ich dies so
+ lange nicht begründen werde, bis mi
+ jemand den Grund plausibel gemacht
+ hat, warum ich in diesem Film hätte
+ sprechen sollen. Ebenso könnte man
+ fragen, warum man denn so plötzlich
+ und mit einem Male alle stummen Filme
+ aus dem Kino vertrieben hat. Es gal
+ doch eine Menge von Leuten, die
+ stumme Filme genau so gerne hatten, wie
+ Sprechfilme. Hörte man auf sie? Nein
+ Als die Sprechfilme eingeführt wur¬
+ den, gaben eine Reihe von- mutigen
+ Leuten die Gründe dafür an, warun
+ Sprechfilme sowohl in technischer Hin
+ sicht wie auch in künstlerischer, nicht
+ völlig befriedigen können. Und icl
+ fühlte, daß mein Platz an der Seite
+ dieser Leugner der Vollkommenheit des
+ Tonfilms sei. Aber die meisten von
+ ihnen wurden mit der Zeit überzeug
+ vom Wert des Tonfilms, und ich blieb
+ mit meiner Gegnerschaft allein.
+ Mir war zumute, wie einem Jungen
+ auf dem Deck eines brennenden Schiffes
+ in dem Augenblick, da alle anderen das
+ Schiff schon verlassen hatten. Ich be
+ kenne, daß mich immerhin Zweifel zu
+ quälen begannen. Insbesondere konnte
+ ich mir selbst die Frage nicht beant
+ worten, was denn die Kinobesitzer mi
+ stummen Filmen anfangen werden
+ wenn einmal alle Kinos mit Tonfilm
+ apparaten ausgestattet sein würden. Je
+ mehr ich mich mit der Frage beschäf
+ tige, desto verwirrter wurde ich. Ich
+ hielt Rat mit mir, und immer mehr
+ schwanden Verwirrung und Zweifel, und
+ ich beschloß endgültig, im Film nich
+ zu sprechen. Und wie kam ich zu diesen
+ Entschluß? Indem ich meine Filme mit
+ all ihren Episoden noch einmal vor
+ meinem Geist Revue passieren ließ. Ich
+ versuchte, mir vorzustellen, wie die eine
+ oder andere Szene oder Situation wir¬
+ ken würde, wenn ich dazu gesprocher
+ hätte, und ich kam zu dem Schluß, daf
+ alle diese Szenen um ihre eigentliche
+ Wirkung gebracht worden wären. Mein
+ Instinkt, mein ganzes Wesen ist gegen
+ das Reden gerichtet, und je mehr ich
+ über meine vergangene Arbeit nach
+ dachte, desto fester wurde ich in meiner
+ Anschauung und in meinem Entschluß
+ Nur aus Neugierde mag mich viel
+ leicht der eine oder andere im Film
+ sprechen hören. Aber Millionen vor
+ Menschen, das weiß ich, wünschen keine
+ Änderung meiner Filme. Viele Briefe
+ sagen mir das und, sonderbarerweise, je
+ mehr Sprechfilme erscheinen, desto
+ zahlreicher werden die Forderungen an
+ mich, im Film stumm zu bleiben. Das
+ ist jedenfalls interessant
+ Dabei studiere ich selbstverständlich
+ das Wesen des Sprechfilms. Ich bin der
+ Meinung, daß auf diesem neuen Gebie
+ viel gute Arbeit geleistet worden ist
+ aber manches darunter ist doch sehr
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+ arg. Vieles wird im Sprechfilm gesagt
+ was besser unausgesprochen geblieben
+ wäre. Ich will keine Namen nennen, aber
+ mancher der Schauspieler, die im stum
+ men Film sehr stark wirkten, sind im
+ Sprechfilm farblos geworden. Man hört
+ Worte, und schrecklich banale noch
+ dozu. Einige von den Sprechfilmen wür¬
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+ den gute Propaganda gegen die Theorie
+ bilden, daß wir tatsächlich gegenüber
+ plappernden Affen einen Fortschritt zu
+ verzeichnen haben.
+ Ich möchte nicht ungalant erscheinen,
+ aber ich muß doch sagen, daß eine
+ große Anzahl hübscher, junger Film
+ schauspielerinnen im Film wohl sehr nett
+ aussehen, aber nicht anzuhören sind. Sie
+ können freilich nichts dafür, daß mar
+ sie zum Sprechen gezwungen hat. Jetzt
+ ist es so weit, daß man sie weder sehen
+ noch hören kann. Auch erstklassige
+ Künstler sind durch das Erscheinen des
+ Sprechfilms sehr beeinträchtigt worden
+ Ich fürchte, viele Schauspieler leiden arg
+ unter der Notwendigkeit, im Film zu
+ sprechen. Schauspieler, deren Arbeit vor
+ der Stummfilm-Kamera sehr gut war, die
+ aber jetzt unter der Mitleidslosigkeit
+ des Mikrophons zu leiden haben. Man
+ kennt diesen versteinerten Ausdruck, als
+ ob die Leute die Mundsperre hätten,
+ und sie halten ihre Köpfe wie in einem
+ Schraubstock, so wie in den frühesten
+ Zeiten der Photographie. Sie sind voll
+ kommen mikrophongebunden. Ich weiß
+ daß es viele Schauspieler gibt, die die
+ Schuld an der Tatsache, daß ihre
+ Stimme und ihr Tonfall unsympathisch
+ wirken, dem Mikrophon zuschieben, und
+ in vielen Fällen ist das wohl auch rich¬
+ tig, aber in den meisten Fällen erweist
+ sich die Stimme eben als unbrauchbar.
+ Die Pantomime ist, meiner Meinung
+ nach, die älteste Kunst. Wir haben ge¬
+ lernt, daß im Anfang das Wort war.
+ Aber die Erfahrung lehrte, daß die Men¬
+ schen einander besser durch Zeichen¬
+ sprache verstanden, bevor es Worte ge¬
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+ Der Dichter im Tonfilmatelier. Bernhard G. Shau überwacht im Tonfilmatelier der Britis
+ International Pictures in Elstree persönlich die Aufnahmen zu dem Tonfilm „How He Lied to Her Husband“
+ (Wie er ihren Mann belog), der, wie berichlet, nach Shaus gleichnamigem Bühnenstück unter der Regie von
+ Cecil Lewis hergesteltt wird
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