Tagebuch von Andreas Okopenko, 01.06.1950-30.06.1950 - Digitale Edition Okopenko Andreas TezarekLaura HerberthArno HebenstreitDesiree EnglerthHolger Digitalisierung TezarekLaura Transkription HerberthArno Formale Codierung HerberthArno Semantische Codierung HerberthArno HebenstreitDesiree Stellenkommentar HerberthArno Korrektur HebenstreitDesiree EnglerthHolger Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung FWF P 28344 Einzelprojekte InnerhoferRoland Version 2.0 Austrian National Library
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o:oko.tb-19500601-19500630
Vienna Austrian National Library Literary Archive 399/W150/5 AC14414023 Z148513002 Papier 48 Blatt Tagebuch in Form loser Blätter Von Andreas Okopenko mit Schreibmaschine geschriebener Text. Von Andreas Okopenko mit der Hand geschriebener Text. Von Niki Mader mit Schreibmaschine geschriebener Text. Von Niki Mader mit der Hand geschriebener Text. Von unbekannter Hand handschriftlich geschriebener Text. Vorgedruckter Text unbekannter Hand.

tagebuch neu

Juni 1950

Do 1 6 50:

Trüb. Gali. Essigester getrocknet.

Red. NW: eingereicht, herauserbeten und "Ergo sum" korrigiert.

Weiter im Institut gearbeitet.

Zeitig heim. Hier noch Rilke frühe Gedichte gelesen, geplaudert. Selbst nichts geschrieben. Abends noch eine Satire.

Recht kühl für einen Junitag.

Fr 2 6 5 / 0 :

Heute früh noch Wetter wie die letzten Tage. Früh unangenehm: Kriegsangst.

Kuffner. Acetessigester hergestellt.

Ich kam achtzehn Uhr heim. Mama war mit Fini fort.

Sa 3 6 50:

Etwas später auf. Bei heissem Wetter um Pobischs Schuhe auf die Linzerstrasse mit Mama gegangen.

Nun ist richtiges Juniwetter.

"Alt Wiener Erinnerungen", ein Hinrichtungsgedicht, geschrieben.

Nachmittag kam Tante.

Ich fasste das "phil. Material" der letzten Zeit wieder zu einem Bilderbogen zusammen. Angenehme Stimmung.

Abends fand in Steinhof wo ein Fest statt. "Junifest" geschrieben. Lange noch zum Fenster hinausgesehen.

So 4 6 50:

Strahlender blauer Junitag!

Mittags kam Polakovics. Ich ging zu ihm hinüber. Er erzählte mir von verschiedenen Ablehnungen bei den "Neuen Wegen". Nadine Paunovics Paunovic hat sich über mein "Gedicht in Prosa" beschwert. Eisenreich kam zu mir wegen seines Artikels "Kritik und Selbst-kritik" unserer Lesung. Nach der Arbeit las ich ihm einige Sachen vor.

Abends Gedanken, wohin weiter ...

Mo 5 6 50:

Uninteressante W.a.M. Kuffner. Zu Weissenborn gegangen: er las ich las geschimpft über eine Art von Jungmädchenbüchern.

Apparate von Weiser geholt.

Essigester abdestilliert. Ich kann nicht weiter-arbeiten /Manometerflasche/.

Heimgefahren. Heisser Tag. Fini war da.

Edithgedicht /Reise .../ I. Teil gemacht.

Angenehmer Tag.

8 6 50

Ein unangeregter Zustand. Aus dem "Vorrat" schreibt man, wenn man Lust zum Schreiben überhaupt hat, irgend etwas nieder. Man bemüht sich womöglich, mittels bewährter f " Reizvorstellungen" /zu Aerger, Freude, Begehren od. dgl./ Gefühlchen hervorzukitzeln, um ja doch noch etwas verfasst zu haben, namentlich wenn die äussere Gelegenheit günstig ist /ein freier Tag o.ä./. Freilich treffen immer wieder Stimmungen ein, die wirklich zum Schreiben berechtigten, allein: schon während der Formulierung vergehen sie, man wird im nächsten Augenblick schon zum Unbeteiligten. Das sind diese fruchtlosen Perioden.

Und man erkennt, dass man so viel und so tief schreiben könnte, wenn die innere Sperrung nicht wäre, und so versucht man. Zu versuchen ist gut, und zumindest fällt der Vorwurf der Unaufrichtig-keit, in ungeeigneter Stimmung etwas schreiben zu wollen, so fort.

