Tagebuch von Andreas Okopenko, 01.01.1951-30.11.1951 - Digitale Edition Okopenko Andreas TezarekLaura HerberthArno HebenstreitDesiree EnglerthHolger Digitalisierung TezarekLaura HebenstreitDesiree Transkription HerberthArno Formale Codierung HerberthArno Semantische Codierung HerberthArno EnglerthHolger Stellenkommentar HerberthArno Korrektur TezarekLaura EnglerthHolger HebenstreitDesiree Transkription Stenographie Österreichischer Verband für Stenografie und Textverarbeitung Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung FWF P 28344 Einzelprojekte InnerhoferRoland Version 2.0 Austrian National Library
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o:oko.tb-19510101-19511130
Vienna Austrian National Library Literary Archive 399/W152/1 AC14414154 Z148513609 Papier 412 Blatt Tagebuch in Form loser Einzelblätter Von Andreas Okopenko mit Schreibmaschine geschriebener Text. Von Andreas Okopenko mit der Hand geschriebener Text. Von Friedrich Polakovics mit der Hand geschriebener Text. Von Brigitte Falkinger mit Schreibmaschine geschriebener Text. Von Brigitte Falkinger mit der Hand geschriebener Text. Von W. Juritsch mit der Hand geschriebener Text. Von unbekannter Hand handschriftlich geschriebener Text. vorgedruckter Text. Von Andreas Okopenko in Stenografie geschriebener Text.
AOk T51

Tagebuch

1.1.-30.11.1951

Montag, 1. Jänner: -6°

Wegen Renners Tod spielte das Radio nur mehr bis 0 Uhr 30.

Danach auch rasch niedergelegt.

(Es hatte Brötchen und Malteser Wein gegeben)

Relativ zeitig aufgestanden.

9 Uhr Steinhofer Kirche, immer sehr unerhebend.

Ordnungen gemacht. Das Archiv 1950 eingemappt, das diesmal nur aus zwei Stücken bestand; in den alten gelesen.

Nachmittag kam ich auf den Gedan k en, ein Thema mit den Mitteln und in den Arten meiner literarischen Kollegen zu bearbeiten. Ich machte elf solcher Charakteristika.

Tante kam, übermüdet (Friers u. Erika waren bei ihr gewesen).

Mäßiges Radio gehört.

Ich hatte erstes und letztes Kapitel von "Lotte in Weimar" gelesen. Mehr wollte ich nicht davon.

Abends die Silvester-aufzeichnungen der vergangenen Jahre überlesen. Vieles hat sich entwickelt, einiges abgeändert, Stil, Wünsche und Weltauge hielten an.

Es sind bloß sekundäre Einflüsse Altmann und Eisenreich. Ich entdeckte übrigens Jirgalismen schon in meinem T Tagebuch 194 9 7 , da ich Jirgal noch nicht gekannt hatte.

Ich möchte ein Mädchen.

Dienstag, 2. Jänner, eigentlicher Montag:

Früh auf. T Tagebuch , WaM, Ko.

Wieder in die PHG. Keine NW.

Abends WaM-Artikel geschrieben. (Die Kultur, das Stehparterre und der Kragen).

Mittwoch, 3. Jänner:

PHG. Brief an WaM ab. Konsum.

Bis über die Mittagspause bei Mj gearbeitet.

Ich machte vom Schinkoabend keine umfangreichen Notizen. Die Notizen sind da eine halbe Erdkugel weiter.

Früh taute es; fast vorfrühlinghaft.

Donnerstag, 4. Jänner:

PHG.

Artmann abends noch aufgesucht. Sein Mädchen war bei ihm.

Freitag, 5. Jänner:

Renners feierliches Begräbnis. Dr. Machwitz verreist. Gelockerter Bürobetrieb. Nur die lange fällige Ordnung in den Akten.

Mittag viel Geplauder. Morgen wieder frei.

Früh Gedanken gegen den Krieg.

Abends Artmann aufgesucht. Musste lange warten.

Samstag, 6. Jänner, Feiertag:

Bei Weissenborn. "Keller" besprochen.

Sonntag, 7. Jänner:

Zu Polakovics.

Montag, 8 - . Jänner:

Abends erfuhr ich, dass ich meinen chemischen Arbeitsplatz zu räumen habe.

erh. 8 1 51

Sehr geehrter Herr Kollege!

Da ich dieses Semester noch unbedingt die restlichen 3 Wochen arbeiten muß, wie ß s mir Herr Doz. Pailer heute Ihren bisherigen Platz für diese Zeit an. Da Sie, wie ich hörte, z Z. z. Z. sowie so sowieso nicht Zeit haben im Chem. Inst. zu arbeiten, hoffe ich Sie nicht zu einem ungünstigen Zeitpunkt verdrängt zu haben.

Herr Doz. Pailer läßt Sie in diesen diesem Zusammenhang bitten, morgen Dienstag Vormittag einstweilen Ihren Platz übergeben zu wollen, damit ich noch dieses Semester mein Arbeitspensum erledigen kann. Ihnen im Voraus herzlich dankend

W Juritsch Zuritsch

Sollten sie morgen verhindert sein, rufen Sie bitte Herrn Dr Dr. Pilek an, wann Sie kommen können. Rückseite des Briefes

101 Okopenko

1 Hg-Röhren 1 Tropftrichter 1 Kühler 1 V-Kolben

5.10.50

AOkopenko
Rückgabezettel für Arbeitstisch im chemischen Institut
Chemikalienabrechnung des II. chemischen Universitätslaboratoriums in Wien; Kassaeingang über 26 Schilling 98 Groschen
Rückgabezettel für Arbeitstisch resp. Arbeitsgeräte im chemischen Institut
Laborausgaben WS 1950/51 40.-- Kaution 3.-- Schlüsselgebühr 7.15 1 l/2 m Glasrohr, l/2 m Schlauch, 1 Packg. qual. Filter 9 cm 8.-- 12 Fläschchen 1.-- 25 ccm absoluter Alkohol 1.-- loo g CaCl2 2.40 Glasstab 1 m -.75 6 Stöpsel -.40 2 Stöpsel -.50 2 Gummistöpsel -.90 1 Flasche NH3 -.20 Streitzig Chemikalien 2.-- 1 l/2 m Glasrohr 2.-- 5 Eprouvetten 1.-- 2 Chemikalien /je 1 g/ 5.-- Schaden: Muffe 10.-- Kühlerklemme 1.20 Gummistopfen 7.-- Becherglas 400 ccm 4.50 Krist. Schale 7 cm 60.-- Kühler 27.-- Chemikalienabrechnung 185.-- Zahlung 1.50 private Geräteverkäufe 7.70 Schaden-Rabatt 9.20 Abzug 175.80 Gesamtsumme.

liqu. 9 1 51

Chemikalien, offizielle Ausgabe: 10 g Phthalaldehyd 25 g Brombenzol 15 g Al.chlorid 2 Fla x s chen u. Stopfen 5 g Butylbromid 250 ccm Alkohol, denat. 3 Flaschen 40 g Dimethylsulfat 34 g Harnstoff 15 g Natr.nitrit 250 ccm Aether 20 g Kal.hydroxyd 3/4 Block Eis 5 g beta-Naphthol 3 Flaschen 1/4 l Methanol 40 g Oxalester 10 g Natrium 200 ccm Benzol 10 g Anilin 15 ccm Paraldehyd 5 ccm Essiganhydrid 2 Stopfen 250 ccm Alkohol, denat. /Zusammen 27.--/
/meist wurden grössere Mengen als bestellt ausgegeben und ver-rechnet/
Diens a t ag, 9. Jänner:

Das Büro nur verständigt und Postweg.

Uni: Platz übergeben, zweimal heimgefahren mit Chemikalien.

Nm. in die "Neuen Wege" gefahren.

Dort erschien Schewtschik. Schinko kam nicht. Im Mitteilungsblatt des "Kreises" mein "tädärä" abgedruckt.

Anschliessend Bürotage.

Notiz 11. Jänner:

Manchmal merkt man, wie wohl es tut, von gewissen Bindungen frei zu sein.

Dienstag, als Elfriede Sevcik mit Altmann und Weissenborn in den engeren Arbeitskreis kam, wagte keiner vom Keller, sie - die gewesene und eigentlich immer noch Geg e n erin - zu kritisieren. Zu den farblose re st en Gedichten schrieb jeder "ja". Altmann -

Grosser Streit im Büro. /Frl. Huber und Hr. Witzmann/. Ich bin hier, vielleicht ohnehin das einzige Mal im Leben, ein Neutraler.

Freitag 12. Jänner:

Eisenreich-Brief kam.

Samstag 13. Jänner:

Früh direkt frühlingshaft.

Tante kam mit vom Büro.

Kein erwartet. Er kam erst gegen 16 Uhr. Ich schrieb dem Eisenreich.

Bernklau.

Sonntag 14. Jänner:

In der Früh ist es immer etwas föhnig. Polakovics.

Schon zeitiger etwas heim. Tante kam nicht. Ich arbeitete am Eisenreich-Teilmanuskript. Schrieb meinen Brief rein. Der Tag war an dies verausgabt.

Radio ziemlich öd.

Montag 15. Jänner:

Wieder im Trott auf.

Dienstag 16. Jänner:

NW. Kein, Artmann - Wirtshaus. Mit Artmann bis 23 Uhr geplaudert. Sehr interessant.

Bis zum 6.2.: Fasching jetzt.

Samstag 20. Jänner:

Immer zwischen Frühlingsluft und leichtem Frost, besonders früh.

Samstag /Fortsetzg./

Anzug sowie Schuhe gekauft, nach langer Zeit. Ein Brief aus Russland kam, nach langer Zeit.

An einem gemütlichen Nachmittag schrieb ich die "Lose Trilogie", wieder eine Prosa, nach langer Zeit.

Kein kam /Eisenreich Mskr. 2/

Bernklau abends.

Sonntag 21. Jänner:

Zu Polakovics /Kein/ Besprechung über die Almanach-"Krise" und Einweihung Keins in die "Publikationen". Viel weiter gekommen, bald erscheint er. Besprechung.

Nm. Umschlaggestaltung für die "Publ." ausgearbeitet.

Eisenreich kritisiert und geschrieben.

Brief an Papa geschrieben.

Noch Publ.-Material zusammengestellt und von mir selbst Sachen ausgewählt. Einiges noch vorge s l esen. Sehr angenehm.

S Montag ntag 22. Jänner:

In der "Welt am Montag" überraschenderweise noch mein Artikel. Konsum, PHG. Offert für chemischen Betrieb aufgesetzt.

Zu Wendl; brauche nicht zu oft zu kommen.

Dienstag 23. Jänner:

Redaktion. Keine Mädchen. Nachher mit Kein über die "Publ." viel geredet, Setzplan, ArtClub-Pläne. "Planes" "Plans" Nachfolge.

Mittwoch 24. Oktober: Jänner:

Schnee fiel. Knapp unter Null.

Zeitiger Büroschluss.

Freitag 26. Oktober: Jänner:

Uni weitere Formalitäten erledigt. Weissenborn bei der Gelegenheit besucht. Altmann filmt. Pläne ...

Abends zu "Orpheus".

Samstag 27. Jänner:

Nachmittag schrieb ich an Eisenreich und Klinger. Abends Schnitzel.

Sonntag 28. Jänner:

Ziemlich kühl. Unter Null Grad. Zu Polakovics: Dritte n Teil Eisenreich-Almanachs beurteilt. Sonst weniger los. "Publikationen" nicht so rege in Arbeit wie in letzter Zeit.

Bei Artmann war dessen Mädchen.

Ich schreibe einen nicht schlechten Stil im Vergleich auch zu Schlorhaufers Prosa. Alte Sachen von mir auch durchgesehen bei Pol. Um 14 Uhr daheim. Ich machte noch Ordnungen, wenig, und schrieb ein Gedicht, aber es ging wieder im Radio-Unsinn unter. Abends noch geordnet.

Montag 29. Jänner:

Amt ws sw ege Hietz. Kai.

Dr. Machwitz im Büro: "Ich habe Offenbachs Orpheus in der Unterwelt gehört, und das war schön."

Abends Wendl. Fertig!

Zeitung.

Ernte

Januar 1951

Neue Explosionen auf dem amerikanischen Festland: Serienversuche mit Atomwaffen in USA Rückseite des Zeitungsausschnitts
General Eisenhower in Paris Europa 9.1.51 Rückseite des Zeitungsausschnitts
Kommunistische Demonstrationen in mehreren Städten Eisenhower verhandelt mit Degasperi 19 1 51 Rückseite des Zeitungsausschnitts
Lawinenopfer Rückseite des Zeitungsausschnitts
Dienstag 30. Jänner:

Zweiten Brief an Felmayer geschrieben, diesmal mit Rückporto.

Vorbesprechung zur Autorentagung. Entschluss: /da auch kaum wer kam/ es wird keine stattfinden. Ein Jugoslawe, Maja Norell, /neu/, Hauer, Fritsch, Wimmer, Lechleitner, Sevcik ..... kamen.

Matrizenplan, Druckplan weiter.

Mittwoch 31. Jänner:

Uni. Weiserbestätigung, Kaution von Pailer. Dort Abschied von Sonja.

Büro: Steger vergass auf Auszahlung , .

Plan ("publ.") 1 2 51 AOk
Mi 31 1 51

Matrize v. d. Red. geholt.

Preis erkundet.

Probebeschriftet 1/2.

senkrecht nach unten auf eine waagrechte Linie zeigender Pfeil
Do 1 2 51

1/2 ✓.

Fr 2 2 51

14 Matr. gek. ; Probematrize D d . Red. übergeben. ✓

erledigt gleich an Ort u. Stelle Mit od. ohne unser Zusehen abgezogen? Wann? erledigt gleich an Ort u. Stelle Spätestens Mi 7 2! erledigt gleich an Ort u. Stelle Jedenfalls die Abzüge wollen wir sehen, die Fehler einzeln wissen.

In diesen Tagen kommen auch die 500 Blatt

Auslassungszeichen
Rest Vvf.-Pap. Zahlen! In die Red. tragen!

So 4 2 51 m. Pol?

Vorrede! Zus.stellg. 3 2 51 erl. (zieml. sicher schon auf " engzeilig" einrichten).

Ab Mi 7 2 51

Matr. schreiben!Sa 10 2 51

bis Di 1 3 2 51

Restliche 30-40 S einzuzahlen? Matr. kaufen.

Mi 14

1. Abzug

bis Mi 21

2. Matrizenparti Matrizenpartie schreiben! Naturpap. + weiße Streifen kaufen, schreiben

Mi 21

2. Abzug. Dann Fertigstellung, Versand.

1 2 51 ab. Plan:

Dem Klinger das m'f VVf. Pap. anhängen; dafür h'f kaufen, wenn genug billig durch Mang.

Amon Grete nur noch für T Tagebuch
5 2 51

um Korr.-Lack Pol geschrieben, Pol aber hat keinen.

Ich schrieb, ohne Lack zu brauchen. S. 6-9 matriziert

6 2 51

Noch 500 Bl. Vvf. Pap. bestellt

Von Kein gingen S 5.- ein. S. 2-5 matriziert.

7 2 51

Noch 10 Matr. gekauft (21,50!) S. 6 10-18 matriziert.

Geplant war, bis Sa 10 2 fertigzuwerden m. d. Matrizen und Mi 14 2 die 1. Partie abzuziehen.

8 2 51

Nur das Vorwort geschrieben

9 2 51

matriziert (S. 1)

Klinger-Plan u. h'f Pap. wieder fallen gelassen.

12 2 51

4 S. 19-22 matriziert.

Ab. endgü. Vorwort verfaßt

13 2 51

Vorwort fertig u. M m atriziert (S. 1 endgü.) Diese Arbeit fertig.

14 2 51

Matr. + 1. Hälfte Papier NW abgegeben. Am selben Tag noch v. Hn. Kern ab-gezogen. Wird die Arbeit noch Februar fertig werden?

2
15 2 51

erfuhr, daß 11 Matrizen bereits 14 2 51 abgezogen. Sehr gut ausgefallen.

16 2 51

Restpapier i. d. Red. getragen. Bis 20 2 51 fertig!

Leykam-Hartpost vom Büro umsonst gekommen.

Di 20 2 51

voraussichtlich alle Abzieharbeit fertig.

Den Rest der Woche die Zeitungzusammenlegen.

Naturpapier kaufen, Streifen schneiden, , beschriften.

20 2 51

1 l Rum (12.-) f. Hn. Kern gekauft, ihm übergeben.

ab. 14.- Honorar u. 10.- von Kein gingen ein.

25 2 51

Ke + Pol.

Zeitg. zus.gelegt

3 2 3 51

Zeitg. geheftet, beklebt (begonnen).

Donnerstag 1. Feber:

600.- G e h alt bekommen.

Freitag 2. Feber:

2. Amtsweg. In der Mittagspause Rum gekauft im Rus s engeschäft.

Sonntag 4. Feber:

Nachmittag zu Pol.

Noch kein Vorwort für die "publ."

Klingers "Von Mensch zu Mensch" kam bei Polakovics an. Diese Zeitung ist trotz Keins und Weissenborns Beiträgen am Hund , .

Ich sekierte Pol, den Ordner auszumisten.

Wir begannen oben bei Frau Maria tatsächlich mit der Arbeit. Auch Diskussion über den "Orpheus"-Film und über meine Gedichte wieder.

Aviso 6 2

"NW": Donnerstag kommt Eisenreich.

Mittwoch 7. Feber:

Wege Nationalbank, Institut /Semester bestätigt/, Uni. "Dichtung von heute", Band: Frankreich, nicht bekommen. Matrizen gekauft.

Nm. bürofrei. Ich blieb indes dort und schrieb Matrizen.

Das Wetter ist ganz in der Stimmung Maja Norells. "Man müsste mehr als malen können, malen ..."

Donnerstag 8. Feber:

Nur das Vorwort geschrieben.

18,30 Eisenreich in die Redaktion.

Auch Strobach, Ebner /die ich hier kennen-lernte/, Vera Ferra /ebenso/, ebens i o : Kräftner, Mayröcker, Georg Schreiber; Fritsch, Ke, Ok, Pol, Altmann. Grosse Almanach-Besprechung. Streit um Altmann.

Samstag 10. Feber:

Ich blieb Nachmittag nicht im Büro Matrizen schreiben sondern fuhr gleich heim. Kein brachte mir das Eisenreich-Teilmanuskript. Ich suchte aus meinen Mappen Neues zum Einreichen heraus.

Sehr vorfrühlinghaft. "Der Breitensee Dreiviertel Glocken Schlag / Am Frühlings-abend musst du nichts als reden ..."

Lesung Klubsaal in der Urania /Alt a m ann, Artmann, Weissenborn/

Abend 10 2 51, Lesung Al, Ar, We i. d. Urania

Abends schon sehr vorfrühlingshaft.

Die Durchdrungenheit der Strassen, überall die Glocken von Breitensee.

Stadtbahnfahrt die ungewohnte Strecke bis Schwedenplatz. Beinah nachts und die beleuchtete Urania.

Altmann hat am Tag seines Debüts hier seine Mitarbeit am "Almanach" zurückgelegt.

Den Applaus für die Gelesenen heute habe ich inszeniert. Er kam später von Herzen.

Nach der Lesung mit Weissenborn, Hauer und noch drei Mädchen zur Stadtbahn. Bohemiens, so sieht es aus, in zwangloser Ausgelassenheit alle. Mir te et was fremd, aber einmal etwas sympathisches Fremdes.

Als Mädchen freilich betrachtet, nichts. Mit einer fuhr ich noch im Zehner. Sie ist Mittelschülerin und rechnet uns als die zuku n ftträchtigen und schon jetzt Dichter. Wie wenig übermenschlich wir aber in Wirklichkeit sind.

(Zwei Wochen später wurde Weissenborn wahnsinnig).

Ich wollte heute mehrmals etwas schreiben.

Daheim war es dann zu spät.

Sonntag 11. Feber:

/Auch schon vorher/ vorfrühlinghaftes Wetter.

Dreizehn Uhr kamen Polakovics, Eisenreich, Kein zu mir. Sehr lebhafte Besprechung über den Almanach. Altmann wurde nun ausgeschlossen.

Dienstag 13. F eber:

18 Uhr College Kolingasse. Hansen-Loeve kennengelernt. Sehr akademisch das ganze. Schwärmerei von einem Gottfri d e d Benn.

Altmanns Einfluss auf Hauer wurde nachher von Kein, Polakovics diskutiert.

Wenig ergiebiger Dienstag.

Mittwoch l4. Feber:

Für Steger in die Zentralsparkasse, erstes Papier und die Matrizen in den NW abgegeben. Pol. mit meinem Vorwort sehr zufrieden.

Jetzt ist wieder Arbeitsruhe mit "publ.", Klinger und Eisenreich.

Freitag 16. Feber:

Die letzten Tage wieder etwas kühler.

Restliches Papier in die NW getragen.

Abends fiel etwas Schnee. /Mittags Schnee-regen./ Immer aber vorfrühlinghaft schon.

Samstag 17. Feber:

Gegen Mittag plus 6 Grad!

Nm. Ordnungen in Z und alten Mappen.

Sonntag l8. Feber:

Polakovics besucht. Er ist infolge der Kürzung seines Lehrergehalts in der ödesten Laune.

Montag 19. Feber:

"Semesterbeginn"

Plante, den Brief über den "Arbeitskreis zum Sammeln schlechter Erfahrungen" endgültig an H. Weigel abzusenden.

Briggi getroffen.

Ich stelle mir jetzt immer so viel Liebes vor mit Maja.

Es liegt schon sehr der Vorfrühling in der Luft.

Meine Arbeit im Literarischen nimmt mich ganz in Anspruch, ans Büro verliere ich außerhalb der Dienstzeit keinen Gedanken. So bin ich freier als auf der Uni.

Freilich, die freigenommenen Nachmittage damals ... Ich fuhr dann zu Artmann und di s sk utierte begeistert; (meine Vergangenheit reicht kaum länger zurück als ein Jahr) ich kam mir damals wie der extremste Surrealist vor (auch heute denke ich sehr extrem zu sein, und unter den hiesigen Surrealisten der Beste - aber mit Artmann, Altmann, auch Weißenborn verbindet mich gegenwärtig kaum etwas; und reiner Surrealist bin ich literarisch wohl auf keinen Fall. Im Leben aber, im Leben.)

In den nächsten Tagen werden meine "publikationen" fertigge ts st ellt. Polakovics, Fritsch, Kein unterstützten mich dabei in ihrer Weise. Aber wo ist die Begeisterung der "Linken" aus den "Keller"-Zeiten geblieben? Ich bin neu h g ierig, ob sie nun begeistert - oder ganz bös sein werden. Dennoch möchte ich versuchen, aus ihnen wieder Revolutionäre zu machen.

19 2 51 AOk
Di 20 Feb:

André Gide gestorben.

Rum für Herrn Kern gekauft, abends ihm übergeben. Zeitung ist fertig abgezogen.

NW: ungute Atmosphäre:

Trinx, Braun da, Altmann Streit. Ausser Maja und mir wenig Vernünftige. Abends müde. Zeitung heimgetragen.

Mi 21 Fb:

Vor der Lesung bei Weissenborn. Altmann war dort. Sie zählen mich noch immer zu den ihren. Dann in die Burg gegangen.

19 Uhr erste Autorenlesung zu zweit: Kein u. Vera Ferra. Mist. Schlecht organisiert. Gelächter der Angehörigen unserer Musiker. Abends sehr müde.

Do 22 Feb:

Früh: nichts h u i nter mir.

Die letzten Tage wieder recht kalt in der Früh. Nur im Licht liegt der Vorfrühling schon.

PHG. Postweg.

Bauer tat einen guten Ausspruch. Er sagte über die Huber: "Der Huberin wird erst leichter, wenn sie an der Sauglocke läuten kann."

Fr 23 Feb:

Unangenehmer Tag in der PHG. Friers Rudi die Arbeit bei der Wiener Messe abgesagt.

S a 24 Feb:

Freier Nachmittag. Mit Tante herausgefahren.

Die Zeitschrift gesichtet.

So 25 Feb:

Ordnungen,

14 Uhr mit Kein u. Polakovics an der Zeitung gearbeitet.

Sehr heiser und Hexenschuss. Gemütlicher Nachmittag, in einer Woche wird die Zeitschrift fertiggebracht.

Mo 26 Feb:

Papier-Inskription an der Uni. PHG.

Weigel trug mir Hilfe bei der Bewerbung um die Staatsbürgerschaft an.

Di 27 Feb:

Am Dienstag, 27 2 51, gab es wieder Streit bei der NW-Zusammenkunft. Weißenborn führte uns einen weiteren Kauz zu, namens Perfahl, aber die Leute, die in , l etzter Zeit so dazukommen, bringen absolut keine "Blutauffrischung" zu-stande; im Gegenteil.

Als die Mehrza lh hl gegangen war, unter ihnen Elfriede Hauer, die meine "Lose Trilogie" erst auf Altmannsch w e usw. Einflüsse schieben wollte und dann mit drei Rufzeichen hysterisch unterstützte, blieben wir (Maja Norell, Polakovics, Kein und ich) in der Redaktion zurück. Wir diskutierten erst die Hauerschen, dann die Einsendungen der Norell

und stritten dann ziemlich leidenschaftlich um die Rolle des /wie ich es nenne/ Minderbewussten. Ich setzte mich an die Maschine und schrieb einen Wortsalat, der einige schöne Stellen aufwies. Kein und auch Norell bestritten die künstlerische Wirksamkeit des nur Assoziativen. Ich ärgerte mich, weil ich Norell nach ihrem Jasmin-Gedicht für eine der Unseren gehalten hatte.

Das Naturpapier für die "publikationen" kostete mich S 30.--, Farbe und Leim 4.-- Die Pakete vergass ich dummerweise in der Redaktion.

Eine Woche später überreichte mir Norell eine Arbeit über die Rolle des Minderbewussten und sah nicht mehr ein, warum wir uns streiten mußten.

Briefpapier der Österreichischen Papier- und Zelluloseexportgesellschaft
Sa 3, So 4 März:

Mit Pol, Sonntag auch Ke und We, die "publikationen" fertigge-stellt.

Es schneite. Schöne Tage.

Mo 5 März:

begann der Versand der "publikationen".

Di 6 März:

In den "Neuen Wegen" spär-liche Ueberraschung mit den "publ.", Altmann gar nicht verärgert. Schmied öde, mit Kein heim.

Bekam Karte für die Polakovics-Lampersberger-Lesung.

Do 8 März:

Vm. Quästur.

Das "f" in der rechten Marginalie stammt vom Wort Staatsbürgerschaft auf S. 69

17,30-45 Lesung Polakovics in RWR.

Sa 10 März:

Von Klinger kam ein Brief. Mama krank.

Briggi hatte angekündigt, sie werde mich besuchen, aber sie kam einfach nicht. Ich wartete nach-mittags und tat sonst nichts. Ausgeruht einmal. In Gedichten gelesen.

So 11 März:

Zu Pol. Fürs Aprilheft zusammengestellt. Briggi gearbeitet. Nm. kam Pol zu mir, Briggi kam. NW-Aprilheft zusammengestellt. Briggi zeigte sich von den "publikationen" begeistert und bot uns an, Geld dafür zur Verfügung zu stellen /sie arbeitet gut bezahlt bei den Amerikanern als Uebersetzerin/; wir nahmen freilich nicht an.

Mo 12 März:

Tante hat zwei Tage Urlaub vom Büro.

Abends in die Adamsgasse. Zahnbehandlung ist, besser als erwartet, abgeschlossen worden.

Das Wetter ist sehr schön, wenn auch noch gänzlich dem Frühling verschlossen.

Di 13 März:

Gegen Nachmittag kam der Frühling. In den "NW" interessanter. Mein "Früher Nachmittag im April" wurde abgelehnt, da man in der letzten Strophe "die Mädchen so von dreizehn an ..." für als Strichmädchen auffasste.

Unlängst soll ich im Radio gelesen worden sein.

Mi 14 März:

Früh plus 6°, plus 8°.

Abends die Pol.-Lesung : . . : Salon-Abend. Deprimierend fad.

Während dieser Tage läuft Antwortpost auf die "publikationen" ein.

Am 28 2 51 kurze Flucht aus dem Büro.

/Ein Lohnspitzel war da/. Ich wollte zu Weis d s enborn fahren den Vormittag, wurde aber schon bei der Haltestelle zurückgewunken.

Ich arbeitete also den Tag normal.

Tantes Gesundheitszustand macht ernste Sorgen. Blutdruck 250. Dabei ihre grossen Aufregungen im Büro.

Formular der Österreichischen Nationalbank, Prüfungstelle für den Zahlungsverkehr mit dem Ausland Rückseite des Dokuments
/Abschrift./ Wien 5 3 51

Liebe Briggi,

nimm bitte hier unsere "publikationen" /Nr. 1/, vielleicht dass sie dich interessieren /Du hast ja bei den "Neuen Wegen" selbst ge-schrieben; leider nun nichtmehr nicht mehr ./

Briggi, bist Du so spät geworden /manchmal kommst Du mir früh vor/ -

-

Mit den besten Grüssen, und dass man von Dir irgendmal höre

wie früher

Andreas Ok.

14 3 51:
Eingehüllt sein in zwei Worte hinter der Zeit /ich war so viel in der Zeit/ Vielleicht ist das mehr als erfüllt sein. Aber die Worte sind weit.

Das mit Maja Norell zerfällt vor den Augen.

Das Wetter war die ganze Zeit so reaktionär. Erst gar nicht hässlich, sondern sogar blau, aber derart unfruchtbar und aller Entwicklung abgesinnt. Dann Novemberwetter und endlich Schnee, nasser Dezember /Ende Februar Anfang März/

Nun wurde es wärmer, einige Tage wie Frühling, aber die Luft ist oft wieder so kalt. Die Jahreszeit müsste sich so ändern, das hat die ganze Stadt, die so kalt heuer ist, nötig.

Maja Norell, mit ihr machte ich mehrere Runden ums Konzerthaus gestern, aber sie ist doch - so betrachtet - fremd.

Früh am Aufbruch.

Ob etwas ganz Neues beginnt ob sich etwas weiterentwickelt endlich.

Gestern schrieb mir Weigel, dass es Hertha Kräftner schlecht geht. Ich soll ihr etwas Nettes schreiben. Sie schaut immer hart drein, aber sie hat ein trauriges Gemüt.

Bei anderen Leuten fühlt man sich wieder geborgen.

Ich habe momentan zwei Quellen der Beeindruckung, im Literarischen:

Norell /vielleicht Seltenes von Rilke Weinheber (Hofmannsthal muss ich endlich lesen!)/ und Eisenreich /Jirgal. Fritsch vielleicht/.

Wenn ich das aber so konkret hinschreibe, sehe ich wieder sofort, dass ich nur bei mir fortsetzen kann.

15 3 51 vormittags notiert AOk.
Do 15 März abends:

Sehr angenehme Stimmung. Erica Jené schrieb mir. Eine wirklich liebe Frau.

Fr 16 März:

Staatsbürgerschafts-Wisch.

Nm. Weigel und der RAVAG geschrieben.

Sa 17 März:

Frühling herangekommen. Eine schöne liebe Jahreszeit, meine Jahreszeit.

Am angenehmen Nachmittag für Kapfenberg Gedichte ausgesucht.

Das erste Mal F e nster offengelassen.

So 18 März:

Früh ein beschreibendes und ein Assoziationsgedicht. Schöner Frühlingsmorgen.

Zu Pol. gefahren /Artmann ist in Italien/. Lyrikeinlauf und Vor-bereitung für unseren Preisvor-schlag in Lyrik und Prosa.

15 Grad in der Sonne mittags.

Viele Briefe geschrieben.

Abends in den Surr. Publ. gelesen. Ganz angenehmer Abschluss.

Mo 19 März:

Früh schon schön warm.

Artmann kam. Er brachte Italien-Gedichte mit. Ich zeigte ihm letzte Sachen v i o n mir. Meine Gedichte sind nun ein neuer Schritt.

Abends noch recht kühl, aber schön.

Ich dichtete "Lotte nach Weimar".

Dien stag g 20 3 51

abends Auseinandersetzung Pol mit Alt in der Redaktion.

Hauer kam wieder einmal.

Der Nachhauseweg ist immer sehr anregend. J. Ebner erzählte, Weigel sei sehr be-geistert gewesen von den publ.

Mittwoch 21 3 51

Frühlingsanfang mit Kälte, -1° früh, 10 Uhr beginnt Schneetreiben.

Donnerstag 22 3 51:

bewegter Tag im Büro, Sprengung des Hauses vis a ` vis. Staub.

Abends erhielt ich den grundsätzlichen Brief von Eisenreich.

Ich fühle mich Altmann trotz seinen gegenwärtigen Fehlern viel näher als Eisenreich.

Freitag 23 3 51

regnerischer Karfreitag

Einfall Ostermontag 26 3 51 "Ich, aufgelöst im Frühling, selten beschwörend"

AOk.

Karfreitag 23 3 51

schwankend zwischen Frühling und Kälte. Letzter Bürotag.

Gegen Abend: Briggi, Spaziergang um die Steinhofer Mauer. Wir verstehen uns schon viel besser als früher.

Sehr anregend gesprochen.

Abends danach: Korea-Gedicht 1.

Karsamstag 24 3 51:

freier Tag.

Konsum und klei e n ere Arbeiten.

Korea-Gedicht 2 und 3 g r e schrieben.

Brief Friedl /wie Eisenreich/ kam.

Ich machte nachmittags Ordnungen, vor allem in den Fragmenten.

Ostersonntag 25 3 51:

Abends Bücherordnung.

Ostermontag 26 3 51:

Garnicht Gar nicht frü g h linghafte Ostern, kein Vergleich mit Feber, März vorigen Jahres.

Zu Polakovics. Er ist mit MN soviel wie verlobt.

Nachmittag Bücher verpackt. Vergeblich zu dichten versucht. Blödes Radio.

Dienstag 27 3 51:

In der WaM nimmt Weigel Stellung gegen die Hundsgruppe. Früh Null Grad. Keine Zusammenkunft abends.

Donnerstag 29 3 51:

Um die Staatsbürgerschaft eingereicht. Erste Post wieder: Jirgal, Kräftner.

Freitag 30 März:

Immer noch so trübes kaltes Wetter, noch kein Frühling dieses Jahr. Wie schön war es schon im vorigen F ebruar.

Das "n" in der rechten Marginalie stammt vom Wort geschrieben auf S. 87
Sonntag 1 April:

Polakovics. Artmann kam von Italien zurück. Weissenborn ist wahnsinnig.

Zusammenarbeit Pol-Ok-Art.

Gemütlicher Sonntag.

Montag 2 April:

Neue Kost: Warmes Mittagessen im Büro.

Schöneres Wetter, das nun den Frühling mit sich bringen wird.

Dienstag 3 A l p ril:

Früh wieder kühl.

Mittwoch 4 April:

In unruhigem Wetter Auto-fahrt zu Bernhard Altmann.

Donnerstag 5 April:

Immer wieder kalt.

Nachmitttag, solange Sonne, etwas wärmer.

Samstag 7 April:

Forsythien bl p ü hen schon.

Schön, aber noch nicht richtig durchgewärmt. Nm.: 17 Grad in der Sonne. Wieder einmal, so selten, ein frühlinghafter Tag. Dann f g ing allerdings böser Wind.

Erst NW, dann Schlichtung des Streites Alt-Pol-Ok-Eis in Gegenwart Weigels /Café/, mit Weigel und Eisenreich Gasthaus /Gulasch/, Ilse Perl kam dann, höchst anregender Abend. Bis 24 Uhr.

Die schätzen mich recht hoch.

Ich bekam zu lesen Eisenreichs "Felix Aique"; "Exercises 1951”, deren Mittelstrophen zum Erregendsten gehören.

"Wellen unter dem Meer. Mehr Meermädchen denn je zuvor. Scheel und abstrakt, weil sehr gebleicht. Im Brunnen treibt Chlor."
3 4 51
Notiz 4 4 51 neun Uhr:
Alles schäumt im Trichter des Vergehens. Bleib mir, Innigkeit mindestens.

AOk.

So, 8 April:

Regenwetter. Wieder kalt.

Zu Pol. Dort Kein, Artmann /der von Altmann nichts mehr wissen will!/, dann M. Norell.

Abstimmung. Schmied und Trenks werden in Hinkunft nicht mehr jeden Dienstag erscheinen.

Neues Lektorat begann seine Tätigkeit.

Recht angenehm.

Tief verregnet und unfreundlich kalt.

Meine neuen Gedichte sind wahrscheinlich ein Uebergang. Unter der öden Jahreszeit, wo mein Frühling sein sollte, leide ich sehr.

Kein Mädchen jetzt überhaupt.

Mo, 9 April:

Kalt, trüb.

Früh dann noch etwas Zeit.

PHG. Verkühlt. Ueber die indische Rechenkünstlerin in der WaM gelesen. √. V

Di, 10 April:

Büro, krank.

In der Rotweissrot-Zeitschriftenschau wurden die publ. genannt, das Gedicht von V. Ferra daraus gelesen.

NW. Der Arbeitskreis wird nun besser funktionieren. Sieben wurden gewählt.

M. Norell "Famagusta"

Langer Eisenreich-Spaziergang nachher, Wirtshaus Joachimsthalerplatz; dann vor Steinhof. Immer noch keine Einigkeit zwischen uns. Ueber Eros viel gesprochen.

Mi, 11 April:

Mehr krank.

Nach dem Büro: Sehr gemütlich abends. Mädchen gewünscht.

Wieder viel klarer gesehen. Solidarität mit 1946.

Do, 12 April:

früh nur plus zwei Grad.

Etwas besser gefühlt, gehustet.

McArthur abgesetzt.

Das leichte Wurzelziehen aus Qua r d raten ganzer Zahlen theoretisch gelöst.

13 4 51

Noch kein Frühling.

Abend immer die Gedanken.

Eisenreich : . Wie weit

Fr, 13 April:

Früh nur plus zwei Grad.

Noch keine schönen Frühlingstage.

Büro.

Sa, 14 April:

Tags etwas wärmer, aber nicht sehr, und abends wieder hässlicheres Wetter.

Nach dem Büro: Tante kam mit.

Ein Brief von der Diem kam, als einziger in der Woche. Auf Grund meiner unerfüllten Stimmung gelang kein Gedicht. Ich machte nur kleine Ordnungen und spannte aus.

So, 15 April:

Eintrübung. Kalt.

Zu Pol. gefahren. M. Norell ist aus dem Arbeitskreis eliminiert. Deshalb auch trat Pol. von der Stimme zurück. Die beiden haben mir so viel gegeben.

Lyriklektorat ausgeübt. Gutes Gedicht von Fritsch, Schmock von der Hauer.

Furche-Kritik "Wir trieben Schmock".

Meine gegenwärtige Art zu schreiben /Lotte .../ sei mein Eisenreich-Komplex, aber nicht Ok.

Ich bekam 30.-- für den Essay "Fall ins Wort" /Sonderfall/. Zog die Infinita Vera und das "Sommerlied" aus den NW zurück.

Geschrieben habe ich dieses Wochenende nichts. Abends Wein. Gedichte aus vorigem Frühjahr.

Mo, 16 April:

Wie jedes Wochenende verregnet ist, so ist jeder Wochenanfang schön. Freilich noch kalt. P lus 1 Grad. WaM: Lob auf die jungen Komponisten und Lob aus Stockholm auf die NW.

Dr. Lindner kam wieder nach Wien.

Nicht mehr krank, aber müde.

Brief von Hilde Schinko kam!

Di, 17 April:

Amtsweg. Steger in Salzburg. Letzter Tag ohne Huber. /Sie war 2 1/2 Wochen auf Urlaub. Alles fühlte sich wohler./

Freundliches Wetter nachmittags, sogar warm.

Alles blüht schon; wenn es nur schöne Tage gäbe.

NW. Kurzer Streit mit Polakovics über ein Fritsch-Gedicht. Ebner, Altmann. Fade Besprechung.

Strobach, Fritsch kamen. Interessanter. MN nicht mehr freilich. Langes Gespräch über die publ. nachher, mit Altmann. Viel besseres Verhältnis nun.

Wieder Eingänge für die publ.

Mi, 18 April:

Ich habe nur mehr 5 publ. nr. l zu vergeben.

Huber kam in die PHG.

Do, 19 April:

Büro.

Fr, 20 April:

Steger fährt nächste Woche nach London.

Tante bekommt Urlaub vom 20. Mai an 3 Wochen. Uebernächste Woche mehrere freie Tage.

19,00 Lesung Altmann u. Ebner. Gut organisiert, 40 Anwesende, wenig Bleibendes, Diskussion gefährlich /Ein Kommunist über die Volkstümlichkeit der Kunst./ Deprimiert, mit M Norell und Polnoch gegangen.

Spät heim.

Sa, 21 April:

Frühlingshaft. Alles blüht schon, weiss und rosa in Grün.

Photograph erstmals nach 7 Jahren.

Gute Sonne. Ausgeruht, angenehm.

Sonntag 22. April:

Strahlend blau, aber kalter Wind. Vier Grad nur. Von Pol wurde ich über Rückfragen wegen meiner Staatsbürgerschaft informiert.

Auf mein hartnäckiges Drängen wurde der alte /NW/ Ordner-Inhalt für die neue Beurteilung durch den Arbeitskreis hergerichtet. Neue Stimmzettel, viel wird ausfallen, ich gab meine Stimme schon ab.

Ueber die jetzige Unfruchtbarkeit vieler gesprochen. Maja Norell ist sehr wertvoll.

Nachm. T Tagebuch 50 nachgeschri r e ben wi r e der. Viel gesprochen. Ueber die Lyrik in meiner Sicht. Ein Licht ging mir auf, wie ich Artikel darüber zu schreiben hätte. Einiges notiert. Angenehmer Abend.

Montag 23. April:

Montagzeitung: Eisenreich wurde von Weigel erwähnt; neue Jugenddiskussion übers Schminken.

Kon u s um. PHG: Viel Arbeit.

Umschwung, vielleicht auch jahreszeitlich bedingt: es geht wieder weiter.

Abends "Vom Wesen und Unwesen" geschrieben.

Eine Lesung im "College" über Gottfried Benn, einen deutschen Dichter, von Hansen-Loeve sehr gelobt, entfiel.

Dienstag 24. April:

Ich werde vorläufig nicht fest angestellt, bekomme aber nunmehr einen Gehalt von D S 700.--. Viel Arbeit im Büro, in der Mittagspause Artikel rein-geschrieben. Warmer Tag.

NW. Artikel wahrscheinlich angenommen noch fürs Maiheft. Nur wenige da: Al, Wie, Pol, Ke ,Eb, Wei.

Pol und Ke pflanzten mich wegen le g t zten Dienstags mit Altmann. Sie kennen noch nicht meine Stellung-nahme.

Mittwoch, 25. Ma Ap ril:

Früh diesmal schon sieben Grad. Bald auf zehn gestiegen. Sonne.

Konsum, PHG.

20 Uhr Altmann-Hauer-Weissenborn-Lesung im "Kreis". Ueber zwanzig Anwesende. Paula Mindl grosse Tragödin; unerträglich.

Lesart, Neutralität der Stimmen, des Publikums und leider des Gebotenen.

"Träumende Glocken", "Mit weichen Quellen gepflastert" /.../ "Türme springen in die Nacht", "Hinter den Toren deiner Schläfen",

worte, worte ...

Lebhaft gestritten. Ich sprach vom Verrat am S j u rrealismus. Altmannleute verhielten sich leider sehr undiszipliniert und unterlegen.

Mit Mindl und den andern noch ins Gasthaus Fröhlich viel gesprochen; mit Weigel auch zusammengekommen. Er hat meine D S achen in Eisenreichs Almanach noch-mals gelesen, wie er sagt, und findet sie "hervor-ragend". Mit Mindl-Wiesflecker noch durch die Stadt bis zum Lerchenfeldergürtel, sehr lebhaft. Wir ver-abschiedeten uns, ich ging allein nach Steinhof, um viertel zwei. Herrliche Baumblüte, erste Frühling-tage jetzt. Warme Nacht ..

Donnerstag, 26. April ä :

Das Wetter in der Frühe schon. Sonne, ich wünsche mir einen Ausflug. Ich habe mich sehr von dem "Surrealismus" unseres Arbeitskreises distanziert, eine ganz neue Zeit hat angefangen. Ich möchte mehr unternehmen als zuvor.

weiters Donnerstag 26. April:

Die Zeit ist uns für das Neue erst reifgeworden. Vor Monaten wäre alles das unmöglich gewesen. Aber der Zerfall des "Kellers", die Alt.-Art.-Dissonanz, der E k i senreich-Einbruch, der Ausverkauf an Lesungen haben das sehr ermöglicht.

Gestern abends waren meine Photos eingelangt.

Pol. teilt mir nachmittags telephonisch mit, dass meine Artikel schon in Druck ist. Auch die Epigramme aber kommen in die Mainummer. "Vom Wesen und Unwesen" sei eine meiner besten Arbeiten; er sei, was deren Stellungnahme anlangt, nicht aus dem Staunen herausgekommen.

Im Büro wurden die 700.- schon ausgezahlt.

Es wurde ein sehr anregender Abend. Gedicht-Idee nachmittags.

Ueber Mindl, die Lesung, die Neuerung - und das in meinen Arbeiten nie wirklich ausgedrückte Anliegen 1946 viel g n ac hg edacht. Ein Frühlingsabend war.

Freitag 27. April:

Sehr angenehmer Tag, abends auch gute Stimmung zu Haus d e . Bald kommen die Pobisch-Möbel.

Samstag 28. April:

Im Büro schlechte Nachrichten von Tante. Paul hat sich fast bewusstlos getrunken.

Schinko-Brief. Ordnungen. Nachmittags 28 Grad u i n der Sonne. Begann den Antwortbrief an Hilde zu schreiben. Nichts gedichtet. Sehr blätterig schon.

Sonntag 29. April:

Früh Hilde Schinko weitergeschrieben.

Sehr blätterige Jahreszeit. Abgekühlt.

Vormittags teils Schönwetter.

Zu Polakovics. Dort Maiheft-Arbeiten, Neueinlauf zum Rücksenden aussortiert.

"publ. nr. 2" besprochen.