Man fühl t sich verpflichtet, zu schreiben, die Grundstimmung in sich, die nie tot ist, auszudrücken. Die Grundstimmun f g ist nie tot, das sieht man an jeder Reaktion. Nur wenn das Reizbringende fehlt, gibt es keine Reaktion, und das Latente kann manchmal auch ohne den Erfolg: , zum Ausdruck zu finden, bleiben.

Damit ich mir die Stimmung vertreibe, i n der nichts geschieht, schreibe ich sinnlose Wörter und Sätze hin, ohne damit zu bezwecken, ein surreales W e rk etwa zu schaffen. Denn dazu ist die Stimmung, jene besser gesagt Stimmungslosigkeit nicht geeignet, in der ich bestenfalls Aerger, aber auch nur einen um sich selbst kreisenden und keinen Aerger auf ein Ob k j ekt, empfinde. Ich weiss noch immer nicht, was ich schreiben soll.

Ich weiss nur, ich wäre fähig, vieles auszudrücken. Aber momentan ist die Stimmung, wie gesagt, nicht danach.

Aschantinüsse unsinniger Zeitvertreib m , obwohl die Zeit nicht vertrie i b en, sondern genützt werden müsste. Sind doch die vier freien Tage, auf die ich m ich so gefreut habe, nicht zum Vertandeln da. Auch ich bin vielleicht zu schade um dahinzudämmern wie einer, der nichts zu sagen hat. Man würde sich grenzenlos wundern, wenn man mich so vorfände! Wenn ich seichte Produkte anderer lese, zum Beispiel, finde ich mich weiter als den betreffen-den Autor. Aber ich bin jetzt nicht imstande, zu reagieren.

An so einem Tag erscheint einem auch alles Draussige, und sei es Schönes, inhomogen, zerflatternd, als wäre es - nicht visuell, nur symbolisch gesprochen - grau oder wie. An anderen Tagen hingegen liegt man in der Welt drinnen wie in einem Bad, tief, als wäre man selbst "blau" durchtränkt. Dabei habe ich keine negative Stimmung heute, keine schlechte, sondern: überhaupt keine. Wenn, so - wie bereits gesagt - ä rgerliche, aber auch dies nur sekundär, der Aerger ist nicht gefährlich, nicht fruchtbar und nicht produktiv, es ist nur der Aerger über die Leerheit und Unbeteiligtheit, und wenn der verfliegt, was sehr schnell geschieht, bleibt überhaupt kein Affekt zurück. Es ist dies ein Zustand ohne jede Gemütsbewegung.

II. 8 6 50
Di 6 6 50:

Frei gemacht.

Später auf. Spaziergang mit Mama: Auhof.

Heiss. Strahlende Junisonne.

Zu Artmann gegangen. E r erzählte von Möstl usw. Experimente dort getrieben /Zeichnungen, Wortsalat/. Ueber Langeweile interessant gesprochen.

NW. 2 demokr. Schriftsteller dort, luden uns ein. Besprechungen, dann privat die Zeit vertrieben. Kein war unzufrieden, mit ihm lange noch danach spaziert und diskutiert. Hauer auch wieder da.

Mi 7 6 50:

Früh nichts Wesentliches.

Institut. Um Chemikalien eingereicht.

Diphensäure gemacht. Sehr angenehm.

Abends kam die Kohle.

Do 8 6 50: /Feiertag/

Bemühte mich um Gedichte, um die Freizeit auszufüllen ...

Schrieb bis vor Abend viel Nörgelndes /"Pädagogik ..." .../

A n b ends schrieb ich in die Maschine das "Elegische Protokoll".

Fr 9 6 50:

Rektortag, frei.

Vormittag Linzerstrasse.

Schönwetter, juniheiss.

Sehr angenehme Stimmung!

Aus der PHG von Tante das Papier abgeholt.

Nettes Mädchen auf dem Hinweg im Zehner gesehen. Zu Artmann gegangen. Gewitter war. Versuche mit "biblischen" Zeichnungen. Meine Sachen gefielen. René Altmann kam hin.

Daheim Schnitzel.

Im "Plan" Interessantes gel e sen: Erich Fried, surr. Lyrik ...

Sa 10 6 50:

Schönwetter, schwül.

Vormittags wieder nichts Wesentliches geschrieben. Den Tag an den "Plan" u.a. verstreut.

Nach Mittag schrieb ich die "Grüne Melodie".

Gewitter, dann kühlte es ab.

Ein Gewittergedicht geschrieben.

Ein Gedicht "Der Sechzehnjährige" verpatzt.

WB kam. Er erzählte von der Klassenzusammenkunft. Pribik ist bereits verlobt.

Gute Totoergebnisse bisher für uns.

Fenster geschaut noch.

So 11 6 50:

Es begann wieder mit Schönwetter, erst etwas kühler noch, dann heisser Junitag.

Etwas später auf. Zu Pol. gefahren. Er war bei Frau Fischer. Spaziergang mit metaphysischer Diskussion. Wenig angenehm.

Ausflugwetter!

Zu Polakovics gefahren wieder. Verschiedenes gelesen, durchbesprochen, über die Hokku-Sucht ...

Meine Gedichte gefielen ihm zumist zumeist.

Abends schrieb ich zuhause noch ein kurzes Gedicht.

Mo 12 6 50:

Welt am Montag, "gegen die Verlobung". /Diskussion./ Früh zu Kuffner. Probe 6 weiter.

Nachmittags Probe 7 begonnen. Etwas zeitiger heim.

Di 13 6 50:

Zeitig auf. Gali. Probe 7 Wasserdampfdestillat u i on. Probe 6 nur mehr FP.

Nm. Probe 6 abgegeben. Zu Artmann.

NW W w ieder interessanter. Erst 21,30 heim.

Mi 14 6 50:

Aeusserst schwül.

Ins Institut gefahren. Bilek Schimpf. Probe 7 gemacht.

Nm. 6,7 abgegeben. Im oberen Labor geplaudert. Weissenborn besucht. Eisenreich besucht.

Verband demokr. Schriftsteller im Café Parkring.

Tagesordnung. Wir lasen Gedichte vor.

Um 23,30 heimgekommen.

/H. Schreiber gratulierte mir, wie Eisenreich sagte, zum "Eleg. Protokoll"./

Do 15 6 50:

Zeitig auf. Schwüles Juniwetter. Gali. Miesere Stimmg. 6,7 wurden bestätigt. 8 begonnen. Verpatzt?

15 Uhr schon heimgekommen. Antwortbrief an Mader geschrieben /ich lehnte seine Einladung ab, wie einstmals die Nestroy-Couplets zu aktualisieren/. Artmann brachte "rezensier"-Arbeit. Ich begann gleich mit dieser. Angenehmer Abend. Bernklau. Gusti abge-fahren.

Fr 16 6 50:

Rez., Kuff., 8. noch einmal gemacht.

Daheim zu Ende rez.

Unruhige Nacht.

Sa 17 6 50:

Vormittags "Melek" geschrieben.

Nachm. Charakteristika geschrieben. Auf das Treffen gewartet. 15,30 bei Frl. Hauer Hietzinger Kai 199.

Art, Ke, Ok, Pol. Sehr angenehm dort. Vorher während des Wartens humor. Ideen. /Pik-As/ ...

Zwei Gedichte von mir kommen in die September-nummer, die wir zusammenstellten.

Sehr angenehm geplaudert. Abends erregend.

So 18 6 50:

Heute kommt niemand von meinen Freunden.

Dr. Grinse-Gedichte geschrieben.

Nachmittag kamen die Tante und Paul.

Am "Vithu"-Gedicht geschrieben.

Mo 19 6 50:

Interessante W. A a .M.

Kuff. Mit Probe 8 beschäftigt. Abends abgegeben. Mama war das erste Mal bei Fini Pobisch.

Di 20 6 50:

Ich machte mir frei. Mit Mama Wientalstrasse spazieren gegangen.

Schwüler, heisser Junitag! "Vithu" geschrieben. Brief an Mader aufgegeben. Artikel für die "W.a.M." geschrieben.

Zu Artmann gefahren.

NW, äusserst interessant. Strobachs Forderung der "Stille". Grosse Pläne /Freilichtlesungen .../. 45.-- eingenommen.

Mi 21 6 50:

Vm. NW gelesen. Endlich Vakuumdestillation gemacht.

Nm. Präparat 9 begonnen.