Daheim: Tante und Paul kamen, vi r e l r e Ordnungen. Das grosse Bild fortgegeben.

In alten Aufzeichnungen gelesen.

Fertiggeschrieben der Hilde.

Rum bis zum Liderreflex und zur Lockerung der Strukturen getrunken.

/Am 30. April PHG. Nur Hilde-Brief abgesandt./

29 4 51 abends

In alten Aufzeichnungen, auch außerhalb des Tagebuchs, gelesen. Mich verblüffte mein Stil von 1948, 1947, der jirgal-los und altmann-los dennoch meine heutigen Merkmale trägt, selbst eliot-los (so habe ich mehr eigene Substanz als ich denke). Selbst dieses: das Doppeltpunktsetzen ist kein von jetzt Rilke-Ergebnis, sondern z.B. 1947 im Loidlbrief-Konzept nachzuweisen.

Es lohnt, wenn man auch kein Hundertstel des Reizes einfängt, dennoch, auf Papier soviel man kann h inüberzuretten.

Dienstag l. Mai:

Frei.

Zu Artmann zeitig. Traditioneller Maispaziergang. Auch "Carlo" wieder getroffen.

Weissenborn besuchte nach zweifelhaften "surrealen Akten" Hurenhaus, Altmann sei im letzten Moment entwischt. Das sind Kinder.

Viel über die Sachen von vor einem Jahr ge-sprochen: Greguerias, Surrealismus, über Hilde Schinko und die Gefahr des Direkt-Satirischen. Heimgegangen. / R E r begleitete mich./ Daheim Zimmerordnung.

Das schöne Wetter ging weg, ich versuchte ein Gedicht und brachte nichts zuwege.

Es wurde öder. /Heute fällt keine Zusammen-kunft NW./

Mittwoch 2. Mai:

Halbfreier Tag im Büro. Alle V l o or gesetzten fehlten. Kohle kam ins Büro, sodass ich länger als bis elf bleiben musste.

Möbelgedanken, keine rechte Feiertagstimmung.

Zeitig heim. T Tagebuch 50 viel nachgeschrieben.

Donnerstag 3. Mai - Christi Himmelfahrt:

Frei. Ich trug die Pobischsessel in unsere Wohnung und die Uhr. Paul, Friers und Tante kamen. Es ist nichts einstweilen mit dem Verkauf. /Des Bildes und der Kredenz./ Oede. Trübes Wette t- r. Die N B lüte und die Ueppigkeit der Bäume wirken gar nicht aufs Gefühl. Längere Reinschrift, sonst natürlich nichts geschrieben. Sehr grosse Oedheit, krank gefühlt.

Freitag, 4. Mai:

Früh Wrack.

Konsum, PHG.

Ziemlich missmutig über die "neuen" Möbel; und die Krankheit.

Samstag, 5. Mai:

Noch recht krank gefühlt. Morgen gehe ich nicht zu Polakovics.

Früh Gedicht-Ideen, wie oft, in Strassenbahn und Stadtbahn.

PHG.

Zahlungsaufforderung für Staatsbürgerschaft b kam. Zu Hause geplaudert ganz freundlich, ausgeruht, Sessel zum Teil demoliert.

Der Abend wurde sehr gemütlich. Wein.

Sonntag 6. Mai:

Trübes Wetter.

Möbel-Grossordnung.

Bei mir brach eine Urethritis aus.

Wahlergebnis: Zunächst Gleissner.

Montag 7. Mai:

Transport der Möbel von Pobisch.

Früh wieder Schönwetter. Angenehmer Tagesbeginn. Konsum. Auch die Zeitung ist ganz nett.

Im Büro Krankheit auf dem Höhepunkt?

Ein Haneckerpaket war eingelangt.

Dienstag 8. Mai:

Büro. Stark krank.

Ein Telegramm von Weigel /Sta t s s a tsbürgerschaftsakt/ und ein Brief der Dr. Hofmann daheim.

In den "Neuen Wegen" wurde mein Artikel vor-ge s l esen. Stimmung gegen die "Surrealisten". Al r t mann-Ausflug wurde von Wiesflecker bestätigt. Wohin sind die jetzt überhaupt gelangt? Bombastische Ankündigung einer Lesung in Mödling. Ich bin gründlich kuriert.

Mittwoch 9. Mai

im Büro ziemlich müde gefühlt.

Donnerstag 10. Mai

umsonst auf dem Gebührenamt. Rennerei /MBA 13/, bei ödem Regenwetter. Viele Arbeit im Büro. Rippenschmerzen.

Freitag 11. Mai:

Amtwege. Ich habe nur zweimal 100.-- für die Staatsbürgerschaft /bei positiver Erledigung/ zu zahlen. Im Büro anstr a e ngender Dienst. Morgen ist frei. Schon für die "publ. 2" geplant.

/11.5.:/

Oede gefühlt, Schmerzen, Schüttelfrost und Fieber. Wegen Dr. Lindner konnte ich nicht zeitiger fort. Im nassen Wetter heimgewankt. Furchtbare Stadtbahnfahrt. Sofort zu Bett gegangen, mit 38.2. TP. Zitronensäure-Tee z t at mir gut.

Laa sei überschwemmt.

Samstag 12. Mai:

Möbel wurden fortgeschafft. Maiheft der "Neuen Wege" war gestern gekommen. Ich las viel darin, b v erbrachte den Tag im Bett. Sodawasser. Tante kam. Weiterhin Ueberschwemmungen und ödestes Wetter.

Pfingstsonntag 13 Mai:

Die Frühlingsfeste und der Frühling selber verpatzt ...

Aufgestanden. Ein bisschen Sonne.

Ordnungen im Zimmer gemacht.

Rippenschmerzen. Nur gegen 17 Uhr einmal Fieber. Behandlung. Besser gefühlt. Eine Gabe ist das Sodawasser.

Pfingstmontag 14 Mai:

Wieder Eintrübung. Grössere Ordnungen. Gearbeitet. Den Tag über auf. Nur gegen N n achmittags später wieder Fieberrückfall.

Dienstag 15 Mai:

Wieder Büro. Recht krank gefühlt.

Halb sechs Redaktion "Neue Wege".

Polakovics' Aerger mit Altmann.

Sezession Pol-Ke-Fr-Wiesflecker? Neue Zeitungsgründung des "Kreises".

Mittwoch, 16. Mai:

Nachmittags kamen wieder die Schmerzen der Urethritis.

Ein schöner Abend. Hildis Brief langte ein. Ass gebackene Leber. Linder Abend nach qualvollem Tag.

Donnerstag, 17. Mai:

Wieder Schmerzen, Büro. Etwas besserer Tag, Angenehmer Abend. Leber.

Freitag, 18. Mai:

Schmerzen, doch schon besser.

Büro.

Sam d s tag, 19. Mai:

Büro. Mit Tante heim. Sie fährt morgen in den Urlaub.

Arge Schmerzen, musste zu Bett gehen.

Behandlung.

Schönerer Abend.

Polakovics lobte sehr mein letztes Gedicht. Er y s tellte einen Uebergang zum Gerundeten fest und eine gleichzeitig Rückkehr zu meinem Ausgang.

Aus den NW alles bis auf drei Sachen zurückgezogen.

Im Juni-Heft nichts von mir. Redaktionelle Anordnung, aus Gründen des Anscheins.

20 5 51

Unnötig /Frl. H. im Büro zu Bauer/: Passens auf auf das Geld, hörns.

Tags danach.
Weiters 20 5 51: /Sonntag/

Früh a S chönwetter. Warm. Auch gestern.

Bei Pol Gespräch um Altmann. Mein neues Ge i d icht gefiel.

Einiges wird jetzt auseinandergehen.

Pol wird übersiedeln, die Zusammenkünfte NW entfallen zunächst.

Gegen Nachmittag wieder Eintrübung.

Sogar regnerisch.

Ordnungen gemacht.

publ. nr. 2 zusammengestellt.

Ich habe jetzt immer Gedanken nach dem Mädchen.

Montag 21. Mai:

Ich werde wieder einsam?

/Wie vor Jänner 1950/.

PHG. Tante ist auf Urlaub. Zehner im Toto. Grosses Lob Weigels in der Welt am Montag. Ich sagte der Dr. Hofmann ab.

"Stimmen der Gegenwart 1951" in die Hand bekommen.

Dienstag 22. Mai:

Keine NW-Zusammenkunft. Schon ganz gesund. Abends noch zum Fenster geschaut.

Mittwoch 23. Mai:

Wurde nachmittags vom Büro zur Pressekonferenz anlässlich der "Stimmen der Gegenwart" beur-laubt. /Weigel, Eisenreich, die Arbeiterdichter u d s w. kamen./ Es war sehr nett. Ich bekam Prosaauftrag von Weigel. Felmayers Appell an mich, so zu schreiben, wie man "hier" schreiben kann.

Donnerstag 24. Mai:

FRONLEICHNAM; frei.

Keine Zusammenkünfte sind abgemacht.

Der Auhofspaziergang nach langer Zeit wieder. Dort gesonnt. Angenehmer Z T ag.

Erster schöner Tag dieses Frühlings /und ich nicht mehr krank/. Brief Hofmann geschrieben, der Hildi geschrieben, und publ. nr. 2-Vorrede /Glosse/ verfasst.

Wein. Die publ. nr , . 2 sind bald fertig.

Freitag 25. Mai:

Verregnet. Konsum. Büro.

Ich erhielt eine Einladung vom Kosmostheater.

Samstag, 26. Mai:

Vom Büro ziemlich müde heim.

"publikationen" gehen in Ordnung.

Wein geholt. Der Tante geschrieben.

Viel Lyrik gelesen.

Sonntag 27. Mai:

Zweiter Wahlsonntag in Oesterreich.

Wir fuhren auf den Grinzinger Friedhof.

Strahlend blau; wirkende Sonne. Angenehmer Tag. /Nördlicher Westen von Wien hat einen anderen Reiz als unsere Landschaft. Schärfer - dieser Reiz würde für mich kürzer anhalten; ich besuche ihn nur./

Weiters Sonntag 27. Mai:

Nachmittag, bei schönem Wetter, kam Polakovics zu mir. Neueinlauf gesichtet, die Aufregung von Wahlen und Fussballänderspiel /gegen Schottland; 4:0/ gesucht. Mit Pol. in meinen früheren Gedichten gelesen.

Montag 28. Mai:

Konsum. Körner ist Präsident.

Dem amerik. Kosmos-Theatre schrieb ich ab und verständigte Weigel davon.

Trüberes Wetter. Aber schon frühlinghaft, immer ganz warm.

Die Lesung von Eisenreich, Mayröcker, Ebner im Kosmos-Theatre um 20,00 besuchte ich gleichfalls nicht. Es wurde ein wesentlich angenehmerer Abend daheim. Wein.

Ein verrückter Brief der Diem war gekommen, schlafwandlerisch ungefasst.

Dienstag, 29. Mai:

Ich wollte der Diem antworten. Erst nach der vielen Arbeit im Büro, in der Mittagspause, brachte ich es zuwege.

Nach Hietzing vom Büro aus gefahren.

J. Ebner getroffen, geplaudert im Park.

Bei Fritsch Zusammenkunft statt NW. 18,30. Fritsch hat eine nette Frau. Gut unterhalten, viel gelesen. ArEbFrKeOkPol. Spät heim. Herrliche Mainacht. Akazien.

T

Ich wollte Helene Diem auf I i hren Brief antworten.

Das erste Mal geriet ein rücksichtsloser Kritikbrief an ihrem menschlichen Gehalt,

das zweite Mal schrieb ich nichts als einen Wortsalat, um wenigstens auf der Insel des Surrealen ein Einverständnis zu bewirken,

dann wollte ich in einem Nachsatz von da zur Kritik lenken,

dann vernichtete ich alles und gab meinen Plan, zu schreiben, einstweilen wenigstens, auf.

/Beob. an mir 29 5 51 früh; Versuche unter Unlustgefühl, Niederschrift unter Erleichterung./ AOk.
Mittwoch 30. Mai:

Verregnet. Büro. Viel Arbeit.

Einladung für morgen kam.

Angenehmer Abend.

Gestern hörte ich, dass auch wieder der Igel-Schlager von Künneke gesungen wird. Sie wäre die g G eeignete für ein Literatenbrettl. Ihre Vortragsweise ist ausgesprochen dem neuen Lyrikstil verwandt.

Der Text lautet:

"Einen Igel wünsch ich mir von dir zum Namenstag - einen Igel - einen Igel - einen Igel. Widersprich mir bitte nicht und tu, was ich dir sag - einen Igel - einen Igel - einen Igel. Schenk mir keinen Kakadu, keinen glasbesohlten Schuh, keine Blumen, keinen Blaufuchs, keinen Packard, schau, wozu? Einen Igel wünsch ich mir von dir zum Namenstag - einen Igel - einen Igel - einen Igel. Was ist Rias weisser Spitz - Mias Windhund ist ein Witz - neben einem süssen, ganz modernen Igel!"

31 5 51

/tags vorher eingeladen/ Celanlesung 19,00 Uhr Wollzeile 2 Buchhandlung Heger.

Leopold Rosenmayr kennengelernt. Er kritisierte meine Oberflächlichkeit /in "Prosa hinter dem Wahnsinn", der Vorr d e de zu den "publikationen", auch deren Einband sei zu aufgeh ü bscht/, andere Sachen wie Claif gefielen vorbildlich "wegen ihrer Haltung". Auch mein Elegisches Protokoll besser, wenn auch dies keine Form ist. Die könnte man von Celan lernen.

Rosenmayr hat studiert, will sich demnächst für Soziologie der Kunst habilitieren /Uni-versität hier/, lebte ein paar Wochen als Arbeiter, um dieses Leben kennenzulernen, übersetzte Hymnen aus dem Griechischen und Syrischen, anonyme gotische Lithurgik usw.

Wir hätten alle noch nicht zur Form gefunden, seien aber - bis auf die genannten Ausnahmen - hocherfreulich aufrichtig.

Lesung ausgezeichnet, ich lobte Kl. Demus dafür. Wieder ein sehr selbstkritikreicher Tag.

Abends wieder die blühenden Bäume /Johannesgasse Stadtpark/, wie Dienstag nach Gerhard Fritsch. Sehr zurückhaltend in letzter Zeit mit Selbst-überschätzung.

1 6 51:

wieder ein regnerischer kühler Tag - Erster Juni -

1 6 51: Freitag:

Angenehmer Abend. Morgen wieder frei.

2 6 51: Samstag:

Tante die zweite Woche fort.

Gemütlicher Nachmittag; eine Prosa zu schreiben versucht /die Fahrt zu dem toten Mädchen/.

3 6 51: Sonntag:

Früh wieder schön. Zu Polakovics.

Bekam die Matrizen. Wenig gearbeitet, viel geredet. Ueber die Sackgasse.

Regen zog auf.

Heimgefahren. Nur Eintragungen und Reinschriften. Ausgeruht. Gegen abends wieder schöneres Wetter. Hinausgesehen. Ein Gedicht geschrieben /"Im Sommer"/.

Montag 4 6 51:

Viel Arbeit, durcheinander.

Wieder Eintrübung, abends.

Dienstag 5 6 51:

Trüber Morgen. Im Büro eine Probematrize geschrieben. NW: Herrn Kern verständigt. Keine Sitzung, Pol fehlte. Eb, Eis, dann Al, Wei. Mit Wiesflecker heim, politisiert literarisch. Müde heim, zeitig.

Mittwoch 6 6 51:

Regenwetter. Matrizen 1-3 geschrieben.

Donnerstag 7 6 51:

Regenwetter. Matrizen 4-7. Lesung Hertha Kräftner in RWR.

Freitag 8 6 51:

Schönwetter; Luft wie sommers im Bad. Der Regen der Erde verdunstet.

Frl. H. liest mit Stolz ein Buch über Kaiserin Elisabeth.

Matrizen 8-13. Mama ist krank.

Samstag 9 6 51:

Keine Post noch von Hildi!

Tante kam aus dem Urlaub zurück.

Streifen geschrieben. Stadtrat Mandl, obwohl zuhause, versäumt.

Gemütlich, Wein, Schnitzel.

Sonntag 10 6 51:

Nicht zu Pol. Stadtrat Mandl erwartet. Streifen geschrieben. Früh Idee zum "Lieben Augustin". Zum Fenster geschaut, gesonnt. Heute vormittags sehr warme Sonne, und Schönwetter. Aber wieder Zeichen der Eintrübung. Mandl kam nicht.

Onkel Paul Wassersucht /es stellte sich als Lymphdrüsenentzündung danach heraus/. Ich ver-suchte eine Uebersetzung von Prufrock. Ganz heisser Nachmittag.

Montag 11 6 51:

Herrlich schöner Morgen. Mandl war da. Keine Hildipost.

Versuchstext: Moderne Li Moderne Ly Moderne Li
Ergänzungen: Vorgesehen Ok. G. Fritsch: H. Eisenreich: Liebe Literatur Liebe Lyrik Lyrik Lyrik Literatur Liebe Literatur F. Polakovics: E. Kein: J. Ebner: Lithographie Licht t r eklame Linie Lyrik Lyrik Lyra Liebe Literatur Lizenz K. Hradek: H. C. Artmann: R. Altmann: Literatur Libertins siehe separater Lyrik Lyrik Zettel Lippenstifte Liebschaften
/Voneinander unabhängige Ergänzungen des Versuchstextes, 12 6 51, Rd. NW./
12 6 51

sonniger Tag; warme Nacht.

Abends Matrizen und restliches P p a pier in die Redaktion getragen. Herr Kern aber krank. Pol 50.-- übergeben und ihn mit der Besorgung des Naturpapiers, dem A Z uschneiden u.s.w. usw. beauftragt.

Ich denke, anfangs Juli das Heft versenden zu können /publ. nr. 2/.

Abends: in den NW selbst nur ziemlich gelangweilt, am Heimweg mit Ke und Art lange geblödelt /anrüchige Schüttelreime ü ber jeden einzelnen von uns/, mit Artmann allein dann viel über Eliot, die Atmosphäre gesprochen; die Klarheit und der Schwall. Er geht auch von letzterem ab. Hat eine gute menschliche Fantasmagorie geschrieben /mir auswendig rezitiert/; ich bestellte sie gleich fürs Septemberheft, publ. nr. 3.

13 6 51

grauer Morgen, sonniger Tag aber wieder. Das Heft der NW /Juni/ morgens gelesen. Benn, Fritsch, Dienel, sonst wenig Gutes drin. Stimmzettel werden ausgefüllt werden.

Notiz: Mi 20 6 51 heiratet Polakovics Maja Norell.

13 6 51:

Titel: Lieder von der relativen Zufriedenheit.

14 6 51:

Herr Kern noch krank. Ein Gedicht: "Gegen späterzu."

15 6 51:

Schon warmer Tag. /Freitag./

Im Büro einen weiteren Ausschnitt aus der "Fahrt zu dem toten Mädchen" geschrieben. Meine Phantasie ist durch die Uebung in gestörtem Arbeiten das letzte Jahr sehr wendig geworden.

Samstag, den 16. Juni

Briggi getroffen wiederum. Sie war eine Woche krank, der Nachtdienst, und den Ausschlag gab Tennessee Williams, A Street-car named Desire. Sie hat in letzter Zeit Eliot gelesen und war in Paris mit Artclubleuten. Sie hat eine S A nzahl moderner Karten mitgebracht und wird sie mir demnächst zeigen.

In der PHG fast überhaupt nichts zu tun.

Sommer kam, ich gehe ohne den Wettermantel.

Heimgekommen allein /auf der Rückfrahrt hatte ich auch "Edith" getroffen/, wie gesagt, sehr sommerlich, gleich kurze Sachen angezogen.

Wollte Briggi gle ci ic h aufsuchen, sie war jedoch im Klosterneuburger Bad. Einen leicht absinkenden Nachmittag. Trotz wenig Zusammenhang spazieren gegangen, um die Steinhofer Mauer, allein.

Man kann braun werden.

Mich viel gesammelt, wieder eine Idee zu den relativen Liedern l , abends die ausführen wollen, es blieb beim Genuss des Sommerabends.

Ich bin /wenigstens in meiner günstigeren Zeit/ passiv und habe viel davon.

Das Meer ist grün, das Meer ist absinthgrün. Das Meer ist bitterer als Chlormagnesium und salziger als Chlornatrium. Das Meer ist keusch wie Jodkalium.

August Strindberg

Sonntag 17 6:

Sonnentag, heiss.

1/2 11 Theater der Courage Lesung We Al Ar, "Prosa hinter dem Wahnsinn" /von den "Keller"-Leuten zusammengestellt/. Nicht hingegangen. Ich erfuhr dann, dass die Veranstaltung abgesagt worden war.

Zu Pol. Meine letzten Gedichte sind ungesund. Auch meine verrücktesten surr. Gedichte waren dagegen nie krank.

Ich muss zurück oder weiter finden. Pol hat den Prozess sehr abgekürzt.

Heisser sommerlicher Tag. Material für die "publ." zum Teil bekommen, Ordner 2. Hälfte für die Wölfe.

Nm. Ordnungen, unterhalten. Geschrieben nichts. Abends gab es noch Wein. Sehr heisser schöner Abend, lange zum Fenster geschaut; sehr begehr-liche Gedanken. Spät niedergelegt.

Montag 18 6:

Wenig interessante "Welt am Montag" -

Konsum, sehr schöne Frühe. PHG wieder viel Arbeit. Von heute Nm. an bei Herrn Cäsar. Wir haben schon zweimal einen kleinen Zehner im Toto gewonnen. Keine Post. Sehr heisser Tag.

18 6 51

Was ist das Gegenteil eines unmöglichen Knochens?

Ein möglicher Knochen.

Von Polakovics geholt 19 6: Naturkarton 40.-- Leim 5.65

Polakovics seit Mittwoch 27 6 zu erreichen Josefstädterstrasse 60 III. Stock Haltestelle 5 eine Woche nachdem Traude Dienel seine Frau wird.

Abends im "Kreis" nur Wiesflecker und Kein. Herrliches Schönwetter, abends Gewitter.

20 6 51:

Erst Rege b n , tags wieder schön.

Dienstag 19 Uhr wieder "Kreis".

Abends gelobt worden /19 6/ in der Zeit-schriftenschau RWR: Mayröcker, Okopenko, Jirgal Lyrik und Prosa ungewöhnlich hohes Niveau der Neuen Wege, dieser schönen Zeit-schrift.

20 6 51 Art. d. Schm. (Klubabend im Schriftstellerverband:)

Alfred Gong mit Unterstützung von

Otto Horn, Karl Anton Maly und Franz Kießling

fordert ein Schreibverbot für Altmann u. Artmann und eine Rüge für G. Fritsch. (An den Stadtschulrat).

Vera Ferra u. K. A. Maly erklären, sie wissen nicht, wie ihre Gedichte in die "Neuen Wege" kommen.

Nur Chr. Busta rät, man möge die Leute schreiben lassen, wie sie wollen.

20 6 51

Abends kam Artmann zu mir, brachte mir d ie as letzte und ein paar andere gute Kurzstücke, las aus einem Band Auden vor, der mich kälter ließ (als Eliot).

Wir Er brachte mir die Nachricht vom Schriftstellerverband. Sehr aufschlußreich.

Wir fuhren in die Freilichtaufführung im Tivoli, vom Kreis.

Angenehmer Abend, * viele Leute waren gekommen "Romeo u. Jeanette" hinterließen in mir einen tiefen Eindruck. Den Zehner versäumt, mit mit Artmann heim (er ging bis Steinhof mit; wir sprachen und kamen d verschiedenem Wesentlichen wieder näher.

gek. 22/6/51

Herrn Andreas Okopenko Wien XIV. Baumgartner Höhe 1

VIII. Josefstädterstr. 60/III

die eingelaufene geschmacklose Anzeige; auf der Rückseite, wie ich mir die Ausführung vorgestellt hätte.

FriedrichPolakovics

Traude Polakovics, geb. Dienel

Vermählte

Wien, 20. Juni 1951

TRAUDE DIENEL

FRIEDRICH POLAKOVICS

ab nun verbunden

20 3 51

dramatisch versagte ich.
23 6:

Ich fand mich wieder sehr nahe dem "Breitensee Dreiviertel Glocken Schlag" und dem "Es müßte nicht so ein Nebel sein ..."

Vertrauter als die unfruchtbare Reflexion.

Sa 23 6:

Friseur. PHG.

Was Hildi mit den Gedichten aus "publ. nr. 1" anfangen könnte.

Heisses Wetter; es blieb schön.

Tante fuhr mit Dir. Steger nach Rabe n stein um Eier.

Kapfenberger Einsendung kam zurück.

Kleine Ordnungen. publ.-Einband für 40 Stück zusammengeklebt.

Herrlic her Abend. An dem lange Eindrücke aufgenommen.

Sehr nützlich ist es, sich zu einem Besuch kein Buch mitzunehmen, kein Schreibmaterial, keine Aktentasche.

Auch den fälligen Antwortbrief mehrere Stunden hindurch nicht aufzusetzen, sondern aus dem Fenster zu sehen, den Wunsch, die Beine zu kreuzen, niederdrückend, und sich zu sammeln.

...

Vor bedeutungsvollen Reaktionen sitze eine kleine Weile auf dem Klosett und lies abru l p te Zeitungstexte, nach Tunlichkeit, um dich an den einzelnen Worten länger zu sammeln, umgekehrt ge-haltenen Blattes.

24 6 51 nm.
25 6 51

Nach dem gestrigen Tag /Adamsgasse, Mädchen, schönes Wetter den ganzen Tag/ frisch aufgestanden. In der Mittagspause die "publikationen" von Herrn Kern abgeholt. Abschied von ihm. Es regnete sehr.

26 6 51

Streik der Fleischer, seit 6 Uhr früh auch der Mühlenarbeiter. In der PHG sehr wenig zu tun. Persienkrise.

Nach dem Büro mit Strassenbahn 71 Zentralfriedhof, dann 72 Schwechat spazieren gefahren /seltsamer Einfall für diesen Tag/.

19 Uhr im "Kreis" letzter Abend.

Kreis- und NW-Ferien.

Kein, Fritsch, Ok, Wiesflecker kamen. Erst 4.9. treffen wir uns wieder. Sechs "publ." ausgegeben. Schönwetter. Wir werden uns im Sommer, glaube ich, sammeln.

Vom 27 6 an wieder viel Arbeit. Immer schönes Sommerwetter. Erster Versandtag der "publ. nr. 2".

Früh 28 6 Mantel in der Burggasse gekauft /520.-/

Abends noch Besuch bei Artmann. Gute Sachen hat er geschrieben. Laufer bei Altmann, vielleicht schon bei Ebner. Angenehm geplaudert. Im Regen heim, später.

Freitag 29 6:

Heute gleich in der Früh die "publ."-Post erledigt. /Rd. NW-Paket auf Mo verschoben./ PHG sehr viel Arbeit. Hitchman da. Grosse Preiserhöhungen in Anzug.

Viele Arbeit auch nachmittags. Zu Altmann, nur abgegeben Belege y x emplar.

Samstag 30 6:

Die L. K.-Zeit jährt sich zum fünften . M al.

PHG Gehalt 700.- bekommen. Heisser Tag.

Daheim Ordnungen. Angenehmer Rausch, Wein, gutes Abendessen /Leber/. Kühle Nacht.

Komplexe Zeit.

So 1 7 51:

Spät auf. Angenehme Frühsendung in RWR jetzt immer. SV Sonntagsverrichtungen . Spaziergang /M./ Steinhofer Mauer. Kühleres Wetter, auch nicht immer Sonne. Eine weitere /die letzte/ Partie "publ."-Umsch k l äge geklebt.

Typhus-Epidemie /Ybbs und unser Infektionsspital/.

"Aus dem Sommer", eine improvisierte Prosa, geschrieben.

/Die Bilder sind auch von Schwechat genommen./

Mo 2 7 51:

US-Sender am Steinhof.

PHG - viel Arbeit. Sommerlich. Was hat man viel davon.

Soviele Stufen, der ganze Frühling, übersprungen. Jetzt kommt wieder der Herbst bald.

Man müsste Zeit haben. Weigel Lesung; nicht hingegangen

Di 3 7 51:

Hitchman aus Zürich im Büro: viel Arbeit.

gedruckte Karikatur eines Männerkopfes im Profil HR. HITCHMAN
Mi 4 7 51:

Wie gestern. Furchtbar schwüler Tag. Fruhmann - den abstrakten Maler mit den Dackeln /nunmehr einem/ - besucht. Riemerschmied Lesung in der Sezession: "Schwarzer Humor".

Nachher Briggi getroffen. Angenehme Eindrüc j k e für lang.

Do 5 7 51, Fr 6 7 51:

Büro. Weiterer Versand der "publ. nr. 2".

1 7 51 abends

abgesperrte Strasse vor Wiesen. Umleitung. Ueber Szenenbilder, über mein dramatisches Versagen nachgedacht.

sicherlich als Jemand, der wünscht, ernst genommen zu werden. Freilich

Ich ging zum Fenster und roch: Wasser mit Vegetation, Mistgeruch, Sommergeruch von Bäumen und letzten Blüten.

Juli, sechster, abends.

Sa 7 7 51:

PHG. /In der Stadtbahn Idee für ein Gedicht./

Tante kam mit heraus. 7 Photographien gemacht. Spaziergang. Heiss. Schutzhaus. Gemütlicher Bierrausch. Nachts noch gedichtet; viele überflüssige, schöne Strophen lang /die alle dann hinaus-kamen fast; es wurde dann das "Mittlere Lied"/.

Notiert: 91 der hohe Tod 97 der freundliche grüne

Assoziationen schon langher, 6 7 51.

Fräulein H. vom Büro denkt bei der späten Lindenblüte jetzt: Man bekommt davon Kopfweh.

Julianfang 51.

Eine der Definitionen von "schwarzem Humor" /so definiert geht er über Spezialistisches weit hinaus/: Auf das Falsche plädieren, um das Wahre zu sagen.

Mittwoch 4. Juli erwähnt von Dr. Riemerschmied, Sezession.

Heute vormittag bei Brigitte Kahr. Ich kann nicht sagen, wie sehr ich n a ngenehm überrascht bin von ihrer Natürlichkeit. Wie einfach sie ist /ich hörte sehr anders reden / . Daheim, wo sie mich gleich freundlich einlud zu sitzen, war sie ungeschminkt, ich werde sie mir nie mehr anders vorstellen.

Geredet, freundlich; wo diskutiert wurde, geschah es nicht persönlich sondern weil wir leider repräsentieren. - Ich habe, nach einem unklaren Nachmittag, eigene Ver-bindungen zwischen dem, was ich schreibe, und der Smetana-musik im Radio, auf die ich mich den Tag gefreut habe.

8 7 51
Weite t r s 8 7 51, Sonntag:

Heisser Sommertag, Sonne scheinte.

Diesen Kilian-Tag feierte ich nicht.

Das Gedicht in Ordnung gebracht. Nachgedacht und ausgeruht, wie ich konnte. /Was ist mit Hildi?/

Montag 9 7 51:

Susi sei in Amerika drüben.

PHG. Cäsar fährt auf Urlaub.

Viele Katastrophen vergangene Woche.

Friedensberatung in Korea.

Urlaubsgeld 350.-

Ich wurde von Weigel ins Café Raimund eingeladen. /Dor z t war ich zum ersten Mal./ Mr. Roditi, ein "heimatloser Linker", amerikanischer Sozialist, suchte die junge österre e i chische Literatur kennenzulernen. Mit ihm sprach ich nichts, aber es war dennoch interessant, weil ich wieder einmal Kräftner, auch die Ebner, sah und neu Moldovan, Absolon kennenlernte.

Auch Mauthe kam. Kräftner hat ein interessantes Gedicht geschrieben. Von Ebner bekam ich das Lyrikmaterial der "Neuen Wege", das bereits die Lektorrunde gemacht hatte, zurück. /Mein Gedicht "Ach ich grüsse den Sack" kam zu Fall; die restlichen drei bleiben drin./ /Hilde Schinkos Beiträge bekamen immerhin diesmal positive Stimmen./

Dienstag, 10 7 51:

PHG. Viel Arbeit wieder.

Artmann kam abends. Er fährt nach Deutschland und Holland.

Holte lyrisches Material von mir, das er dort auch zeigen wird.

Er beschäftigt sich jetzt mit südamerikanischer Literatur.

Ich spazierte noch ein Stück mit ihm. Ueber eine gewisse Vorliebe für Plexiglas und Lieder, die Evelyn Künneke singt, gesprochen.

Ich hätte den Plan für eine Prosa.

Mittwoch, 11 7 51:

Hundstage jetzt.

Neuer Lohn-Preis-Pakt erwartet.

Bauer fährt heute abends 3 Wochen auf Urlaub, zum Teil nach Korsika. Erster Postweg sogleich.

Ich soll in die Welser hinüberkommen?

Post von Jirgal, Kahr, Frau Fuchs.

Donnerstag, 12. Juli:

Eine schwüle Nacht war. Hundstage jetzt.

PHG: Postweg. Grosser Krach um die Huber. Wahnsinnige Arbeit im Büro.

Abends: Brief von Schmied /Gedichte Armandola/.

E o i ne interessante Entdeckung.

Freitag, 13. Juli:

Konsum, PHG.

Heisse Tage, schwül in der Nacht.

Eine Prosa wieder vertan; ich lege über die vertanen eine Mappe an.

Samstag 14 7 51:

Ich habe den Geruch von Nylon ebenso gern wie seine Oberfläche.

In der PHG wieder Arbeit, Machwitz wird sich vielleicht selbstä d n dig machen. Mit Tante nach Steinhof heim gefahren. Das Postamt 109, das nie über die Provinz hinaus bef ü ö rdert, mit Post für Israel in Verlegenheit gebracht.

Müde, ausgeruht, Montag wird der neue Preispakt in Geltung kommen. Wir bekamen 70.- Zulage.

Die Photographien von letztem Samstag gerieten gut.

Post: Ein Brief, überraschend freundlich, von Sokol. Ich beantwortete ihn sogleich.

Wein. Ich machte Ordnungen und versuchte mich an dem Gedicht.

Ich ging abends nicht viel zum Fenster.

Man kann, wenn man an den Grenzen ist, nicht weiter hinaus. Ich rannte hin und zurück, ohne es auszuhalten, und legte mich nach zwei Gedichten nieder.

Sonntag 1 4 5 . Juli

Ich machte mich in aller Frühe /relativ/ in die Collinstrasse auf; unterwegs die trockenen sommerlichen Gärten, und doch auch wieder soviel Grün. Mir ist "Frühling", "Sommer", "Jahr", "Mädchen" nicht mehr vorstellbar ohne die westlichen Bezirke von Wien /wie freilich auch die Ebene mit-weht/. Das Mädchen, die Brigitte Kahr, fand ich indessen nicht zuhause; sie verreist nach Kärnten und bereitet jetzt schon vor. Daher ausser Haus, daher mein Weg umsonst; müde heim.

Sengende Sonne. Daheim sehr luftig bei den grossen geöffneten G F enstern. Ueberraschend kam ich doch noch zu einem Besucher: Ernst Kein. Wir unterhielten uns über die Aktualitäten publ. nr. 2, die Neuentdeckung Armandola, sehr angeregt über verschiedentlich Lyrik und Prosa; es macht den Eindruck, auch was mich anlangt, als ginge eine Krise dem Ende zu, oder ich heim-wärts.

Ein gutes Mittagessen, auf das ich mich freute. Für Nachmittag ist niemand erwartet; ich habe Ordnungen gemacht und werde vielleicht was schreiben.

Sonntag, 1 r 5 . Juli

Nachmittag:

Arnold Schönberg gestorben.

"Tagebuch neu" nachgeschrieben.

Starke Sehnsucht nach einem geliebten Mädchen.

Sommergewitter bis in die Nacht.

Montag, 16. Juli :

"Welt am Montag" wenig interessant.

Konsum. PHG. Witzmann wieder im Büro.

Wahnsinnig viel Arbeit.

Dienstag, 17. Juli:

Briggi früh getroffen. 25.- Einnahme von den i I nteressentinnen. /publ. nr. 2/. Nette Gespräche. Ich habe wieder vieles versäumt: Eliot "Cocktail Party", Sartre "Hinter verschlossenen Türen", Calder-Ausstellung wie seinerzeit die Hundsgruppe. Nur einen Vortrag in der Sezession unlängst; mir geht eigentlich viel von interessanten Begegnungen verloren. Nachmittags kam ein Anruf aus dem TdJ, dass ich den ersten Preis bei den NW gemacht habe.

/Ich muss zugeben, ziemlich überraschend./ Samstag soll ich wegen der "publikationen" mit Polakovics zu Hakel. Im Septemberheft werden meine "Martinigedanken" abgedruckt.

Die "harten tulpen" erhalte ich zurück.

Abends vernichtende Kritik an den "publikatio n - nen" im Sender Rotweissrot.

Bis dahin Hundstage; 17 7: Regen und die Gewitter von vorgestern und gestern brachten Abkühlung.

Mittwoch, 18. Juli:

Steger fuhr den Rest der Woche nach Salzburg. Zeitiger Schluss. Mit Hildi ist nichts mehr?

Donnerstag, 19. Juli:

wieder regnerisch. Die Tage wie immer.

Freitag, 20. Juli:

Der Kalender zeigt Elias. Ich bin ein Kind: ich schrieb daneben "Eliot" und freute mich.

Abends Postweg.

Samstag 21 7 51

Ins Büro. Regnerisch. Steger noch fort, doch viel Arbeit.

Nachmittags schönes Wetter. Halb vier bei Polakovics. In der Josefstadt.

Frau Norell empfing mich. Ein sehr heisser Tag.

Zur Cha k r akteristik der augenblicklichen Stimmung und nicht nur der psychischen Struktur Frau Norells ein mit ihr aufgenommener "Wortsalat" /grüner Kachelofen im Zimmer, Sonne scheinte herein; sie hielt sich sehr an die Sichtbarkeiten; auch als die zweiten sechzig Sekunden der Versuch mit ge-schlossenen Augen wiederholt wurde/:

"Blaues Bild Oelgemälde Goldgrund Mann mit Feder wie mein Hut goldgrün morgen eilen Minute Stock-degen rote Kerze Bronze Lichtschalter abgebrannt Teppichparkett gelbes Kostüm Jackenkleid goldgrün Kachelofen nicht eilen Hitze zu kalt Reaumur zu kalt Oelbild von ...... Lichtschalter Kachel-ofen goldgrün Laubfrosch blau Hitze Thermometer Reaumur Celsius weit warten morgen träumen stören nach goldgrün morgen warten ich eins Stockdegen Note blau"

"Blaue Augen Matte mit Strichen gezeichnet morgen ich darf nicht denken morgen Nylonstrümpfe Geld warten morgen ich weiss nicht morgen warten Nylonstrümpfe Stockschirm Degen 20 Grad nur morgen warten weiss Farben denken warten Geldwieder immer wieder denken warten Ofen Flaschen Einge-machtes rote Flaschen Fenster Hitze warten wieder goldgelb warten morgen Stockschirm Flasche roter Ofen morgen Fenster Mädchen Sommerkleider warten ..."

Ich empfehle zur näheren Analyse, die Prosa "Vom Schreibtisch zur Maschine" von Norell /in den "Neuen Wegen"/ zu lesen, sowie die Tatsache zu berücksichtigen, dass sie das Wagnis auf sich genommen hat, de jure Polakovics' Frau zu werden, sodass sie Hausfrau und Fabrikarbeiterin nun ebenso sein muss wie sie Literatin ist und sein Mädchen.

Siehe auch "Chopin. Nocturne F-Dur" in publ. nr. 3.

Wir gingen und fuhren /erste Stadtbahnfahrt über Nussdorferstrasse seit ich in Wien/ zu Hakel-Dannebergs. Die halten sich in einem Haus in Döbling auf, Hermann Hakel krank, Danneberg um ihn, Kiessling war kurz zu Gast, sprach kaum ein Wort während wir zusammen waren. Hakel nannte ihn nachher einen Tepp und wahren Dichter. Hermann Hakel sprach sehr interessant; er ist eine faszinierende Persönlichkeit; den schielenden kleinen und blassen Juden /zumindest im Positiven/ gültig und prophetisch sprechen zu hören, ist wichtig. Seine negativen Urteile geb ich kommentarlos: Karl Kraus ein Charakterschwein, Hans Weigel eine eklige Wanze, Eisenreich ein gewiefter Literat und Journalist, kein Dichter; Keins "Jahreszeiten" grauslich; Jirgal - zum Lachen; Kot; Petzold zu nichts; Weinheber in anderer Weise ebenso. Hölderlin - wie Van Gogh - sind sündig.

Meine Sachen gefallen ihm und scheinen ihm auch im Sinn einer Gesellschaftsklasse, die nach Ab-sterben des Bürgertums aufgehen wird, modern.

Später abends gingen wir, ohne dass ich mich an Streit ausgegeben hätte. Ich nehme, dieser Tage, lieber a j u f.

Sonntag, 22. Juli:

Schönwetter. Juli ... Etwas kühl.

Will ein Essay schreiben.

Fenster geputzt, Brief an Armandola reinge-schrieben. Ordnungen.

Nicht mehr zum Essay frisch genug. Versuchte noch das gestrige Gedicht auszuführen, misslang aber.

Ernst Kein kam. Wir spazierten, erst in Steinhof, ich zeigte ihm die Schauplätze meiner Ge f d ichte, dann ausserhalb, ich begleitete ihn bis in die Gablenzgasse. Weniger interessant als letztes Mal. Er hat ein Gedicht /nach langer Zeit/ geschrieben, auf seiner Linie von zuletzt. Wird möglicherweise ein Kalendarium machen.

Ich las abends noch Lyrik und war dann von allem müde.

Montag, 23. Juli:

Zeitiger auf, uninteressante "Welt am Montag" - Weigel neckt die Amerikaner. Saure-Gurken-Zeit.

Konsum, dann ins B ö ü ro. Wahnsinnig viel Arbeit, schlechte Stimmung unter den Angestellten.

Abends kam neues Heft der "Freude an Büchern". "Furche" mit Mauthe schweigt sich über uns aus.

Dienstag, 24. Juli:

Leere Tage. Immer sehr nass, sehr trüb und abgekühlt.

Bevor ich ins Büro fuhr, schrieb ich ein paar Minuten meine Aufzeichnungen.

Petai n

Immer wieder Gedanken zum kommenden Essay.

Dienstag 24 7 51

Heute erhielt ich am Telephon die Mitteilung, dass ich zwei erste Preise gemacht habe: Einen Lyrik-, einen Prosapreis. /Einen vom Publikum, einen von der Jury./ /2×100 Schilling/.

Viel Arbeit in der PHG.

Früh hatte ich den Gedanken zu einem Theaterstück: aus einem /abstrakten/ Büro, in dem alle nur für ganz kurze Zeit zu verweilen glauben ..........

Abends erhielt ich eine Karte; ich soll der Buchhandlung Herzog, die sich *) bereits mehrmal um die jüngere Literatur annahm, je ein Exemplar der publ. nr. 1 und 2 überlassen. Bekam die Lyrik-bände von Hakel. Gutes Abendessen vervollständigte das Vergnügen.

Mittwoch, 25. Juli:

Grün, feucht, blätterschwer.

Büro wie immer.

Man geht heuer durch das Jahr keine Minute von der Strasse entfernt. Unbestimmbare Erinnerungen an Farben , und Gerüche ersetzen mir aber viel.

Ich soll in die Welser hinüber.

Donnerstag, 26. Juli:

Jahreszeit wie immer.

Feucht. Im Büro "Palastrevolution", man will mich nicht weggeben. In der Welser soll ich Kalkulator für die neue grosse Papiermaschine werden.

Nachmittags warf bei der Gelegenheit Dr. Machwitz dem Direktor alle y s vor, was er das letzte Halbjahr gesammelt hatte.

Abends erhielt ich einen beleidigten Brief von Armadola, dem Snob aus Hinterbrühl. Strichweise seine Gedichte gefallen mir sehr gut.

Einstweilen prahlt er sehr mit "Mädchen".

Freitag, 27. Juli früh:

Setzte etwas zum Antwortbrief an Armadola auf. Hatte nach dem Konsum noch etwas Zeit für diese Aufzeichnungen, zehn Minuten vor acht.

Das Wetter ist gleich. Fast gingen meine Gedanken schon in die klaren Herbstmorgen hinüber. Ich verfing mich gerade rechtzeitig an Erinnerungen über endloses Grün im vorigen August.

F reitag, 27. Juli:
Samstag, 28. Juli:

Wetter gleichbleibend. Viel Arbeit im Büro. Dr. Machwitz hetzt nun gegen die Leitung.

Er will für sich und uns mehr herausholen. Sehr geladene Stimmung, doch weniger gegen einander.

Samstag nachmittags heimgekommen. Wetter hellt sich auf - . Ordnungen und Planung für die "publikationen nr. 3".

Aufzeichnungen geführt. Tante war da.

Angenehme Stimmung. Hatte Sehnsucht, zu malen. Versuchte dann, ein Gedicht zu schreiben, und sparte es mir dann für morgen auf. Dann redete ich nur.

Sonntag, 29. Juli:

Später auf, wie immer. Ich wusste nicht, ob Polakovics vor- oder nachmittags kommen würde, doch setzte ich mich /nach ein paar nötigen anderen Reinschriften/ über meine Arbeit von gestern. Ich schrieb vormittags den Eindruck "Im August" und zeitig nachmittags das grössere Gedicht, das mich auch schon richtig verfolgt hatte: den "Lieben Augustin". Danach kam Maja mit Polakovics. /Maja das erste Mal hierher./

Wir sprachen viel und freundlich.

Meine Prosaversuche und die Gedichte von jüngst, und frühere, gefielen. Wir schrieben welche ab, zur Einreichung bei den "Neuen Wegen" noch fürs Sept.-Heft und für Maja.

(Vormittags am Fenster gesonnt beim Arbeiten. Hundstage.)

30. Juli, Montag:

Sehr viel Arbeit im B ö ü ro. Nachmittags sehr gereizteCStimmung dort, auch eine Auseinandersetzung mit Frl. H.

Nach wie vor strahlende Hitze.

Abends viel gesprochen. Einige punktscharfe Erinnerungs"bilder" aus der Karpatho-Zeit kamen mir.