Ueberraschend war Tante daheim bei uns, als ich heimkam. Wein, Westermaier, gemütlicher Abend.

Ich schrieb den Antwortbrief an die Redaktion wegen Paunovics Paunovic , auf den ich mich gefreut hatte. Gegen Abend wu d r de es windig und schwarz.

Nachts reg ne te es.

Do 22 6 50:

Sommer ist es geworden.

Gali. Probe 9 weitergemacht.

16 Uhr: Eisenreich war nicht zu Hause. Heimgefahren.

Fr 23 6 50:

Kuffner. Probe 9 fertig. Zu Eisenreich.

Dort gelesen. Ueber Sexualproblem gesprochen ... Ueber unsere Literatur ... Sehr angeregt.

Schwüle Tage. Für kurze Zeit regnete es.

Wien, 14. 7 6 .50

Lieber Ok u s

express, erhalten 14 6 50

Ich haette wieder einmal eine Bitte an dich! Wir spielen am ersten Juli wieder einmal Theater in Wien XIII, Wittegasse und zwar wieder die Eisenbahnheiraten: Nun das waere ja nicht gerade so in-teressant. Aber: wir wollten mit diesem Stueck in die Laienspiel-Konkurrenz von ganz Österreich, sie findet bei den Kultur und Sport-wochen in Waidhofen/Ybbs vom 13.-20. A ugust statt. Zu diesem Anlass h aben haben wir alles Moegliche aufgeboten um in Ehre zu bestehen.

Da nun Deine Couplets ein wesentlicher Anteil am Erfolg waren, und wir bei dieser internationalen Konkurrenz mehr denn j e wirklich Gutes bieten wollen, moechte ich Dich bitten, ob Du nicht wieder Pegasus besteigen willst und uns, ich weiss ja dass es nicht einfach ist zuliebe wieder ein paar zuegige Couplets in Deiner einmaligen Art gebaeren wuerdest : . Es ist ja auch einmal wieder Gelegenheit vor die breit z e ste Oeffentlichkeit zu treten, da neben anderen Groessen der Regierung unser Herr Unterrichtsminister persoenlich anwesend sein wird! Wir sind schon auf Begutachtung von Prf. Studeny, der bei dieser Sache ein gewichtiges Wort mitzureden hat, in die engere Wahl der konkurrenzfaehigen Abendvorstellungen, die im Waidhofner Landestheater stattfinden, eingeteilt worden. Also lieber Okus, gehe nicht nur "Neue Wege", beschreite auch wieder einmal die Alten und lass zumindest bald etwas von Dir hoeren: Die Wiener Aufführung soll also eine Art Generalprobe sein und ich wuerde Dich bitten mir wirklich umgehendst mitzuteilen, wie die Angelegenheit beurteilt wird:

Anbei sende ich Dir je eine Strophe der Originalcouplets, die Du ja schon zur ersten Auffuehrung aktualisiert hast. Dazu noch e inige Anregungen ueber s S to o f f zur Aktualisation:

Okus, bitte lass mich nicht im Stich! Herzlich, Dein Niki

20 6 50 abgelehnt. "Dazu gehört heute wenig Mut (polit. Witzeleien, gegen mod. Kunst), man soll Nestroy-Texte belassen. ...."
Couplet I ERBITTE ANTWORT BIS SPAETESTENS 24. JUNI Die Lieb diese Blume vom Himmel gestohln, An der sich die Sterblichen sattriechen solln, ist das Herrlichste drum sich der Fall oft ergiebt, Dass mit Teuxelsgewalt, jeder Juengling verliebt. Doch sein Einkommen ist nur von heut bis auf Morgn Und die Eltern die reiten herum am Versorgen. S'kommt a Bengel daher, den zwar s Madel net mag, Er hat aber fuf'zig Guldn z'verzehr'n alle Tag. "Ha das ist a Glueck" schreit Papa und Mama, Der Liebende kriegt den Wurf auf ja und Na. Selbst der Pan schlaegt ihm fe j h l, wie er sich erschiessen hat wolln Der Buechsenmacher gibt ihm auf Puff ka Pistoln - Lasst s mi aus mit der Welt, Es ist nix ohne Gel g d : .
Couplet II In dem Haus war a Tafel, vergangene Wochen, Es hat delizioes d ganze Nachbarschaft grochen, Soga e r an die Wochentag gab es Soir e e, Erst neulich war Ball und noch gestern war Tee Und heute Habns Krida, werdn pfaendt, des Kreuz, Der Herr is net z finden, s heisst er is in der Schweiz. Trotz Extrapost holt ihn w k ein Glaeubiger ein: :' es muss da a heimliche Eisenbahn sein ':

Die Zuhoerer werden hauptsächlich aus dem Volksparteilichen Lager stammen, daher empfiehlt es sich die Texte danach einzurichten.

Themen waeren angezeigt wie: die Friedensaktion, die teuren Preise der Bundesbahn (in Verbindung mit dem 2 . Refrain), Zum ersten Refrain die te i u ren Preise der Kinos und Theater. Die Atombombe. Die kubistischen Ausstellungen. Ferner haette ich fuers zweite couplet eine Strophe eigener Werkstatt, die ich Dir zur Begutachtung und gegebenenfalls zur Verbesserung vorlegen moechte.

Die Zeiten vergehen die Jahre verfliegen In die Gschaefte tut man heute alles schon kriegn So aendert sich manches, nur manches bleibt gleich Zum Beispiel die Besatzung von Oesterreich. Vor 3 Jahren habn wir dieses Stueck schon gebracht Und wie damals heute, so hat man auch damals gelacht. Und wie vor Drei Ja h ren sing i heut den Refrain Fuern Staatsvertrag wird hoechste Eisenbahn sein.

Ferner sende ich Dir die Strophen von damals, die wirklich wunderbar waren nur heute leider an aktueller Wirkung verloren haben. Ferner ein altes Programm mit neuer Besetzung.

Noch ein Thema (zum II.: Das Verschwinden führender Persönlichkeiten durch "a heimliche Eisenbahn"!)
28 6 50

Ich bin gänzlich ausgeleert, habe mich verausgabt. Artmannsch, fantasmagorisch, gregueresk. Das soll nicht weitergehen, und ich werde beginnen wohinzufinden. Ich muß mich aussprechen. Ich habe keine Krise zu befürchten. Mein Potentielles sehe ich in jeder Diskussion, in jedem Fluidumgedicht, in jedem Fluidum das ich mitmache überhaupt.

Jirgal fernbleiben, jener Gefahr

Sa 24 6 50:

Ausgeruht und mich gesammelt.

Ordnungen gemacht.

"Impression der Regentage" zu ändern versucht. Ich blieb Nachmittag daheim.

WB kam. Er hat mit "Susi" v V erbindung aufgenommen.

So 25 6 50:

Zu Polakovics gefahren. Mein N.P.-Brief gefiel. Ich nahm Gedichte aus den "NW" heraus. Ueber Strobach geredet. Polakovics' Pädagogik-Prüfung steht bevor. Die ist sehr dumm aufgezäunt. Zu Artmann gegangen. Er wurde von einer Bekannten belagert, darum sass x e n wir hinter verhängten Türen und Fenstern.

Daheim Wa d s te land I. übersetzt.

Abends versuchte ich etwas zu schreiben.

Sonderbares Experiment: Das Reh.

Mo 26 6 50:

Krieg in Asien /Korea/.

Letztmals Kuffner. Platz übergeben, auch schon gezahlt.

Nm. Weissenborn aufgesucht. Schwül. Auf die Ferien gefreut.

Di 27 6 50:

Letzte Galivorlesung. Liquidation.

Nach einem schwülen Morgen trübt es ein.

Heimgekommen. Kellerartikel. Zu Artmann gefahren. Bei ihm wurde gepfändet. Helene Diem verbreitete Gerüchte über ihn.

NW. Paunovics Paunovic -Brief übergeben. Wir gelten, hört man, als "Schmutz und Schund".

Massnahmen überdacht und geblödelt. Revoltiert.

Mi 28 6 50:

Semesterabschluss. Ich hatte nichts mehr auf der Uni zu tun.

USA greifen in den Koreakrieg ein.

Linzerstrasse.

Eliot zu übersetzen versucht.

In Kipling gelesen. Polakovics kam. Setzten gemeinsam den Brief wegen der "Nachtwache" auf. Ueber die Verpicktheit von Artmann, Altmann, Weissenborn gesprochen. /Vom "Reh" ausgehend./ Abends versuchte ich zu schreiben, am Fenster beobachtend.