31. Juli, Dienstag:

Wenig Posteinlauf, daher weniger zu tun. Jetzt sind die weiten Hundstage. (Presse und Radio bemühen sich auch sehr um d ie as obligate Hundstage-Fluid i u m.)

Bessere Stimmung als gestern.

700.- bekommen. Gestern erfuhr ich, dass mein Staatsbü Staatsbürgerschafts .-Akt schon vom Rathaus angefordert wurde.

Mittwoch 1 8 51

Wahnsinnige Fakturenarbeit in der PHG.

Ich werde nächste Woche den Urlaub bekommen.

Abends "Freude an Büchern", Juniheft, mit einem grossen Lob Weigels über Eisenreich, erhalten.

Ebner schrieb mir, dass Bertoni Interesse an den "publikationen" habe.

Hundstage.

Donnerstag 2 8 51

Fortlaufend grosse Krachs im Büro.

Huber Herzklaps und Nervenzusammenbruch.

Sie bleibt heute und morgen fort. Bauer kam /mittags vorübergehend zum Arzt/.

Tante bearbeitete Dir. Steger arg wie noch nie. Dr. Machwitz wird grosse Forderungen stellen und, wenn Lindner sie ablehnt l , kündigen.

Freitag 3 8 51

wie immer, die Tage. Von heute Nacht an lästige Fliegen. Keine Post ab end s.

Samstag 4 8 51

Letzter Tag im Dienst.

Freudige Neuigkeiten Nachrichten im Büro: Onkel Paul bekommt 100 Dollar /über 2000 Schilling/ Vergütung für die US Kriegsgefangenschaft.

Ich hätte Landeggers Neffen, einen 20-jährigen Amerikaner, durch Wien führen sollen, der kein Wort Deutsch kann, ebensoviel also wie ich Englisch. Zuletzt wurde es abgeblasen.

Bekam 200.-- Teuerungszuschuss. Von nun an 900.-- Gehalt in der PHG.

Tante kam, fröhlich, mit heraus nach Steinhof.

Ich freute mich an allem, auch am Urlaub, und machte fleissig Ordnungen.

Ich denke, einen Essay zu schreiben.

Früh hatte ich Christl getroffen; äusserste Hitze am Tage.

Ich führte Aufzeichnungen und genoss den Abend.

Sonntag 5. August:

Später auf. Angenehmes Radio.

Erster Urlaubssonntag.

Spaziergang um die Steinhofer Mauer bei herrlichem Wetter; später regnete es.

In alten Heften der NW gelesen.

Nm.: Viel gelesen und vorgelesen.

Im ganzen ausgeruht. Nichts selbst geschrieben. Nachmittag Schwüle und Gewitter.

Abends: Danach noch schön. Zum Fenster hinausgeschaut. Ein Gedicht geschrieben /Im August 2./.

Montag 6. August:

Urlaubbeginn. Zeitig aufgewacht. s S chöner Morgen.

Auf die Linzerstrasse Einkäufe.

Herrlich klares leicht kühles Wetter nach den Gewittern. Bald wieder sehr heiss.

H.P. Höhepunkt

Zeitig heimgekommen. Lust, in die Stadt zu dem und dem zu fahren. Blieb aber vormittags zu Hause und schrieb am Fenster ein Gedicht. /Ebene hinter der Stadt./

Nachmittags in die Stadt gefahren. Lange umhergeirrt, bis ich jemand antraf, der nicht fortgegangen war. Rudolf Hausner in seinem Atelier im neunten Bezirk. Interessant ge-sprochen; namentlich als Beck vom ArtClub kam. Gespräche über Zusammenarbeit " pubikationen publikationen " - Art Club. Die Leute von dort bekommen ein neues Lokal. Vielleicht werden dort Lesungen auch stattfinden können und ander s e s. Länger dortgeblieben. Müdehheimgekommen, zufrieden mit dem Tag. Noch eine Gedicht-Idee.

Notizen:
5. August abends -

beim Hinhören auf das Gärtenfest:

Ich gäbe etwas darum, wenn ich eine Melodie und einen Rhythmus erreichte wie die im Schlager "Maria von Bahia".

6. August vormittags:

Mit der linken Hand streifte ich die Wand, an der ich sass, und bekam Farbe blaue Farbe auf einen Knöchel. Das brachte mich in Ver-bindung zu den blau untermalten Augen jener Mädchen, von denen ich dann und wann rede.

Noch im Hinsetzen an die Maschine wollte ich etwas davon schreiben; schon in diesem Moment ist mir das Grün und das Blau draussen dring-licher -

Dienstag 7. August:

Wieder ein ungemein heisser Tag.

Ich hatte vom Flötzersteig zehn Kilo Erdäpfel zu bringen und fuhr dann in die Stadt; aufs Rathaus, wo ich erfuhr, dass mein Staatsbürgerschafts-Akt bereits i n m Ministerium liegt und in vier bis sechs Wochen, positiv, erledigt wird.

Matrizen für P p ubl. 3 gekauft. Vergebens ver-sucht, Perz und Moldovan zu besuchen.

In brütender Hitze heimgefahren.

Ein ebenso heisser und ruhiger Nachmittag wird.

28 Grad im Schatten, eine zufällige /wahrscheinlich nicht die charakteristischeste/ Eintragung.

Aufzeichnungen. Ausgeruht.

Abends über Dichtung gesprochen, einige Ergebnisse für den kommenden Essay nieder-geschrieben.

Mittwoch 8. August:

Eintrübung. NW gelesen. Früh Lust zum Essay. Konsum.

Auf die Linzerstrasse einkaufen gegangen. /Leber unter anderem, die ich gebacken seit Mai gern esse/.

Spätnachmittags besuchte mich Polakovics /allein; mit dem Fahrrad/. Es ergaben sich anregende Gespräche und Berichte. Im wesent-lichen überbrachte er mir die Einladung für Sonn r t ag 10 Uhr.

Gutes Abendessen. Ein Gedicht von unlängst fertiggeschrieben.

Donnerstag 9. August: Früh hatte Tante vom Büro berichtet; und mit der alten Frau Pobisch geht es zu E nde.

Strahlende Sonne. Wir y s pazierten vormittags zum Auhof und sonnten uns am Wasser.

Vormittags Bier. Angeregte Stimmung.

Nachmittags die Korrespondenz um die "publ. nr. 3" ein wenig geführt.

Ich las im Freud, der mir nie weniger interessant geworden ist.

Es hat geregnet und macht den Eindruck, dass Sonne weiterhin nicht kommt. Der Geruch von Regen ist wertvoller und um ein Verhältnis Objekt:Spiegelung frischer als die Aphorismen im Kopf.

/Ich schreibe Einzelheiten, weil ich mich nicht zu beeile b n brauche wie sonst of , t , den wichtigsten Inhalt mehrerer Tage auf-zuzeichnen; man kommt, wenn man von Tag zu Tag einträgt, zu Eröffnungen, die sonst ver-säumt werden; also ist solch ein Tagebuch aktive Tagesgestaltung. Das rückblickende ist weit mehr Rapport. Andere sagen, das Eintragen von Tag zu Tag ziehe an den Haaren herbei./

/Freilich verlasse ich mich bei rückblickender Tagebuchführung nicht auf mein Gedächtnis, sondern habe stets auf dem Kalender ein Gerüst bereit./

Freitag 10. August:

Konsum.

Linzerstrasse Einkauf. Erst trüb, dann später vormittags kam Sonne. Angenehmes Spazieren. Bier.

Vormittags ein bestimmtes Oel für Erdäpfelscheiben ausprobiert. Gut. Eintragungen.

In Goethes Gedichten gelesen.

Noch gesonnt.

Die Prosa weitergeschrieben.

/Die alte Frau Pobisch lebt noch, ist wieder gesund./

Samstag, 11. August:

Unheimliche Träume. Im Bett Freud und Lyrik gelesen. Kartoffel vom Flö r t zersteig geholt. Teils sonniges, auch trübes Wetter.

Den Vormittag und den zeitigen Nachmittag die "Fahrt zu dem toten Mädchen" weiter-geschrieben. Nachmittags Wein.

Abends wie immer in angeregter Stimmung von allem. Wünsche, zielend nach einer Beziehung. Zu einem frühlinghaften, jungen Mädchen.

11 8 51 ab.

Es ist interessant, den Gang von Frauen zu beobachten, nachdem sie an einem vorüber-gegangen sind.

Sonntag 12. August

Zehn Uhr bei strahlendem Wetter zu Polakovics - Maja.

Wir redeten und lasen.

Von lyrischen "Kostbarkeiten" ins Aeusserste angewidert. /Neueinreichungen bei den "Neuen Wegen"./ Das meiste Eingereichte, wenn nicht unbegabt, will so "kostbar" sein. Die Anleihe flutet nicht ab.

Matiasek, seit Dr. Matiasek, ist ebenso schlecht wie Ludwig, seit Dr. Ludwig.

Nachmittag, während Tante und Onkel da waren schrieb ich ein Feuilleton.

Noch Schönwetter.

Im August gehen viele Mädchen.

Montag 13. August:

Urlaub-Ende.

Nach Konsum und noch einigen Ordnungen wieder ins Büro.

Heisser Tag, viel Arbeit. Machwitz' Erpressung brachte jedem von den Ange-stellten zwei zusätzliche Gehälter ein. Ich erhielt 1500.- Schilling.

Von den Gedichten einiges, auch aus der alten Mappe, ausgesondert.

Dienstag 14. August:

PHG. Schreibmaschine reparieren lassen, Donnerstag kommt nun auch das Vervielf.-Papier für die publ. nr. 3, nachdem ich Sonntag das Naturpapier von Pol mitgebracht habe.

Heisser Sommertag. Gerucheindrücke.

Eine gewisse lyrische "Köstlich e k eit" st ö sst mich so ab; ich habe meine bisherigen Gedichte auf sie hin untersucht und mich sehr unbe-lastet gefunden; nur in den letzten, die zur Form hin tasten, bemerke ich den Zug zu dieser Scheusslichkeit. Da ich lieber dauernd als Dilettant gelte, ehe ich zu den schön dunkeln Verlegenheitsphrasen gehe, werde ich meine angekrankten Gedichte vernichten. Ich habe, ausser in ihnen, nie ein Verlegenheitswort, eine für mich nichts bedeutende Fügung, verwendet. Diesen meinen Realismus lasse ich mir von niemand aberziehen.

Polakovics liebt leider Spielereien und sekundäre Einfälle.

Abends Bier getrunken, eiskaltes hellgelbes, von Westermayer.

Himbeerrote mit ihrem Burschen in d k i e Monochord-Kammer.

/Wo ich sitze./ "Ich spiel mich hier nur."

13 8 51 abends
Mittwoch, 15. August:

Mariä Himmelfahrt, freier Tag.

Spaziergang vormittags um die Steinhofer Mauer.

Viele Reinschriften.

Nachmittags strahlend heisser Tag; Tante kam.

Bier.

"Jedermann" aus Salzburg zugehört. Vorher ein Gedicht begonnen /"Rote Tinte wird in weisses Wasser geschüttet ..."/ Ein Odysseus-Gedicht, weniger dem klassischen Subjekt als ei ner der Zeitlosigkeit des Bezugs zuliebe. Als einer Erinnerung an Eosin zuliebe.

Schöner Tag. Artmann kam noch abends.

Donnerstag, 16. August:

Büro wieder. Samstag bin ich zu Hakel eingeladen. /Polakovics-Anruf im Büro./

Freitag, 17. August:

Früh Schuhkauf /250.- Schilling, braune Halbschuhe, ziemlich elegant; noch vor der Teuerung im Schlepp des fünften O P akts/.

Anfang der Vorrede zu den publ. nr. 3 geschrieben.

Hundstage.

Zeitig Schluss, da Dir. Steger bis Montag vom Büro fort-bleibt. Auch Dr. Lindner noch in Wels.

Ich las daheim in "Dichtung der Gegenwart / Frankreich", das ich mir auf Herzogs Gutschein kommen liess. Louis Aragon. Paul Eluard. Die Resista c n ce. Ein paar gute Fantasmagorien, gute Prosa.

Samstag, 18. August:

Konsum. Dr. Uiberrak, Chemiker und Freund meiner gewesenen Dozenten, wollte mich sprechen. Ich weiss nicht wozu. /Auch er weiss nicht, dass ich im Büro arbeite./

Mittags zeitiger frei, nachdem ich auch heute w i eder an der Vorrede gearbeitet hatte. Daheim war Post von Klinger und Straka. Tante fährt übers Wochenende an den Neusiedlersee, zu Pauls Pauls Verwandten. Ich möchte die flache Gegend einmal kennenlernen.

Die letzte, verzögerte Zeile zur "Roten Tinte" geschrieben, dann in die Stadt gefahren. Der August will nicht enden.

18 8 51 weiters:

Bei Polakovics und Maja, dann zu Hakel-Dannebergs.

Angenehmer und anregender Nachmittag wie Abend.

Meine Gedichte bleiben unangegriffen. Ueber den Gemeinschaftsbezug, der vielen Heutigen mangle.

Von den Russen verspreche er /Hakel/ sich die kommende Erneuerung.

Bekam eine deutsche Anthologie ausgeliehn; ich solle meine verschiedenen Formmöglichkeiten noch erweitern. Diskussion über den ausgesprochenen und unausgesprochenen Menschenbezug.

Wir stellten mit Maja nachher fest, dass die beiden Hakel inmitten eines Gesprächs trotz ihrer natürlichen Hässlichkeit schöne Züge annehmen.

Maja hat in ihrer früheren Zeit auch Chansons geschrieben. Sie wollte einmal sogar als Chansonni s e re gehen. Ein teuflischer, treffender Gedanke.

Wir können im nächtlichen Wien, namentlich Samstag Abend, viele Schlurfs sehen.

Sonntag, 19. August:

Später aufgestanden. Das Radio brachte weniger.

Die Anthologie, die ich mir ausgeliehen hatte, machte mir Freude. Zuerst, bei den älteren Sachen, ging ich nur interessiert mit, später im Vormittag - beim Rilke-Gedicht: "Zum Einschlafen" - weinte ich fast, und anschliessend Stefan George /"Urlandschaft"/ erschütterte mich sehr.

Nachmittag, nachdem ich noch gelesen hatte, schrieb ich ein Gedicht: "Septembersonne über einer Stadt".

Filmisch. Meine Gedichte führen weiter, gehen über alles hinaus, hinweg und halten nicht. Kein Halt etwa zum Genuss der einzelnen Schönheit.

Aber mir hat es nie Befriedigung verschafft, wenn ich eine Improvisation - und ich improvisiere durchwegs - auflöste und zu "verarbeiten" suchte.

/Anderseits biete ich freilich, wie Hakel sagt, genug Lebens-raum dem einzelnen gepriesenen Substantiv - oder Komplex - ehe der Sprung wieder kommt./

/Zum Ausgeniessen reicht es also nie, zum Fühlbarwerden reicht es gerade. Aus einer Sehnsucht kommen also immer zehn; freilich, die sich zehnfach sehnen, lieben zehnfach tief -/

Notizen: Oder die Liebe? - Wir verfingen uns in einem gelben Glanz oder in rotem. Strömen so diffus. 19 8 51 ab.
(Ähnliche Aufzeichnungen enthielt mein Protokoll 28 10 50 abends) 19 8 51 Notizen über den "kleinen Rausch".

Ich liebe es - als Paradoxon zu meiner, an mir mehr bekannten, Abstinenz - den "kleinen Rausch" festzustellen; der macht sich /wiewohl ich konstitutionell viel vertrage/ nach dem Genuss geringer Quantitäten Wein - oder Schnaps - in eine n m Fühlbarwerden der Augenlider und einer danach einsetzenden gewissen grösseren Variabilität im Geistigen bemerkbar. Ich experimentiere damit, indem ich meine Wachheit kontrolliere oder meine Hemmungen, di c e h ich hier mehr als sonst meiner Absicht unterwerfen kann.

Meine geschlechtlichen Konzepte ändern sich nicht. Wie sehr ich - vor allem durch Reden - meine Steigerung auch forciere, qualitativ ergibt sich keine Ueberraschung.

20 8 51

Merklich frischer am Morgen. 20. August einen Monat vor Herbstbeginn. Wenn die Sonne scheint, sind diese Morgen sehr eigentümlich.

Heute kommt Dr. Lindner ins Büro. Er war letzte Wochen in Le Touqet Le Touquet .

Fleischkrise in Wien.

Früh am 21. traf ich Briggi am Joachimstaler-platz Joachimsthaler-platz . Sie gab mir ihre Telefonnummer, ich soll sie in ihrem Büro anrufen. Ich glaube, sie arbeitet wo als Uebersetzerin.

Mittags erstmals Briggi angerufen.

In der PHG schrieb ich drei weitere Matrizen und vier Briefe, obwohl viel Arbeit war.

Als Uebung und zur Anregung variierte ich ein Gedicht von Traude Dienel ins Abstrakte.

Abend bei Briggi. Sie empfing mich am Gartentor. Der Sommerabend ist schön.

Sie ist jetzt ein hübsches Mädchen /sie hatte über anderem einen hellblauen Schlaf-rock an /, wir sprachen, aber tiefer. Sie war, wie sie erzählte, durch meinen "Gassen-Gang" fast aus ihrer Lebensbahn geschleudert worden; die "Kravatten" bekamen es, wie sie sagte, zu fühlen; nun sieht sie, es muss doch wieder so weitergehn .

Ich lehrte sie das Improdiktat . Sie freut sich daran sehr. Sie fährt in der Welt umher, hält aber mehr davon, wenn man zuhause wesentlich existieren kann. Sie glaubt, ich vermags, sie glaubt, sie vermöge es nicht.

Y D er Abend war grün und schwarz bei ihr, sie öffnete sich weit ... einmal mich mit ihr schon verstanden, .. der Abend wird mir in Erinnerung bleiben.

Auf der Veranda: "... Aber da sind wir anders zueinander gestanden als in Wirklichkeit ..." (Briggis Traum)„Habe ich damals auch vorher so philosophiert?“ Briggi lacht: „Damals -? Du sprichst, wie wenn das einmal Wirklichkeit gewesen wäre … „Ich: „Gegenwart und Vergangenheit sind vielleicht beide in der Zukunft enthalten.“

Aufzeichnung von der Nacht:

Erinnerung Evakuationsbahnhof in Terešva Der Geruch nach Ungarn

21 8 51
Mittwoch 22. August:

Haarschneider.

Auf der Stadtbahn versuchte ich weitere Variationen zu Dienels Gedichten.

Im Büro die Vorrede, drei Seiten i n un im ganzen, zu Ende geschrieben.

Viel Aufstellungsarbeit fürs Geschäft.

Seltsamer Tag nach der Briggi.

Heisse Tage.

Sehr angestrengt. Keine Post abends.

Donnerstag 23. August:

Sehr angestrengter Tag.

Wandlung zum Vorherbst. /Nä n m lich grau/.

Freitag 24. August:

Ziemlich müde angefangen.

Mittags zweites Mal Briggi angerufen.

Samstag 25. August:

Im Büro, wo weniger Arbeit war, nach den gestrigen vier Matrizen nunmehr die Seite mit Notizen zum Minderbewussten zusammeng s e stellt und matriziert.

Mittags. Ziemlich öde. Tante kam erst nach.

Ich stellte zuhaus die publ. 3 zusammen.

Ordnungen.

"Septembersonne" umgedichtet.

Ich rannte abends zu Briggi und warf ihr, wie verabredet m , "Lotte nach Weimar" ins Kasterl.

Sonntag 26. August:

Ich schrieb einen rauchigen Augustmorgen, hörte Radio, hielt das Fenster offen, übersetzte nachmittags Eliot weiter, genoss abends Erdäpfelscheiben und las in "französischer Dichtung der Gegenwart". Abends noch Eintragungen.

Montag 27. August:

Früh Briggi getroffen, gesprochen, /sie hat mein Gedicht übrigens noch nicht gelesen/. Ich sagte ihr, dass jener Abend schön war.

Wenig Arbeit vormittags. Letzte 5 Matrizen geschrieben. Red. NW vorbereitend angerufen.

Ein schwüler Tag. Neue Schachzüge im Büro. Dr. Lindner noch nicht von Zürich zurück.

Sehr pünktlich vom Büro frei.

Dienstag 28. August:

Eine politische Dichtung /Edith: GassenGang - Prosa hinterm Wahnsinn:x/ steht aus.

Briggi nicht getroffen.

Dr. Lindner noch nicht im Büro, kommt erst den morgigen Abend.

Auftragstand im Büro geordnet. /Neueinführung von mir in letzter Zeit./

Bei der Zusammenkunft nächsten Dienstag werde ich über die "publ." referieren.

Von der anderen Brigitte, Brigitte Kahr, kam ein - abschliessender - Brief. Die Preise von den NW kamen gleichfalls an.

Nach-Hundstage.

Mittwoch 29. August:

Da s dritte Mal Briggi angerufen. Ueber "Lotte nach Weimar" gesprochen.

Notiz: Vergleich zu Beispielzweck - Nicht Rede mit geheimem Doppelsinn.

Besonders Nachmittag wenig Arbeit.

Schon nach halb fünf Uhr fort.

Gutes Abendessen /traditionell gewordene gebackene Leber/. Obstfrau. Louis Aragon!

Donnerstag 30. August:

Zeitiger aus dem Haus, Rathaus nachgefragt, nichts los.

Etwas verrauchter, aber bald recht freundlicher Morgen. Sommermorgen.

An meinem Gedicht weiter im Geist gearbeitet. Ich erwarte einen Durchbruch, wie zum Einige-Gassen-Gang.

/Seit damals nicht viel Gutes l , nach Lotte kaum mehr etwas. Augustin vielleicht eine gute - Randerscheinung./

Intrigenspiel in der PHG und viel Arbeit.

Erst nachmittags kam Dr. Lindner. Gehalt 900.-- bekommen.

Einsendung an "Welt am Montag" erhielt ich von Weltpresse zurück /!/. Abends mit dem Gedicht weitergekommen innerlich.

Freitag 31. August:

Früh politische Unruhstimmung.

W ei ie der heisser Tag.

Keine Post.

Samstag 1. September:

Wochenende zu Septemberbeginn.

PHG.

Post: Weigel nimmt meine Prosa an.

Eine neue Prosa nachmittags B b egonnen, nach der Idee vom Vortag.

Sonntag 2. September:

Geschrieben.

Heisser Tag. Eine wunderschöne weltweite Dichtung im Radio gehört, aus dem Französischen.

Nachmittag kamen Tante und Paul.

Machten wieder Fotoaufnahmen.

Werner Bazata besuchte mich nach langer Zeit wiedermal. Geplaudert.

Heimgekommen nicht mehr weitergeschrieben an der "Ingrid". Die Nächte werden kühl.

Nicht denken jetzt, wieviel einem vom Jahr entgeht. An die Mädchen, die vorbeigehen : , jetzt schreiben../"Ingrid":/ Wahrscheinlich meine beste Prosa.

Montag 3. September:

Direktor zeitiger fort.

Lange Mittagspause.

Briggi hat heute frei, ich erreichte sie telephonisch im Büro nicht.

Früh die Prosa fertiggeschrieben.

Titel "Die Skizzen vom September".

Morgen beginnt wieder die literarische Saison, heute ging die allgemeine an / - mit dem Schultag der Kinder/.

Ziemlich zeitig aus, nach wenig Arbeit am Nachmittag.

Dienstag 4. September:

Früh konnte ich noch Ordnungen machen.

Briggi angerufen. Es bleibt bei Donnerstag neunzehn Uhr.

TdJ angerufen.

Ich fuhr dann am Nachmittag das erste Mal wieder in die Redaktion. Polakovics konnte nicht kommen, mehrere die dort waren lang e w eilten sich erst, dann als auch Fritsch, Altmann und Weissenborn kamen, besprach ic h umfassend die Weiterführung der "publikationen" mit ihnen.

Wir gingen dann ins Café und sprachen weiter und lasen Arbeiten von einander voneinander .

Ebner gefällt meine letzte Prosa besser als die welche Weigel nahm.

Mit Kein und Artmann lange am Heimweg über Dichtung gesprochen, mich freute das Gespräch. Die neueren Arbeiten vonWeissenborn, Altmann sind klarer.

Mögliche Bilder tauchen auf.

Nach diesem sehr anregenden Abend kam ich spät heim.

Weigel hat geheiratet, Toman hat geheiratet.

4 9 51 abends:

Abend noch gar nicht septembrig empfunden.

Mittwoch 5. September:

Früh traf ich Briggi. Dazu kam am Flötzersteig Karl Sch., noch jemand, sie fuhr dann mit denen weiter.

Ich arbeitete wieder auf der Stadtbahn an meinen Gedichten.

Mittags in der PHG schreibe ich nach einem recht einsamen Vormittag meine Aufzeichnungen.

Letzte Fotoaufnahme in der Sonne.

An ihren Stimmen sollt ihr sie erkennen. An ihren Gesichtern sollt ihr sie erkennen, an ihren Händen, an ihren Fingern, An ihren Wochenzeitungen sollt ihr sie erkennen.
Beurteilt werden von ihnen nur praktische Gemeinheiten. - Die Moral der Bürger ist der Nutzen. Die einzige Sünde, die sie kennen, der Verstoss gegen die Praktizität.
Do 6 9 51

Dr. Lindner wieder im Büro.

Dir. Steger fährt nach Gastein auf drei Wochen in Urlaub.

Wenig Arbeit in der PHG. Noch heisse Tage. Heute ist mein Abend mit der Briggi.

Zeitig Büroschlus . s .

Viele Ideen. Mich auf Briggi gefreut.

Zu Hause las ich in der diesmal wieder interessanteren Dietrich-Zeitschrift.

Zu Briggi in den Abend gegangen.

Sie liess sich entschuldigen, sie läge krank.

So lief ich zurück und schrieb noch einige Sachen vom Tage nieder. Dann wieder schlafengelegt.

Fr 7 9 51

Früh konnte ich noch einige Ordnungen machen.

Noch heisse Nachsommertage, blaue Morgen über grünen Schrebergärten und Parks.

Dr. Lindner kommt erst nachmittags ins Büro.

Ich suche etwas zu arbeiten. Ich finde, am besten ist es immer, wenn man sich zum Papier setzt und irgend w e twas, was auch immer, schreibt. Da kommt man bald auf Gedanken, man braucht sich nur zu schütteln da wird das Potentielle frei.

Vm. einige grössere Briefe fürs Büro geschrieben. Dann wieder wenig zu arbeiten. Längere Mittagspause.

Ein Gedicht geschrieben.

Abends Briggi getroffen, von ihr für Montag gerufen. Sie hat private Sorgen, sagt sie, und möchte gern mit mir reden.

Sa 8 9 51:

Nach einer Gedichtidee von vormittags "Wiedertreffen im Frühling" geschrieben. Arbeiten, Reinschriften, Ordnungen. Angenehmer Nachmittag. Noch schöner Nachsommerabend am Fenster.

Die kommende Woche wird bewegt werden.

Sonntag 9. September:

Draussen ist ein Japanpakt geschlossen worden.

Eintragungen. Schöne Radiosendungen.

Wetter verdüstert sich.

Letzte Ordnungen; Gedichte vorge s l esen.

Nachmittag die Fotoalben zerstört. und viele Bilder ausgeschmissen.

Andere Vergnügungen, und überhaupt gemütlicher Nachmittag.

Montag 10. September:

Tags PHG.

Briggi sagte ab, es geht heute leider nicht aus "Die privaten Sorgen nehmen so überhand, dass ich das andere tun muss." Vielleicht Mittwoch möglich.

Abends als ich sie auf der Strassenbahn traf, schlug ich ihr vor, diesen Mittwoch lieber nicht zu kommen. Sie wird mich aber Mittwoch anrufen. /Auch ihre Nord-italienfahrt ist wegen ihrer Angelegenheiten aufgeschoben./

Dienstag 11. September:

Zusammenkunft NW, wieder hinausg e worfen. Nächsten Dienstag treffe f n wir uns schon im "Kreis". Heute gingen wir ins Café. Polakovics' Frau hat einen Betriebsunfall erlitten, so erwartete Pol bloss noch mein Eintreffen und ging dann raschest heim. Sonst wieder alle versammelt, auch Wiesfl. diesmal. Artmann plant Lesungen der "publ."-gruppe , .

Viel gesprochen, Vervielfältiger-Krise.

Ghosta, eine junge Schauspielerin, kam.

Neues Material Red. NW langte ein.

Sehr interessant mit Artmann geredet.

Bis lang in die Nacht.

Ein Satz von Artmann über das peinlich-missgreifende Verhalten Altmanns und Weissenborns auf deren Suche nach "der Frau":

Sie gehen auf einen Steinboden, säen Rosen und wollen Kartoffeln ernten.

Mittwoch 12. September:

Mittags im Büro Briggi angerufen. Ueber-raschenderweise ri e f sie mich für morgen.

Abend gebackene Leber.

Donnerstag 13. September:

Tante, die ihren Urlaub angetreten hat, lud Mama zur Wiener Messe ein.

Ich kam zeitiger vom Büro, es begann ein angenehmer Abend. Noch heisse Jahreszeit.

Ich ging zu Briggi. Sie war aber nicht zu Haus. Abends setzte ich mich zum Schreibtisch und wollte wenigstens am Gedicht arbeiten. Da klopfte Briggi an und holte mich zu einem Spaziergang.

-

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/Sie hatte mir nie zuvor etwas aus ihrem Leben gesagt./

Wir setzten uns auf eine Bank und versuchten, un d s voneinander zu erzählen. Ein warmer, schwerer Abend war.

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Daheim erzählte ich nichts und machte einen frohen Abend.

Man lese später einmal, vielleicht, in Briggis Tagebuch nach; mag sein, sie hat das damals gestalten können; ich war dazu, wiewohl ich mich mehrere Tage drum bemühte, endgültig ausser-stande.

Das will nicht einmal sagen, dass ich ein schlechter Schriftsteller bin; manches zerbricht plötzlich unsre Grenzen.

Freitag 14. September:

Ich hoffe, dass die restliche Zeit bald vergehen wird. Ich sitze heute den ganzen Tag nur mit Herrn Witzmann im Büro und mit Bauer, nachmittag mit Herrn Witzmann allein. Die Tage sind noch schrecklich heiss.

Tante ist seit Donnerstag im Urlaub, Machwitz seit Do Nachmittag, Dr. Lindner seit Donnerstag in Wels, Steger überhaupt auf Urlaub, Frl. Huber hat heute, was sehr angenehm ist, einen freien Tag genommen.

Nach-Sauregurkenzeit.

Morgen habe ich den ganzen Tag frei.

Briggi fand es gestern "stark" x Wiener Wort für "gemein", dass ich mich ausge-rechnet im Bad vor Jahren /in L. K./ verliebt hatte. - B a e kanntlich hatte ich heuer im Sommer Briggis Einladung, ins Klosterneuburger Bad zu gehen, abgesagt, weil ich Nichtschwimmer bin.

Soll ich sagen: Ich bin wie verwandelt?

Wien 14 Sept 51

Liebe Briggi,

ein paar Sachen wieder zum lesen.

Bitte, übersetze im Laufe der nächsten drei Wochen den "Prufrock" von Eliot. Bis dahin werde ich Dich nicht aufsuchen noch anrufen. Vielleicht resultiert auch was anderes als die Eliotübersetzung; der Anklang zu einem Gedicht wieder.

(Aber leg Dich bitte ganz hinein.)

Du sollst ferner nicht der Ansicht sein, daß mir diese drei Wochen - gerade jetzt - leichtfallen. Wenn Du was brauchst, bin ich natürlich jederzeit existent. (Auch von einer Reise verständig mich freilich vorher.)

Gruß und alles Gute Dein Andreas

Samstag 15. September:

Heute bürofrei für mich.

Früh Erdäpfelweg Flö r t zersteig.

Ordnungen.

/nm./

Hörte im Radio einen Ausschnitt - die Vorrede - aus dem Film "Reigen". Die über allem Conference, die verhaltene Stimme, Stimmung, dahinter die Musik /Reminiszenzen und Perspektiven/ fassten mich so, dass ich vor dem Radio stand, zitternd.

Nachmittag konnte ich - hin und her gerissen - nichts arbeiten.

Zur hiesigen Situation: Ausspruch eines Hollywoodstars "Knaben sind bei mir Männer, wenn sie Geld haben".

Ich hatte Angst, was nun im Radioprogramm folgen würde. Sie gaben dann zum Glück aus André Gides Tagebuch die "Begegnungen mit Claudel und Valéry".

Jetzt in dem Augenblick kam Polakovics zum Fenster. Seine Maja ist wieder halbwegs gesund /nur besteht die Möglichkeit, dass sie zeitlebens an Kopfweh leiden wird/.

Ich benachrichtigte ihn von meinen Umstürzen, und auch dass ich einiges geschrieben habe, er gab mir bis morgen das neue Heft der NW zu lesen. Er selbst ist jetzt g f est-angestellter Lehrer und unterrichtet an zwei Schulen. /Eine davon ist die visàvis vis-à-vis der Korearuine in der Lothringer-strasse./

Sonntag 16. September:

Bei Polakovics eingeladen, der in sehr schlechter Laune w a r. Missgestimmt von den Gesprächen heimgekommen.

Abends viel am lange e n Gedicht geschrieben. Es könnte gut werden.

Montag 17. September:

Kühleres Wetter eingebrochen. PHG.

Den Brief an Briggi sandte ich als "Erika Danneberg" ab.

...

...

16 9 51 ab.
Solang wir fremdhin glühn, sind wir immun (berichtigen, Rat geben, Gräber machen) Doch wolln wir einmal selber ruhn Ist da kein Bett. Wir müssen weiter wachen. Und so ergibt es sich daß wir dann weiter tun - Wir wissen nicht, was anders sonst noch überbliebe. Wir ungeborgen, absolut, immun Vorfrühlingwind und Liebe.
Wien 17 9 51

Liebe Briggi,

ich wollte Dich entgegen meiner Vereinbarung telefonisch erreichen, habe aber gehört, daß Du krank bist.

Ich habe Dich angerufen, um von Dir zu erfahren, ob Dich mein Brief Sonntag erreicht hat oder ob er Dir vorenthalten wurde.

Wenn Du wieder gesund bist, sag mir das bitte telefonisch (U 14-0-24 oder U 12-4-55) oder mach einen Sprung zu mir nachhaus, bei mir bist Du, was auch immer ist, gern gesehn.

Alles alles Gute!

Dein Andreas

Dienstag 18. September:

Gestern eine elende Kritik über Fuchs und mich in der "Furche". Ebenso Abfuhren an Eisenreich, Jeannie Ebner.

Im "Monat" - einer Kriegshetzerzeitung mit Kulturanstrich - waren die "Stimmen der Gegenwart" unlängst freundlich rezensiert worden.

PHG.

Schon kühlerer Regen. Briggi früh getroffen. /Ungeschminkt, viel schöner./

Ich sagte ihr alles Aktuelle.

Angenehmer Morgen.

Sonntag war Dr. Krissmann, ein Beamter der ZAE, verhaftet worden, heute Lenardo aus Graz /beides Geschäftesfreunde der PHG/.

Nachmittag - Dr. Lindner hat Sitzungswoche - zeitiger aus. Letztes Mal in der Redaktion NW. /Nächsten Dienstag schon im "Kreis"./ Alt, Wei, Artins Café zu Kurt Klinger, wir /Pol, Ke, ich/ nach Hause. Mit Kein setzte ich mich in ein Gasthaus, wir besprachen lange Kräftners, der Altmann-Leute, Keins und meine Gedichte der letzten Zeit. Sehr anregend wieder einmal.

Dr. Nahlik hat die "publ. nr. l" für eine Unterrichtsstunde verwendet; Häusler Häussler , Neumayer, Jirgal und Hofmann verwenden ähnlich die "Neuen Wege". Diese Methode ist in Wien wahrscheinlich selten.

Meine "Martinigedanken" sollen in Zwanzger einen Tobsuchts-anfall ausgelöst haben. Auch andere haben bereits protestiert.

Mittwoch 19. September:

Ein Bürotag wie immer. Die Abende sind immer schön.

Donnerstag 20. September:

Schon herbstliche Frühe, einige Blätter schon gelb.

Es ist eigentümlich, dass die Luft wie im Vorfrühling ist. Briggi früh getroffen; jetzt ist alles so schön.

/Wetter seit 18, 19 9: Eintrübung und grosse Abkühlung dem Herbst zu./

"Wa s auch immer ..."

"Wie die Fenster im Winter sind, so sollten wir sein ..."

Freitag 21. September:

Fünfeinhalb Grad Wärme nur. Klarer Himmel.

Früh die Staatsbürgerschaft bekommen. Ich holte die Urkunde aus dem Rathaus.

Vor dem Nationalrat, wo eine ausserordentliche Sitzung stattfindet, grosses Polizeiaufgebot, Menschenansammlung, Revolutionsstimmung.

PHG. Viel Arbeit kam mittags /mit Dr. Lindner/.

Samstag 22. September:

Pendeluhr

PHG. Dr. Lindner heut nicht da, aber viel Arbeit.

Früh hatte ich mich mit dem Gedicht bemüht.

Nachmittag kam überraschend Polakovics mit Maja. S P olakovics las mir zwei Erzählungen von W. Borchert vor, dann /zwei Stunden hatte es gedauert/ gingen sie wieder. Es besteht kein Zweifel, dass das die stärkste Prosa ist, die wir haben. Die Schnüffelidiotie eines oberflächlichen "Realismus" mag sich davor verstecken.

Richtig herbstliche Tage schon.

Mir tat es wohl, Rum zu trinken und eine D d icke Decke zu haben.

Sonntag 23. September:

Ich las die zwei mir bekannten Gedichte von Gottfried Benn. Auch ihn stelle ich zu den st r ä rksten Kräften.

"... hält sich in Psalmen und in Veden und spottet alles Tuns und trotzt der Zeit ... leben als stille Ackerstrophen fort ... indes ein Vers der Völker Träume baut ... ist nun das letzte die Tränen /ist/ oder ist das letzte die Lust oder beides ein Regenbogen der einige Farben bricht gespiegelt oder gelogen. Du weisst, du weisst es nicht ..."

Am Sonntag höre ich immer viel Radio und mache meine Aufzeichnungen.

/Fortsetzung 23 Sept 1951/

"Martini-Gedanken, wenn man welche hat."

Zu keinem Essay gekommen, nur Korrespondenzen erledigt. Nachmittag einen Diwan auf dem Boden konstruiert.

Abends mit dem Montieren einer Doppellampe beschäftigt.

Montag 24. September:

Herbstlicher Morgen.

Briggi getroffen. Wir wechseln früh, wenn wir uns sehen, immer einige Worte, bevor ihre Strassenbahn fährt.

Ich sagte ihr, seit unserm Gespräch fühle ich mich nicht einsam. Sie sah mich nur an und sagte: "Das ist wunderbar."

Im Büro viel Arbeit. Nm - . Dr. L da. Ziemlich müde heim.

Dienstag 25. September:

fr. grosses Interesse am Gedicht.

/Briggi nicht getroffen./

Ich freue mich auf n die Zusammenkunft im "Kreis" abends.

Erste Zusammenkunft im "Kreis".

Mässige Fritsch-Gedichte. Schmied hat e j i ne Handpresse angeschafft /Druckerei-Plan, von Artmann wiederaufgenommen./ Bekam Exemplare der Zeitschrift "Meta" au f s Frankfurt und eine Zeitschrift "Fragmente" zu lesen. Altmann, Weissenborn, Ebner kamen nicht. /Wie, Ke, Fr, Art, Pol, Ok./

Nachher Diskussion über Kommunismus, in der Artmann kindisch argumentierte.

Danach noch mit Artmann über moderne Literatur und Pseudo-literatur gesprochen.

Mittwoch 26. September:

Trüber, verrauchter Morgen, aber mit Schwung den Tag begonnen. Briggi dann nicht getroffen.

Ich arbeite die ganze Zeit, im Geist, an meinem Gedicht, bis es zu einem Durchbruch kommen wird.

Früh Postweg. Abends soll ich die so gut wie sichere Ver-vielfältigungsgelegenheit mit Herrn Wittmann besprechen.

Halb zwölf lasen Machwitz in einer Handelszeitschrift, Huber in einem Wochenmagazin, ich in den Heften der "Meta".

Mittags fing ich einen Essay zu schreiben an.

Briggi ist mir immer nahe. Es ist, als hätte ich mich dann damit erfüllt.

Eigentlich ist es nicht schade um die Zeit, wenn man irgendetwas schreibt. Sonst sitzt man und verliert sich in Oedheit oder gereizt. So kommt zumindest ein guter Satz meist heraus, oder es wird etwas eingefangen ...

Frl. H.: "Fühl mich nicht wohl"

T: "Können Sie ihm nicht absagen?"

H: "Was heisst absagen? Ich lass ihn ruhig einmal warten. Glauben Sie, das tät ihm nicht gut -"

jetzt spiess ich die Männlein und Weiblein wie Puppen auf meine Nadel. Oh wie kostbar ist das Papiergeld ihrer Liebe!

Herbstregenwetter, siebzehn Uhr. Aber noch nicht fröstelnd. "Kreis" aufgesucht. Dort Dr. Schmeler und Wittmann getroffen, mit ihnen besprochen. /Zwei Fliegen auf einen Schlag./

Donnerstag 27 September:

Amtswege /Meldezettel und I-Karte eingereicht/ bei Rege b n . Nachmittag Dr. L.

Abends Briggi und Schik getroffen ..

Wenn man bis 22 für seine Hölle genug getan hat, hat man auch für seine Unsterblichkeit genug getan.
Ich habe monatelang das Bild vor Augen: Beim Glasblasen: sammeln, sammeln, /noch nicht die Kugel, den Zeitpunkt hat man im Gefühl .../ sammeln, sammeln ...
Freitag 28 September:

Früh wieder Briggi getroffen. Sie hat öde Gespräche daheim zu tun, Rechenschaft vor einer Tante vom Land u.s.f. usf.

Wenn diese konfusen Wochen vorüber sind.

Ich arbeitete im übrigen an meinem Gedicht weiter.

Eine Zwischenstelle:

Man soll nicht Blumen wollen man soll nicht Vögel fangen man soll nicht schön sein wollen verlangen soll man nichts. Und wenn Leute, die gehn wollen, gehn so soll man sie lassen gehn. Man soll, wie gesagt, nichts verlangen.

Huber musste gestern nachmittag fort, sie war krank, und heute schon vormittags ging sie wieder.

Trübe herbstliche Tage jetzt, grau, wenn auch noch nicht richtig kalt.

Bekam als ich gehn wollte von Dr. Lindner erstmals diktiert.

Artmann wartete schon bei mir zuhaus, holte sich die "fragmente" ab, Altmann kam dann, in seiner charakteristisch - n Weise besoffen, dazu.

Samstag 29 September:

Der Briggi den englischen Text her hin übergetragen. Regenwetter. Herbstlich.

Nachmittag "huljatj" - Staatsbürgerschafts-Feier mit Tante und Paul.

Versuchte am langen Gedicht zu arbeiten, entwickelte einigen Schwa ll, warf alles wieder weg.

Keine besondere "Fest-"Stimmung.

Wien 29 9 51

Liebe Briggi,

anbei meine Abschrift vom Prufrock (Artmann hat seinen Eliot wem andern geliehn).

Viel Vergnügen mit der Arbeit und gute Isolation!

Alles Gute, liebe Briggi,

Dein Andreas

Sonntag 30. September:

Am Gedicht zu schreiben versucht. Vergeblich.

Nm. in Gedichten u.a. gelesen. Wenig produktiver Tag.

Montag 1. Oktober 1951:

Neue bürokratische Erschwerungen im Aussenhandel.

Steger vom Urlaub zurück. Lindner nachmittag abgefahren. Lebhafterer Tag im Büro.

/Briggi nicht getroffen./

Abends sogar ein Einfall zum Gedicht.

Dienstag 2. Oktober:

Briggi wieder nicht getroffen.

Grosse "publikationen"-Besprechung abend a s .

Fotografie von Hermann Schreiber
Dr. Hermann Schreiber kam in den "Kreis", Polakovics konnte nicht erscheinen. Mit Kein und Artmann nachher noch we u i ter besprochen im Gasthaus.

Mittwoch 3. 0ktober:

Im Büro für die "publ." gearbeitet.

Donnerstag 4. Oktober:

Früh traf ich Briggi. Samstag Abend geht "ihre Sache in Szene". Sie wollte mich vorher noch sehen.

Vor mir liegen die Postanweisungen für die "publikationen". Wieder im Büro. Die ganze Zeit vergeht so. Aber mehr kann man sowieso nicht aus ihr holen.

Die klaren frischen Herbsttage.

Vm. wieder viel Arbeit. Huber letzten Tag im Büro. Sie fährt auf Urlaub.

Freitag 5. Oktober:

Früh I-Karte geholt.

2 Matrizen gekauft, sowie einen sehr netten durchsichtig roten Kugelschreiber, der mir viel besser behagt als mein bisheriger schwarzer und grösserer.

Dir. Steger wird mich "rückwirkend ab 1.10." anstellen.

Auch Herr Witzmann fährt auf Urlaub.

Ziemlich lebhafter Tag.

Angenehmer Abend.

Samstag 6. Oktober :

Früh Aenderung des Augustin-Gedichtes geplant.

Freue mich auf die "publ."-Arbe k i t.

Für Briggi sind jetzt die schweren, entscheidenden Tage.

Nachmittag mit allem Papier, den Matrizen im Rucksack auf den Bierhäuselberg marschiert. In der eigentümlichen Wohnung Wittmanns vom "Kreis" machten wir uns an die Arbeit. Bei diesem Apparat muss jeder einzelne Abzug abgehoben werden. Wir brachten so nur die erste Hälfte der Zeitschrift zuwege.

Angenehme Arbeit, Rückweg bei schönem Wetter.

Idee zu einem Gedicht "Jahreszeiten eines Mädchens".

Sonntag 7. Oktober:

Vormittag bei Sonnenwetter die Arbeit am Bierhäuselberg fortgesetzt und zu Ende gebracht. Wittmanns drei Kinder waren heute schon sehr zutrau k l ich. Ueber die Zusammenarbeit "publ." - "Kreis" - ArtClub geredet. Pläne für nächste und übernächste Zeit.