Do 29 6 50:

Ferienbeginn. Später auf.

England greift ein. US-Infanterie in Korea! Schwül, meist blauer Himmel. Savoyenstrasse, M. "Späten Juni" geschrieben. Sommerlich angezogen schon.

16 Uhr Eisenreich. Bei ihm war Frl. Perl.

Ueber den "Keller" u.a. geredet. Netter Eindruck.

Surr. Maler aufgesucht. Interessant über Surr. diskutiert. Der Ruf nach dem umfassenden Realismus.

Abends Idee "Reklameröhre".

Fr 30 6 50:

Heissester Tag seit 100 Jahren. 52 Grad in der Sonne, 37 im Schatten. Strahlend blau.

Gedichtet. Auf die Uni - Studienbuch geholt. Recht angenehm. Weiter gedichtet.

Es fand statt: Lesung einer Mädchenschule, gelesen wurden Gedichte von uns. /Ich ging nicht hin./

Ich weiss nicht, was von meinem Gedicht zu halten ist.

Zu Bernklau in den Garten. Ganz gemütlich.

Ich habe den Wunsch nach dem Mädchen.

Gefaltetes Blatt als Umschlag für die folgenden Notizzettel
4,5 g Hyoxamin HCl 6 g Anthranilsre. 3 g NaNO2 30 ccm Benzol 1 5 ccm Brom 20 g MnO2 11 g o-Toluidin 1/4 l Äther 20 g NaOH 7 g Phenol 15 g CHCl3 50 g NaHSO3

S 3920

26 6 50

Block:

Halbmikro,

25 g Cl-Essigsäure 20 g NaNO2 2 Pulverflaschen (Schraub) à 1.- 250(+250!) ccm Alkohol, denat. 3 g Kaliumcyanid 16 g Benzaldehyd 2 0 g n-Butylalkohol 28 g Na2Cr2O7 5 g n-Butylalkohol 15 g KBr 250 c cm Äther 15 g Na, (Benzol, Flasche) 30 ccm Eisessig 100 g CaCl2 100 ccm Essigester 16 g CuSO4

Ausgaben:

(Präp. Gatt.)(verlangte Mengen)

außerhalb Block: Ausgaben:(Präp. Gatt) Frakt Kolb 100 430 C l a Cl2-Rohr 150 3 Stoppeln -20 Gebühr 3.- 1/4 kg ger. Soda -30 100 g CaCl2 230 1 Drahtnetz m.Asbest 360 1 Stopfen -30 1 Gu. Stopfen -40 5 ccm Brom(=15 g) -50
rechteckiges Kästchen
2 Stöpsel -301670
Übergabe:

II. Chemisches Univ.-Laboratorium Währingerstraße 38 Wien IX/71

Vorstand: Prof. Dr. ERNST SPÄTH.

Herr Okopenko Andreas hat Geräte richtig übergeben. A 27.6.50

Nachtrag:Schaden .! Krist Schale 10 cm ∅ 680 Uhrglas 9 cm ∅ 128 Schlifflasche 250 ccm 2 - Schwein Rep. 180 2 Bogen Packpapier Fiedler 20 g Toluidin 250 1430

Ausgaben S. Sem. 1950 (Org. Prakt.)

auf Block 39,20 Kaution 28,- außerhalb 16,70 Schaden 11,80 Nachtrag 2,50 98,20
Rückseite des Notizzettels

228 Okopenko

1 Tropftrichter geb. 1 H-Kolonne

AOkopenko24. Mai 1950

24. Mai 1950

256Okopenko26.6.50

1 Anschütz f Rühren 1 Claisenkolb. 250 cm. 1 Tropftrichter geb. 2 Rundkolb. 50 ccm
4 unterschriftsartige Kürzel
2 5 Juni 1950 AOkopenko12. Juni 1950

276Okopenko

1 Kühlschweinchen 15 cm lg.

14.6.50

AOkopenko17.6.50

Chemikalienabrechnung des II. chemischen Universitätslaboratoriums in Wien; Kassaeingang über 39 Schilling 20 Groschen
Rückgabezettel für Arbeitstisch im chemischen Institut
Gefaltetes Blatt als Umschlag für die vorhergehenden Notizzettel Gefaltetes Blatt als Umschlag für die vorhergehenden Notizzettel