Nachmittag die "publ." fertiggestellt, Polakovics und Kein kamen und halfen mit, auch Maja war da. Sechzig Exemplare in Ordnung, restliche 40 noch zu kleben. Bei diesen Arbeiten im grossen Zimmer - wie einer Druckerei zu alten Zeiten - gemütliche Stimmung.

Montag 8. Oktober:

Briggi hat jetzt Urlaubswoche.

Erster Morgenreif, Nullgrad.

Vm. viel Verwirrung und Arbeit.

Nm. Dr. L wieder in Wien und im Büro.

Erster Verteilungstag der "publ." /Fruhmann-Clique/.

Dienstag 9 Oktober:

Seit gestern Nachmittag und vor allem heute wahnsinnige Arbeit. Streit Machwitz-Cäsar um mich.

Abends grosse "publikationen"-Verteilung bei den NW. Lebhafterer Abend. Mit Fink über die publ.-Planung und die Zustände bei NW, verteidigend, gesprochen.

Es ist kalt geworden.

Mittwoch 10 Oktober:

Vm. weniger Arbeit; fürs Lektorat NW gearbei r t et.

Keine "publ." versandt.

Donn s e rstag 11 Oktober:

Klarer Morgen, schön, kalt.

Allgemein ärgerlicher Morgenbeginn.

Furchtbar viele Arbeit dann, besonders nachmittags.

Abends Schnaps.

Freitag 12 Oktober:

Vm. viehische Arbeit. Krise um Sta. Rita.

Nachmittag, 13 Oktober vormittags, ging die Arbeit im gleichen Tempo weiter.

An den Abenden Gedicht-Ideen abgeriegelt.

Samstag 13 Oktober:

V F rüh die neue Molly zu schreiben begonnen.

Nachmittag gründlich ausgeruht.

Einiges Archiv dezimiert.

Sonntag 14 Oktober:

Herrlicher Herbsttag, noch warm, sonnig, als wäre es im März.

Vm. zu Br. Kahr spaziert, die "publikationen" ins Kästchen gesteckt.

Freute mich an der Landschaft und schrieb Eintragungen der letzten Zeit zusammen.

Ich fühle mich im Augenblick zufrieden, mit mir der verschie denen Jahre solidarisch, in der grossen Isolation nicht unwirksam.

14 10 51 nm. Klassizismus:

Ich wollte, um etwas zu tun, einen metallenen Schuhlöffel hinunterwerfen, fand aber im nächsten Augenblick wenig damit getan und unterließ es.

Ich bin Klassizist! Ein Beispiel unter hundert.

Fortsetzung 14. Oktober:

Die letzten "publikationen" fertigbeklebt.

Eine Skizze geschrieben: "Als die ersten neuen Gegenstände ..."

Nachmittag, einmal im Fahrwasser, schrieb ich die "Suite in zwei ungleichen Sätzen".

Montag 15 Okt 1951:

Ein Minusgrad.

Nach dem gestrigen gut verbrachten Sonntag ausgeglichen und aufgeräumt den n u e uen Tag angegangen.

Viele Arbeit, aber in ausgezeichneter Stimmung.

2 "publ" /Diem, Oe-Institut/ ausgetragen, der Briggi geschrieben.

Abends keine Post.

Dienstag 16. Oktober:

Früh die Prosa reingeschrieben, im Büro wieder viel Arbeit. Nach wie vor vergnügt.

Abends im "Kreis". Dort wurden wir hinausgeworfen, ich hatte aber immerhin die Minute Zeit, me usslers Besprechung meiner "publ." zu lesen sow u i e von einer neuen Beschwerde gegen die "Martinigedanken" zu hören. Mit Kein ernstlich über die Krise in den "Neuen Wegen" ausführlich gesprochen.

Mittwoch 17. Oktober:

Abends Idee zu einer "Steinigung Orpheus'": Eins, zwei, drei. Das erste kommt in den OfenDas zweite Mineral heisst KalksteinMit dem dritten Stein wird endlich Orpheus gesteinigt .....

Um 20 Uhr Informationsabend des "Kreises". Ich veranlasste einiges bei Polakovics; ich werde einen Artikel über den "Kreis-"Abend schreiben /der muss bis Samstag fertig sein/.

Polakovics war in düsterer Stimmung.

Donnerstag 18. Oktober:

Früh begann ich den Bericht zu schreiben.

Briggi getroffen, ist wieder gesund. Sie übergab mir Brief, den sie mir zur Antwort geschrieben hatte. Ist mir so nah.

Im Büro schlechterer Tag für mich, da ich ungeduldig das Ende der Arbeitszeit erwarte. Schöner Tag draussen.

Wien 15 10 51

Liebe Briggi,

da ich nicht weiß, wie Dich sehen, frag ich Dich so, wie hast Du die letzte Woche überstanden?

Wie lange bist Du noch in Urlaub?

Und was wird nun weiter mit Dir sein? Ich kenn ja die ganzen Begleitumstände nicht.

Jedenfalls wünsche ich Dir, bis ich näheres von Dir höre x (bei mir zuhaus kommst Du nie "ungelegen"), alles Gute.

Dein Andreas

gek. 18 10 51 17. Okt.

Wie kommst Du in meine Traeume, Andreas? Weisst Du es ueberhaupt? Kommst Du gern?

Du bist lieb, Dich zu erkundigen. Es war alles so leicht! Stell Dir vor, im Heptaton-Rausch wusste ich nicht, ob alles wirklich war oder nicht, war ganz weit weg. Keine Schmerzen. Am Mon-tag stand ich schon auf und fuhr in die Stadt. Den naechsten Donners-tag ging ich wieder ins Amt.

Ich habe inzwischen das alte Leben wi d e der aufgenommen. Es ist beinahe, als ob nichts gewesen waere.

Dich moechte ich sehr gern sehen. Wuenschte, dass Du kommen wuerdest an den paar Abenden, an denen ich liegen musste. Es scheint mir aber, dass Du Begegnungen mit meinen Alten lieber vermei-dest. Verstehe ich. Man ist nach dem Buero besonders wenig wider-standsfaehig und oft zu muede, ein Besuchergesicht aufzusetzen. Ich werde einmal zu Dir kommen, ich glaube schon.

Gruesse

Briggi

Erst unfrisch. Mittags länger ausgeruht, Briggi Brief geschrieben für den Fall ich seh sie wieder länger nicht.

Nachmittags ganz erholt die Arbeit wiederaufgenommen.

Abends ist mir der Artikel über den "Kreis"-Abend misslungen.

Freitag 19. Oktober:

Briggi früh doch getroffen, konnte ihr Liebes sagen und den Brief, also Papier, vermeiden.

Im Büro viel weniger zu tun. Artikel überraschendlich doch geschrieben. Mittags noch an die NW abgegangen.

Wirtschaftspolizei kam bei Lenardo auf die Spur PHG.

Samstag 20. Oktober:

Früh die Nachricht: Wir bekommen 220 Volt.

Noch nicht ausgesprochenes Herbstwetter, die Blätter noch an den Bäumen und meist grün.

Die führenden Leute im Büro sind gedepscht.

Wieder keine "publikationen"- p P ost, die ganze Woche.

Nachmittag ausgeruht, drei Viertel "Sturm" ohne was zu merken getrunken, ohne auch sonderlich gelau b n t zu werden. Gedicht "Steinigung Orpheus'" scheint misslungen zu sein.

Sonntag 21. Oktober:

Eine bezeichnende Kritik des "Kreis"-Abends im Volksblatt. In den andern zwei Tageszeit i u ngen, die ich auf dem Klosett einsehen kann, nichts.

Langweiliges Wetter und Radio. Morgen soll ich zu Hofrat Zwanzger, er will mit mir über meine Sachen rede m n . Der Weg ist so dumm. Jetzt hat auch wieder der "Augustin" Schwierig-keiten /ein Gedicht, das Häussler gefiel/ ... Mich entschädigt ein bisschen die Arbeit am Dadaismus bezw. bzw. Lettrismus, die für die Wirkungsanalyse der neueren Dichtung elementar wichtig sind.

- - -

Wie edel sie - P a o lakovics und seine Frau - ein Körnchen Gültigkeit an dem und dem zugestehen. An das und jenes freilich reicht es nicht heran (und der Kaffee siedet!), und an Danneberg ! , u U nd an Hakel!

21 10 51
den Hintergründen reden.
Erster Entwurf fr. 26 10 51 Komm ich dir nun zu früh? Wo warst du überall - Ich hab erlebt Melodie vielleicht war ein Regenfall Wo warst du unterdessen weit und wichtig aus - Ich bin im Garten gesessen. und habe die Lichter gemessen vom Nachbarhaus. Später gleicht sich das wieder aus ... Obzwar - will ich viel erleben?
Sonntag nachmittags:

Orpheus und ein zweites Gedicht geschrieben.

Erkältung bei mir ausgebrochen.

Mon n t ag, 22. Oktober:

Ich bin Briggi immer sehr nahe.

Tags: Amtsweg, öd, sehr verkühlt,

Witzmann zurückgekehrt, schlechtere Atmosphäre im Büro. Wieder viel Arbeit , . Ich freue mich gar nicht auf den Hofrat Zwanzger-Besuch abends.

Nachm.: weniger zu tun, früher aus. Hofrat abgesagt, zeitig heim. Gemütlich.

Dienstag 23. Oktober:

Früh Briggi getroffen.

Erster Tag Postversand publ. 3.

Wenig zu tun im Büro.

Zwanzger-Krach in der Redaktion; für Sa 3 11 bei mir Arbeitskreis einberufen: Zusammenstellen des Dezemberheftes. Mit Wiesflecker und Artmann heim, mit Artmann noch im Gasthaus gesessen und geredet. Er kommt auch Sonntag Vormittag zu mir.

Mittwoch 24. Oktober:

Vm. sehr wenig zu tun.

Aber Dr. Lindner kam und blieb sehr lange über Mittag hier /bis halb drei Uhr/.

Nm. viel Arbeit, bis am Abend.

Dann zu Weissenborn und Kölz gefahren. Dorthin kam auch Altmann. Weissenborn hat ein mässig schlechtes Gedicht gemacht, das uns aber Gelegenheit zu fruchtbarer Kritik bot, Altmann ein sehr gutes /Er hat, wie ich gestern hörte, eine Liebesbeziehung zu einer jungen Rumänin jetzt/. Anregendes Gespräch. Dann las ich plötzlich in den "späten Gedichten" /letzten/ von Rilke.

Mittwoch, Donnerstag früh Briggi nicht getroffen, obwohl zeitiger gefahren.

Donnerstag 25. Oktober:

Vm. Arbeiten von gestern aufgeholt; auch viel neue Arbeit. Mittags Briggi zu erreichen versucht, vergeblich.

Wieder publ.-Versand. Ganz unregelmässige Arbeit: viel und wenig.

Abends Gedicht-Idee.

Freitag 26. Oktober:

Verregneter Tag. Noch warm. Briggi wieder nicht getroffen. Gedicht-Einfall. Beginn des Tags viel Arbeit im Büro,

Kierkegaard

Die Szene ist innen; ist eine Geister-szene

d as hielt auch, nur noch steigend, den ganzen Tag bis zum Abend hindurch.

Samstag 27. 0ktober:

Die Blätter sind während der letzten Tage alle braun geworden, nun fällt alles ab.

Schöne Tage, fr p ü hlinghaft warm dabei.

Die Arbeit im Büro wird immer mehr.

Bei den englischen Wahlen hat überraschend Churchill gesiegt.

Sonntag 28. Oktober:

Halb zehn kam Artmann zu mir. Seine Gedichte durchge-sehen.

Nach dem Essen Spaziergang um die Steinhofer Mauer. Ausgeruht.

Prosa versucht. Taumle zu sehr in Borchert. Ueber der ganzen Prosa liegt mir eine Lähmung.

Abends.

Ich möchte Briggi bei mir haben.

Montag 29. 0ktober:

Früh Wege, noch etwas Zeit. Prosa überlesen, Umkehr zu richtiger Prosa beschlossen.

Briggi getroffen.

Gedicht-Idee:

Nachklang in fünftausend Jahren was Ingrid mit mir heute sprach Traum in gelösten Haaren Dann wieder tagelang wach ... ... ruht's ... Wir ringshin strömend, was tut's.

Unangenehmste Person vom Büro, Huber, wieder vom Urlaub zurück. Furchtbar viel Arbeit. Welser Aufträge.

Abends schrieb mir Briggi, die ich zufällig traf, einen Kierkegaard-Satz in mein Notizheft.

Dienstag 30. Oktober:

Früh Briggi getroffen wieder. Sehr liebe Begegnung immer.

Weg: Steuerermässigung Fünfhaus.

Heute oder morgen Abend kommt Briggi, wenn sie morgen Feiertag haben sollte, also nicht fahren kann früh.

Weniger Arbeit im Büro. Erfuhr zu meinem Entsetzen, namenlos, ich habe von Steger eine Karte zu Giuditta geschenkt bekommen /Steger fährt nämlich nach Salzburg und hat die Karte für sich irrtümlich besorgt/.

Abends kam Briggi nicht.

Programmheft der Staatsopern-Produktion "Giuditta"
Lohnstreifen Okopenkos
Mittwoch 31. Oktober:

Traf Briggi in der Strassenbahn, sie erwi d e derte erwiderte fest meinen Händedruck.

Sie kann Samstag nicht kommen.

Im Büro wieder teils viel, teils wenig Arbeit.

Ich behalte das Gedicht weiter im Aug.

Abends habe ich Theater, was mir mehr Belastung als Freude bereitet. Die Zwischenzeit zwische von Büroschluss bis Theateranfang füllte ich mit einem /vergeblichen/ Besuch bei Weissenborn aus, dann ging ich ins Mathematische Institut seliger Erinnerung, um die dortige Toilette zu benützen, und sass dann auf der gewissen Bank im Vorraum des Institutes. /Wo ich auch meinen Brief für die Autoren-konferenz einmal aufgesetzt und später die Prosabeiträge der N. W. überprüft hatte .../

Genug spät aufgebrochen, ins Theater.

Die Operette ist tot. Giuditta ausserdem totgeboren.

Die dicke Ljuba Welitsch, als Verlassene Verlassende - existentielle Groteske. Peinlich und makaber.

E 2 fuhr nicht, so wartete ich grässlich in der Nacht.

Donnerstag 1. November: /frei/

Gedicht "Nachklang in fünftausend Jahren" Allerheiligenarbeit dieses Jahres.

Huhn abends, diesmal aber kein Friedhofweg.

Tante kam nachmittags.

Mit dem heutigen Tag trat Allerheiligenwetter ein.

Ofen rauchte.

Den Tag über und abends ganz in Gedanken an Briggi gelebt.

Alles vorbereitet, um den nächsten Sonntag für Briggi zu haben.

Freitag 2. November:

Schneeregen morgens im Steinhof. Herbst.

Briggi, die ich nicht getroffen hatte, gleich früh im Büro angerufen. Sie ist nächsten Sonntag bereit.

Ein wenig Arbeit im Büro. Schon mittags durfte ich heimgehen. Nachmittag unterhalten, dann zu Hof t r at Zwanzger auf "Anstandsbesuch" in den Schneeregen. An den Wiedner Gürtel. Dort überaus freundliche Atmosphäre, Zwanzger zeigte sich als die Bereitwilligkeit in Person. "Augustin" gerettet, ein Strichpunkt wird noch umkämpft.

Kursteilnehmer gespenstisch in der Strassenbahn abends.

Erfreuter Tagesabschluss.

Hundehaar Jirgal 3 11 51 Ein dunkles Hundehaar
Samstag 3. November:

bürofrei.

Im Buch ge s l esen, das ich von Zwanzger bekommen hatte. Ueberraschend war Post im Kastl . :

Martha Hofmann und Jirgal. Er lädt mich für heute 6 Uhr ein, Aragon und Vercors sollen kommen. /Die sind zum Weltfriedenstag hier./

Mama f i u hr in die Adamsgasse, ich empfing nachmittag meine Freunde /Pol, Ke, Fr, Art/, mit denen ich die Dezember-nummer der "Neuen Wege" zusammenzustellen versuchte. Anfangs schwierig, dann kam genug Material zusammen. Um Nach fünf musste ich aufbrechen, werde den Rest an Arbeit allein machen. Fuhr zu Jirgal; freundlich und kleinerer Abend als angenommen. Auch kamen die Angesagten nicht, hingegen Riemerschmied, dem ich hier bekanntwurde /er hatte mich für einen Franzosen anfangs gehalten/, Hermann Schreiber samt - lustiger - Frau, und immerhin Abgesandte aus Chile, Cuba, Costarica Costa Rica ; aufschlussreiche Gespräche, zeitlich beschränkt; setzten sich ins Auto nach zwanzig Minuten und rasten wieder davon. Intimerer Abend danach mit Jirgal und Frau, Schreiber und Frau, Riemerschmied.

Streit Riemerschmied-Jirgal um den Surrealismus und die literarische Verantwortlichkeit. Einzigartiger Amen-Song Jirgals. Riemerschmied wird an den "publikationen" teilnehmen.

Abgesehen vom Interessanten ein schöner Abend /Tivoli-Heim/. Eine meiner geistigen Heimaten.

Die Jirgals sind reizende Menschen; mir unvergleichlich lieber als D.-H.

Riemerschmied - anscheinend Oesterreichs souveränster "Esprit".

Sonntag 4. November:

Verregneter, draussen herbstnasser Tag.

Arbeiten. Dann Dezemberheft NW zusammengestellt.

In den neu eingelaufenen Gedichten gelesen.

Versuchte vergebens, Ausdruck für die gestrigen Begegnungen zu finden ...

Kabarett-Erinnerungen an die Zwanziger-Jahre im Radio, mit Elfe Gerhard. Eine Zeit, in der ich irgendwie gern zu Gaste bin. Aber das ist alles nichts.

Montag 5. November:

Zeitungen: Versuche zur Preissenkung.

Wohnung: Rauchfangkehrer.

Briggi, die mir Freitag zugesichert hatte, sie würde Sonntag zu mir kommen können, musste mir heute absagen; sie wird die ganzen nächsten Wochen zu Wochenende nicht in Wien sein. Wir kommen nicht zusammen.

Sie sagte unlängst, "aber es wartet".

Nachdem schon gestern die Stimmung diffus geworden ist, nun Turbulenz im Büro. /Hitchman auch hier./

Ich möchte heute zum erstenmal, dass Wochenende ist.

Mittags Briggi angerufen, sie empfängt mich Mittwoch abends bei sich, gern.

Bi d s abends wieder viel gearbeitet, auch eigene Korrespondenzen erledigt.

Abends traf ich wieder Briggi. Aber Karl S. kam auch dazu.

Für mich zuhause keine Post.

Dienstag 6. November:

Ich sagte ihr, sie s ist das einzige was mich noch an den Westen bindet; wenn sie nach Amerika geht, geh ich zu Matejka. Fragte sie nebenbei, ob sie wohl nächstes Frühjahr nach Amerika ginge. Sie sagte, sie nehme es an, es sei noch nicht ganz fest. Sie sah mich sehr lieb an.

Grosser Wirbel im Büro.

Draussen gegen Mittag regnerisch, herbstlich.

Kurze Mittagspause. Nachmittag wieder gearbeitet.

Daheim war Post von Diem /lieb/ und von Nahlik /engstirnig/ eingelangt.

Ich erwarte den morgigen Abend.

Mittwoch 7. November:

Von Früh an wieder grosser Betrieb. Heute Mor e g en Briggi nicht begegnet.

Abends 19 Uhr zu Briggi gegangen.

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Gespenstische Nacht. Katze.

7 11 51 / Journal unmittelbar danach
Stern, fern, arktisch, simpler Reim. verkleiner mich, Stern, so gross find ich nicht heim.

... ich weine jämmerlich über dem Papier, wozu noch alle Pose, Eliot Eliot - - -

diese Bruchteile daraus. Und für wen führt man so ein Leben?

Für wen danach, der es besser hätte? Mich nährten die Dichter, die sich zerfleischt hatten, 21 Jahre; wen kann ich mehr nähren - - -

heilige Buchstaben wie - e - w -

Worte wie "etwa" - - -

Alle Hilfen verlassen mich, meine Punkte sind verlassen.

Wie soll ich hierbleiben, wie soll ich gehen.

/Ich überdenke die Reaktion auf eine kün ftige Lektüre dieser Sätze; wenn ich sie verbrennen? w Wa s geht damit wirklich? Und wenn es bliebe; was wäre damit getan?/

... welchen Sinn hätte krank zu werden oder aber irgendwelche ausbrechenden grossen Handlungen in Hinblick auf die Liebe, das einzige was mich jetzt erfüllt.

Sie wollte es ja so. Dass ich mich an etwas ver-strömen sollte, damit ich was vom Einmaligen des Lebens habe. Jetzt habe ich es.

Aber ich möchte existieren. Möchte diese Liebe.

... jetzt kann ich das je finden? Was wären alle andern Beziehungen zu Frauen?

Die Flucht in die Sprache -: und wenn ich, wie noch nie jemand geschrieben hat, schreiben könnte, wenn ich unter denen der Grösste wäre, wäre es in Hinblick auf die Liebe, die mich einzig erfüllt, alles nichts. Was wiegt? Ausweglosigkeit ..... Und was? Was dann - - ? Morgen, alle die Tage ......

8 11 51

Aus dem Donnerstag 8. November:

Früh bei ihrer Haltestelle auf Briggi gewartet.

Briggi: Ein herrlicher Morgen heute. Wie im Frühling, nach langem Schneefall.

sagte: Briggi, heute nacht ist mein "Elfenbeinturm" eingestürzt.

Briggi: ja? -

sagte: Jetzt ist alles sinnlos geworden. Seit gestern Abend lieb ich dich nämlich ganz.

Briggi: - ja -?

(Nach einer Weile ...)

Bist du sicher?

sagte: ganz sicher.

Briggi: Und jetzt soll ich fortreisen ...

- - -

"Das ist eigentümlich -"

"Ja, das ist seltsam -"

- - -

Briggi: "In meinen Träumen hab ich uns immer als Liebende gesehn."

Orphische Szene Versuche zu warten /aber die Stadtbahn fährt schnell/ Einmal noch gibt es dich, Eurydike. Gebt ein Signal, dass die Thermometer fehlzeigen. Gleichungen, schliesst schlecht. Einen Spalt -

Vm. langes Fakturenschreiben im Büro. Dann legte sich der Betrieb. Briggi wird mich mittags anrufen, sagte sie früh.

Mittags nur wenig gesprochen, viel geschwiegen.

Briggi: " ------ Bere dt - ? Ich telephoniere sonst auch nicht so. - - - - - Grüss dich ---"

Wenig Appetit, aber genug gegessen.

Im Büro viel gearbeitet, auch Sachen, die vorher liegen geblieben waren.

Hutpackaufstellung 5 lange Karteiblätter; wurde gelobt.

wie wichtig.

Zu Haus Martini-Gans.

Ich spiel nur mehr Okopenko.

Real ist nur Briggi.

Jetzt hat es mich getroffen. Jetzt hab ich mich "eingelassen".

Freitag 9. Nov 1951

Wieder wärmere Tage jetzt. Plus 6 Grad früh.

Wieder zur Haltestelle gegangen, auf Briggi gewartet. Das erste Mal im Leben sind mir die anderen Sachen egal. Ich arbeite genauer als je, weil ich in allem dem nur eine Rolle zu spielen hab.

Gestern hat Briggi vier englische Zeilen geschrieben; ungefähr:

Writing on the table d p o ing nothing suddenly I recalled somebody lying on his bed d o ing nothing.

Eine origin e lle Zusendung von einer "Deformularisierungs-Zentrale" gedruckt, mit allem nur durchführbaren Spott auf das bürokratische System, bereitete mir ehrliches Vergnügen; ich konnte Anteil nehmen.

/Ich dachte bei dieser Notiz irgendwie an Jirgal. S i o nst kann er mich keinen Millimeter jetzt lenken. Wohin würd er's momentan wohl versuchen? Ich liebe Briggi./

Rief Mittag Briggi an. Ich sagte ihr, es ist bleibend; der Zustand von vorher ist nicht wieder zurückgekommen. Sie lud mich für Wochenende ein: sie fahre Sa/So doch nicht weg. Ich bat sie, diesmal zu mir nachhaus zu kommen. Sie wird um 5 Uhr kommen.

Geliebte. Geliebte.

Abends trank ich daheim Wein.

Sichtbar: fröhliche Stimmung.

Eintragung von diesem Abend:

Ich verstehe den besoffenen Weissenborn.

Samstag 10 Nov 1951:

---

Prozess, der sinnlos aufgeschrieben wird /Gedichte/ /Nachträgliche Notiz./

Briggi: "Ich hab Besuch bekommen und hab dir's nicht mehr vorher sagen können."

11 11 51 vergeblicher Nach-mittag 18,15

Hatte unmittelbar danach Lust, zu Weißenborn in die Stadt zu fahren, evtl. dort etwas zu trinken, aber die Verzweiflung wenn ich niemand a ngetroffen hätte, war mir zu groß.

Schrieb wie ein Narr für die Zeitschrift. Einreichung von zehn Gedichten NW, "Korea" nunmehr endgültig für Matejka.

Noch Gedichte geschrieben.

Mama kam abends zurück, das bewirkte daß ich ab 8 Uhr mich wie früher einmal aufführte, normal, absolut ruhig, wie zufrieden.

11 11 51
Wetternotiz So 11 11 51:

Föhnwetter, stärker noch als gestern, plus elf Grad f ü h; vorfrühlinghaft, frühlinghaft.

So abends: Beschäftigungstherapie.

12/11/51 Mo

Frühlingswetter.

Erinnerung an ein Fragment. "Der Breitensee ....... Dreivie rtel Glocken Schlag Am. .......... Frühlingsa bend musst . d u nichts als reden ..." War es die laue Luft allein, ein Einsamsein, ein nicht mehr Einsamsein, so fuhr ich damals durch den weiten Abend. Vielleicht allein und nur sehr weit, vielleicht wo anders /längst schon/ und zu zweit.

Vormerkung vom Kalender herunter:

18h Kreis l. Mal wieder; neuer Versuch.

/Nur mehr alle 14 Tage./.

Abends Sitzung im Kreis.

Wurde wenig geredet, die Sachen in Ordnung gebracht; heim.

/Heute hatte Briggi frei./

Wien 12 11 51

Liebe Briggi,

seit Du ein Mädchen um ihren künftigen Geliebten gebracht hast, was sind das für Tage.

Warum hast Du, selber nicht liebend, Du und keine andere in der ganzen Existenz die von mir Geliebte werden müssen? Wäre die eine Tatsache mir nicht so unbeschreiblich schön, würde ich der andern Tatsache willen nicht mehr hier sein wollen.

Dich nicht an den Händen halten zu können, Dir nicht in Deine Augen schauen zu können bis es uns unhaltbar erfaßt und wir uns bis ins letzte einander hingeben; ich denke bis heute (und das sind elfhundert Jahre sicherlich), wieso uns das versagt blieb, Dir das Bewußtsein ganz geliebt zu werden und mir die Erfüllung in Dir, Briggi. Ich denk auch gar nicht mehr, sondern lebe in dieser Seinsschichte, spiele daneben so gut ich noch kann Okopenko, und außer Dir ist mir alles um einen Bühnenvorhang fremd.

Ich bin nicht für Papiersachen, wo es ums Reden geht, nur müßte ich Dir immer dasselbe wiederholen (wozu, frag ich mich nicht -) und das geht weder i m n Linie 47 noch vor Deinen Eltern noch am Büro-telefon - -

Wei ß t Du es, daß wir zu Liebenden geboren wurden?

Sag nur nicht, daß Du ahnungslos warst, Briggi. Dein Andreas

13/11/51 Di

früh wieder zu Briggi gegangen.

Wir blieben auf der Plattform der Strassenbahn.

B. "Du bist heute so gelöst -".

Ich übergab ihr den gestrigen Brief und redete von meinem Leben jetzt /in meiner Liebe/.

Wir sahen uns, Wegstücke lang, in die Augen.

Di

abends: Briggi wieder getroffen.

Sie war nicht ahnunglos gewesen.

Uebersiedlung ihrer Katze in unser Haus.

/Briggi brachte s u i e./

Wieder eine diffuse Nacht.

14/11/51 Mi

früh: Korr. für publ. wieder einmal erledigt.

Freude mit der Katze.

Briggi nicht getroffen früh.

Ein unbedeutender Anruf von ihr im Büro.

ging nicht ab 14 Nov 51

Briggi, Geliebte.

Ich will das festhalten, aber nicht in einem Tagebuch sondern in einem Brief, für Dich, für die es ja einzig gelebt wird.

Mein Tag dauert die Minuten la n g, die ich mit Dir verbringe, dämmert im übrigen s o dahin. Aufstehen, Stadtbahnfahrt, Arbeit, Heimweg, Abend, immer sehr zerstreuter Schlaf, Wunsch, nachts nicht aufzuwachen.

Teils Rückfälle in alte Aktivität (erledigte heute fieberhaft die Korrespondenz um die "publika-tionen"), teils völlige Teilnahm-losigkeit (ich sagte eben Helene Diem ab, Riemerschmied).

Gestern hab ich noch vom Weigel einen Brief bekommen, ob ich erlaube, daß mein "Eleg. Protokoll" im Kosmos Theatre gelesen wird. I ch hab's zugelassen, weil er's ist.

Interessante Einzelerscheinung: Mir ist jetzt immer egal, wo ich bin. So entfällt die Ungeduld beispielsweise auf der St a dtbahn, sie könnte ruhig eine Nacht lang fahren, auch wenn ich vom Büro müde komme. Es gibt keine unbeliebten und keine lieben Gegenden mehr.

Momentan hält mir unser Kollege Bauer (gleichaltrig mit mir, schwerfällig, in den Ansichten relativ noch unreifer) einen Vortrag über Tibet. Ich begeistere mich nicht, und er hört wieder auf.

14/11/51 Mi

abends: Briggi auch nicht getroffen. Zu Hause wieder ein bisschen Freude, angenehm gesprochen.

Ein grundsätzlich ablehnender Brief von Häusler Häussler kam.

Die NW sind jetzt auch erledigt.

15/11/51 Do:

ging wieder zur Haltestelle, zur zeitigeren Strassenbahn. /Hatte an Kein eine verständigende Karte über den Häuslerbrief Häusslerbrief geschrieben./

Traf Briggi. Sie wird Wochenende diesmal wahrscheinlich wieder fortsein.

Furchtbarer Morgen auf der Stadtbahn und im Büro. Wahrscheinlich krank.

Do

mittags rief ich Briggi an:

Ich möchte dir nur sagen, ich bereue keinen Moment, dass ich existiere.

"Das freut mich, Andreas!"

Es ist nämlich so schön, dass ich dich lieb'.

"..... was soll ich dir sagen .... wie geht's dir sonst ...?" Das Protokoll läuft so weiter.

"Führst du wieder eines?"

Ich mein das ungeschriebene, das läuft so ...

Aufstehen, dann einen Tag in Gedanken irgen s d wo, und wieder niederlegen.

"Ich hab gedacht, du hast es vielleicht schon überwunden."

Das geht leider nicht ... soll ich sagen "leider" -?

"Ich versteh dich ganz genau ..."

... Und ich bin so froh, dass du es bist.

"Ja ...."

....

"Servus, Andreas."

Grüss dich, Briggi.

Ich bin unsagbar glücklich.

Nachmittag aufgefrischt.

Abends heisser Wein.

"Krank" vormittags. (Bürofrei) Liege im Bett, kaum diesseitig. take a seat with a grain of salt
Fassunglos vor Oberfläche ringsum (wenn ich auch verallgemeiner -) Die Zeitschriften glänzen vo n schlecht gelebten Gedichten Für h H öchste Gefühle giltig, offizinell.
Fr 16 11 51
Nun hat sich Landschaft zugedeckt. Liege Habe eigentlich alles von der Welt gesehn Verschwinde noch nicht (aus irgendwelcher Trägheit).

Eisenreich, den ich letzte W Tage näher-beschwor, erreichte mich krank auf einem Prospekt in einem Novellentitel. Erhielt (also) "Einladung, deutlich zu leben".

16 11 51 Fr

Gegen Nachmittag auf. Ins Büro, dort war ich unnötig und konnte heim (der Doktor Lindner war in Wels), verabschiedete mich und darf auch morgen zuhaus bleiben.

Elender Nachmittag, vier Uhr niedergelegt.Katze sehr lieb, tröstet immer.

Gespräche. "Wartezimmer". Schlief, träumte die Nacht von Briggi.

Sa 17 11 51

Nächstentags zeitiger auf, Briggi zu erreichen versucht. Sie ist tatsächlich wieder verreist.

Setzte mich über die "publikationen" nr. 4.

Ich bekam einen Karte zu einerLesung von Klinger in der Urania, soll ihm die Freude machen und hingehn, und sie in den "Neuen Wegen" besprechen.

Was die Leute von meinem Einfluß glauben -.

Gegen nachmittag wurde die Katze toll, nach einem sehr müden Morgen und nach dem Genuß von Leber aus St. Marx, die wir von Frl. Huber bekommen hatten.

(an Briggi) 17 Okt 51

Hatte krankheithalber Freitag und Samstag frei. Lag mehr jenseits als hiesig im Bett. Samstag Vormittag versuchte ich Dich zu erreichen.

("... Wo warst du unterdessen weit und wichtig aus? ...")

Geliebte. Geliebte.

Sa 17 Nov 51

Kein und Artmann besuchten mich. (Unerwartet.)

Große Besprechung. Austritt aus den "Neuen Wegen". Gründung de r s literarischen Art Clubs.

Kerngruppe Kein, Artmann, ich. Mitarbeit Riemerschmieds.

(Mit diesem - roten - Kugelschreiber die Loslösung vollzogen.

Seltsame Notiz.)

Ich bin den Freunden für diesen Nachmittag dankbar.

So 18 11 51

Verregneter.

Wußte, daß ich auf nichts zu warten hatte.

Es kam indes Polakovics. Ich verständigte ihn von den gestrigen Entschlüssen, was er hinnahm. Versicherte, daß wir, jetzt ungetrübter, Freunde bleiben.

Er las mir von Maja vor, ich zeigte ihm letzte Gedichte. (Auch das heutige.) Er, genug hell h örig, schon "zwei Monate".

Maja, erzählt er, hat Katzen gern.

So 18 11 51 Nachmittag

Gab das Weiterschreiben wieder auf.

Hörte aufmerksam Radio. (Nichts Überflüssiges notieren.) Schlager 1924.

... und Briggi in den Armen halten, bewußt, von ihr aufgenommen sein, und nichts nachher. (Oder, wie früher gewünscht, die schönen Morgen -.)

Ich bin nichtsdestoweniger bereit zuzugestehn, ja ich zwinge das eigentlich auf, daß, was auch mir unmöglich sein sollte, jedem einzelnen anderen gelingen kann. Glaube nämlich nicht an ein negatives Gesetz.

Würde jedem raten, so zu beginnen, zu lieben.

Nicht bloß "wertvoller" A a llein verbrac h ter Augenblicke willen, sondern der Möglichkeit zulieb, so zu einen andern jemand so zu finden, aus aller Relativität heraus, beglückend.

Wie die Redensart "auf des Messers Schneide" sagt - - I st es ein Verbrechen, bei jemand aussichtslos zu bleiben und vielleicht wen "Richtigen" so um sein Glück zu bringen? Hat man die Pflicht, Liebe so hin zu lenken; wenn sie nicht grenzenlos wirken und umwandeln kann, sie zurück- ein- ziehen?

Tagebuch

So 18 11 51

bis

Sa 24 11 51

So

Abend wieder glücklich (unabhängig vom getrunke-nen Wein).

Briggi als Geliebte wäre das Schönste das mir geschehen könnte.

Mo

früh kam überraschend Tante. Vernebelter Morgen. Mißglücktes Treffen mit Briggi heute früh.

Erster Tag wieder im Büro. Etwas fremd, sehr leer.

Die ganzen Art Club Pläne sind mir jetzt grau ...

Erst aus der "Welt am Montag" muß ich erfahren, daß Hertha Kräftner gestorben ist.

Sitze nun also wieder hier im Büro, nicht lebendiger als vor der Krankheit.

Vormittag sehr große Sehnsucht nach Briggi gelitten.

Unsere Firma ist dem Landesgericht angezeigt.

Daheim froh, daß ich daheim war.

Getrunken, auch Schnaps. Die Katze war sehr lieb. Verbrachte den Abend mit schönen Gedanken an Briggi, den Traum mit ihr.

Di

Gestern kam Post: ein neuer Abonnent, ein Heft zurück, Ein-ladung zum Kreis-Abend.

Heute früh versuchte ich früh nicht, Briggi zu treffen.

Klarer Tag, erträglicherin der Stimmung.

Lebhaft im Büro gearbeitet.

Freute mich aufs Tagebuch-führen.

Die teilweise Aussprache zuhaus erleichterte mir meine Lage sehr.

Ich denke immer, Briggi und ich können der endlichen Vereinigung nicht entgehen.

Mittag, überraschend, rief Briggi an.

Auch sie sagte: Wie soll das weitergehen?

Was für einen Nach-mittag verbracht? Abend den Brief überbracht.

Mi

(Die Katze ist sehr lieb.)

Wieder grau, neblig; früh als wenn Nacht draußen wäre.

Ging nicht zur Haltestelle, Briggi aber fuhr mit meiner Straßen-bahn. Sie lief x auf dem J.-Platz gleich in den 46-er, wir sahen uns aber und lächelten uns zu.

Gearbeitet,.

Mittags ging ich erstmals spazieren, lehnte an den Pfeilern im Stadtpark, fühlte mich neutraler als je in Währing hinter den Instituten.

Frühlinghaft, nur ein bischen bißchen härter und dunstig.

Traf überraschend, als ich das Papier (3000 Blatt) für Herrn Wittmann im "Kreis"abgegeben hatte und ein Kaffeehaus für die Zeit bis acht aufsuchen wollte, Bauer vom Büro, der auch noch in diesen Straßen ging.

Ich begleitete ihn zu dem seinem mir bisher fremden Freund Wanko, der mit ihm in Korsika gewesen war, und mußte mir das Gesicht vermummen (mit meinem Rucksack), um den zu schrecken, und ließ mir dann Diapositive aus Korsikaund (u.a.) dem Waldviertel vorführen.

Waldviertler Gras, Himmel, Wald, viel ansprechender als die gesehenen korsischen Landschaften. Mehrmals wollte ich mich im Gras niederlassen (endlich ausruhen; ohne Gedanken an S s ie, mit ihr).

Dann wieder durch die Gablenzgasse gelaufen.

Zur Lesung Wiesflecker, Maschke und eines Malers erschien von unsern Leuten nur Kein.

(20 Uhr. Ungelüfteter Raum. Visavis lag ein orangerot erleuchtetes Atelier. Luft draußen roch nach Nebel.)

"Hufnagel" hinterließ einen Eindruck, die Notizen des Malers fand ich nicht flach wie sonstmeist Aphorismen. Wiesflecker der unfertigste.

Mit Kein spät heim. (Im Regen.) Sendetürme Steinhof haben nun je vier Lichter; drei davon schwingen. Man siehtes an vielen Stellen der Stadt.

In den 47-er kam elf Uhr noch Briggi. Zu seltsamsten Tageszeiten sehen wir uns immer. Sie war in einem Konzert gewesen; am Ende der Fahrt, ehe sie rasch absprang, sagte sie, sie hat an mich gedacht.

Do früh.

Der Regen hält an.

Brigitte Kahr (- die andereBrigitte -) hat mir gestern ein Bändchen ihrer Erzählungen geschickt. Las heute darin und fand "Ivo-Maria" wieder (vor Jahren gelesen, ohne zu wissen von wem).

Heute abend also kommt vielleicht Briggi zu mir.

Lebte in aufgefrischter Freude.

Den Nachmittag nichts getan, viel g e hört, was damit?

Abends kam Briggi nicht. -

Fr

Nächstentags hatte Briggi schon um 1/2 9 im Büro angerufen (bevor ich dawar da war ).

Ich rief zurück.

Briggi ist konnte gestern den Abend nicht kommen, "sie ist den ganzen Tag nicht aus dem Haus gegangen".

Sie wird mich mittags anrufen.

Briggi war gestern krank. Dieses Wochenende bleibt sie in Wien undwird zu mir heraufkommen.

Ich habe den Sonntag wieder wie letztes Mal organisiert.

Sa:

Reinhard Federmann schreibt gute Prosa.

Die Katze ist nicht ganz gesund.

Regen hat aufgehört. Klares, etwas kälteres Wetter. (Ich hatte gestern die Klinger-Lesung vernachlässigt.)

Ich träumte von der Vereinigung mit Briggi. Die schönste Nacht hielt an bis zum Aufwachen morgens.

Es trübte wieder ein. Langweiliger Abschluß im Büro mittags.

Ich erinnere mich an Zeichnungen von Kurt Steinwendner, die ich gesehen habe bei Polakovics an einem Abend als er in der Reinlgasse zu Besuch war. Was war das in sei-nem Leben übrigens?

Mehreres hat sich aufgehört; ich versuchte zu zeichnen und brachte nichts zuweg.

Mache fade Notizen und denke wenig dabei /ziemlich nach Wortsalat-Methode aufgeschrieben, was gerade einfällt/, möchte in Wirklichkeit nichts als mit Briggi verströmen.

Wohltuende Deklaration.

/Aufzeichnungen 24 Nov 51 Samstag/
25 Nov 51

Sonntag Briggi

26 11 51

Gleichviel ob man das erfahrene Unglück die zuletzt unglückliche Erfahrung bereut (ein bischen bißchen undankbar) oder gut hinnimmt, (des früheren Glücks und de r s Wer k ts für die Persönlichkeit halber) wäre es nicht natürlich, von die alte Glück-Sehnsucht zu begraben verleugnen.

Von der Formung durchs Leid ist alles ein schönes Reden, solang der eigene Leib wehtut. Aber den Andern verlieren -dieses Leid ist zu lohnt sich sich nicht; D d enn die Gemeinsamkeit ist ewig wichtiger als der Charakter.

Ein Gedicht - dafür genügt das Ahnen und eine Strohpuppe, die anregt. Die Entwicklung - dafür müssen schon Kopfschmerzen ertragen werden und Illusionen harte Lager allein.

Daß D d ie Nichtmehr-Liebe nicht ver nicht

Auf den Zum Verlust eines Anderen kann ich bis heute nicht anders als hilflos planlos reagieren.

Mo 26 11 51:

Ich bin glücklich, Geliebte, (für die ich das aufschreibe), daß du mich nicht um eine Erfahrung reicher gemacht hast (wie man also mit Leuten umzugehn habe), oder um eine Erkenntnis (was man künftig nicht mehr zu suchen habe), sondern um Erleben. Um dich.

Mo:

Nm. früher bürofrei. Zu Artmann gefahren. "publ."-Planung.

Zur Zusammenkunft im "Kreis" umsonst. Niemand dort.

Sehr einsam nachhaus. Heute abend wurde ich im Kosmos-Theater gelesen.

(Hatte im Büro Humor verbreitet.)

Ich bin glücklich, daß mir nie der kleinste Gedanke gegen Briggi gekommen ist.

Sie ist mir einzig lieb.

whittemore z

Innen weißes Kreuz mit gleichlangen Balken

lindpapier wien

unser fs nr 52 vom 28. november 1951

betrifft:8

+x

tw amt wien 2

lindpapier wien

bitte warum wurde das gespraech mit zueroch fs nr. 52272 unterbrochen

fernpl. wien1

lindpapier wien

bitte hier fs 1423 wir schrieben mit zuerich, 52272, und wurden nach den ersten paar worten unterbochen koennen wir nochmals verbunden werden? +++ mom

n das war ja schon um 11.05 uhrwarum kamen sie da nicht gleich????

wir meinen das gespraech, das zuerich anmedete

das gescheiht nicht bei unswenn zuerichsie will muessen sie warten bis sie wieder angeschrieben werden ansonsten muessen sie bezzhalenbezahlen ++ wollen sie das?????

Innen weißes Kreuz mit gleichlangen Balken
vr

i

bbtdks nein aws zzzz

es wird sie zuerich sicher wieder rufen wenn ersein schreiben nicht benden konntealsoaw ++.

Di

abends getrunken.

Mi

erstmals Briggi wieder gesehen auf der Strassenbahn. Belangloses Gespräch.

Im Büro erster Tag mit dem Fernschreiber. Dadurch verwirrter Vormittag.

Letzte Tage kühleres Wetter.

Korrespondenzen.

Vergnügen mit dem Fernschreiber. Dr. Lindner hat kindische Freude daran.

Die Herren beim Fussbal d l änderkampf Oesterreich:England.

Do
Wenn man alles reizlos und schal glaubt, wenn einem nicht Eliot hilft und nicht das innere Bild von Paris - in einem Moment erfrischen einen doch wieder Dinge wie: ein Krähenflug.

Früh Briggi getroffen; ich war aber mit Frau Knitschke in der Strassenbahn, sodass ich Briggi nicht sprach.

I remember villages ... slovenské chaty ...

Landschaft Huttengasse.

Telephonat Wiesflecker. Matejka will mich kennenlernen.29 11 51

Fr

Gestern Abend gutes Essen /Namenstag .../

Kalter Regenfall, Schneeregen.

Briggi nicht gesehen ...

Mein erstes Fernschreiben mit Zürich.

Sonst hässliche Atmosphäre vm. im Büro.

Mittags: kaum anders als im Nichts.

Wie es zur Verhaftung Krissmanns kam:

Krissmann wollte als Aussenstellenleiter nach Südamerika gehen.

Nur unter der Bedingung, dass /Frl./ Tomicic mitgeht.

Seine Frau ging daraufhin zu Bobbies, dem Chef der AHK,

Forts. Fr 30 11 51

Der liess Krissmann verhaften.

Jetzt sitzt Bobbies selbst.

Frau Krissmann und Tomicic bemühen sich jetzt gemeinsam, Krissmann wieder herauszubekommen.

Nm.: Den trüben Tag wieder im Büro verbracht.

Nicht in mir, nicht im Büro aufgegangen. Wo war ich?

November war mein glücklichster und unglück s l ichster Monat.