Konvolut "Neue Wege" 2 Okopenko Andreas TezarekLaura HerberthArno HebenstreitDesiree EnglerthHolger Transkription S.1-8, S.15-22 ScheibenpflugKerstin Transkription S.9-14, S.23-30 SchmidtLisa Formale Codierung S.1-8, S.15-22 ScheibenpflugKerstin Formale Codierung S.9-14, S.23-30 SchmidtLisa Korrektur der formalen Codierung S.1-8, S.15-22 TezarekLaura Korrektur der formalen Codierung S.9-14, S.23-30 TezarekLaura Semantische Codierung S.9-14, S.23-30 HebenstreitDesiree Semantische Codierung S.9-14, S.23-30 HerberthArno Version 2.0 Austrian National Library
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o:oko.sp-3
Vienna Austrian National Library Literary Archive Nachlass Andreas Okopenko 399/12, Sammlung "Neue Wege" Papier 15 Blatt Materialien zur Zeitschrift "Neue Wege", Briefe und Notizen in Form loser Einzelblätter Von Andreas Okopenko mit Schreibmaschine geschriebener Text. Von Andreas Okopenko mit der Hand geschriebener Text.

Zum Leistungsbericht des engeren Arbeits-kreises der "Neuen Wege"

/nach der Statistik v. Polakovics, 1.10.1950/

AOk 1 10 50
2

Drucktechnische Geschmacklosigkeiten wurden beseitigt /Pol/

Neues Titelblatt /Pol/

Nicht erreicht: Abhaltung von Diskussionsabenden, Selbstbestimmung der Prosabeiträge, Aufteilung der Lektorate, monatliche Lesungen, Ausstellungen.

Es wären ein lyrischer Arbeitskreis, der auch den bescheidenen Anteil an Prosa mit künstl. Prosa mitbehandelt, sowie ein Diskussionskreis für Dmündliche Diskussion und Sachprosa zu empfehlen. Der erste setzte sich aus dem abgeänderten engeren Arbeitskreis zusammen, wie ihn das Bild der letzten Sitzungen ergibt, der andere aus Stenzls vorgeschlagener Gruppe.

Plan eines Almanachs "Wege" /Eisenreich/ einer KJugendseite /Strobach/ der ständigen Spalte "Kritik und Selbst-kritik /Polakovics/

NVom Märzheft 1950 an unser Einfluss vor allem auf die Lyrik der "Neuen Wege".

Im Aprilheft wurde dieser Einfluss offiziell erwähnt, das Maiheft wurde von uns nicht mitbe-stimmt, hingegen wireder das Juni-, das September- und das Oktoberheft.

Märzheft-Besprechung beiOk:Al, Ar, Ke, Ok, PolAprilheftHauer:Ar, Ha, Ke, Ok, PolJuniheftHäuss.:Eis, PolSeptemberheftHauer:Ar, Ha, Ke, Ok, PolOktoberheftOk:Ar, Ha, Ke, Ok, Pol

/Lyrik:/

Neuentdeckungen: Randak; Diem, Freissler, JHauer; /Bauer, Hartner, Pilz, Maly/; Ferra, Perl; Hradek, Kräftner, Meissel, Tschugguel;

Ausfälle: Angst, Cap, Danneberg, Fink, Friedl, Galton, Gerstinger, Görlich, Hofbauer, Hronek, Jorda, Jungwirth, Kiefer, Kriesch, Leitner, Lorenz, Mauthe, ,Norell, Pfitzner, Pretmann, Ramharter, Rauch, Robert, Schwarzbauer, Stanek, Waissenberger, Walch, Wimmer

Maximum: Polakovics, Fritsch, Okopenko, Artmann .......

Alle Dienstage kamen wir im 13-er Zimmer zusammen.

Wir veranstalteten eine Lesung unter Einladung der Presse, die von uns hier erstmals Notiz nahm. Hans Weigel interessiert sich seither für uns, der Schriftstellerverband /Jugendsektion/, "Wort und Wahrheit", "Der Kreis"; die Veranstaltung selbst wurde in der "Presse", der "Wr. Zeitung", dem "Tagebuch", der "Arbeiterzeitung", der "Welt am Montag" kritisiert. "Welt am Montag" und "Arbeiterzeitung" nahmen ausserdem später noch einmal Notiz von unserer Zeitschrift. Desgl. "Furche".

Im Konzerthaus wurden bei einer Abschlussfeier dund Modeausstellung der Gewerbeschule Herbststrasse Gedichte von uns zum Vorttrag gebracht.

Der Surrealismus wurde von uns in die Zeitschrift eingeführt und hier diskutiert. (Alt, Art).

Themen "Film" sowie "Tradition und Fortschritt" sind von Polakovics befruchtet worden.

Wien 10 7 51

Lieber Friedrich Polakovics,

für heute nur kurz: ich schicke Ihnen den "Ordner" zurück, der jetzt alsle bis auf Fritsch passiert hat; der aber so eindeutig beurteilt wurde, daß ich glaube, wir können, was zurückzuschicken ist, auch ohne Fritschs Urteil diesmal zurückschicken.

Von Hildie Schinkos Beiträgen werden 2 zurückgeschickt, 2 haben gemischte Stimmen erhalten und bleiben (gesetzmäßig) im Ordner. Ich fragte sie aber an, ob sie selbst noch zu den zwei Gedichten steht; wenn nicht, werden wir ihr auch diese zwei zurückschicken.

Fünf Exemplare der "publ. nr. 2" habe ich wieder der Red. NW zugestellt. Sind mein Stimmzettel und die Korrespondenz zu publ. nr. 1 schon überbracht worden?

Ich habe diese Woche Brigitte Kahr kennengelernt und war hochangenehm überrascht von ihr. Ich habe mich mit ihr literarisch sogleich zerworfen, aber ihr gesagt, wie mir ihre Sachen gut gefallen, und auch sie findet Gefallen an unseren, und sie selbst schreibt nicht nur Feuilletons. Sie wird mir andere Sachen rüberschicken, und dann werden wir befreundet sein.

Mit besten Wünschen für Frau Traude und Sie

herzlich

Ihr

Andreas Ok

Sehr geehrte Redaktion!

Bezugnehmend auf den Brief der Frau Direktor Paunovics vom 25. Mai d. J., darin sie sich gegen mein in Nr. 55/5 der Zeitschrift "Neue Wege" abgedrucktes "Gedicht in Prosa" ausgesprochen hat, stelle ich fest:

Es ist unwahr, dass das genannte Gedicht eine leichtfertige Lebensauffassung und Gestaltung der Frauenpersönlichkeit zeichnet, wahr ist vielmehr, dass sowohl das herausgegriffene Gedicht als auch dessen Autor die leichtfertige Lebensauffassung und Gestaltung eines bestimmten Menschentyps zeichnen will, wie er von einem Zustand geprägt wird, in den heute das "Mädchen mit dem Lippenstift", morgen der Autor selbst versetzt sein kann, und vor dem man sich zu hüten hat wie vor einer Versuchung. Jener Zustand: die Veräusserlichung des Lebens, die zum Absterben der wahrhaften Gefühle führen muss, ist heute ein mächtiger Faktor, sodass ihn zu kritisieren keinem billigen Ankreiden von Schwächen und erst recht keinem Angriff gegen die von ihm befallenen Individuen gleichkommt.

Ich verwahre mich gegen den Vorwurf einer Herabsetzung "der Frauenpersönlichkeit" und verweise zu diesem Zweck auf folgende Stellen in meinen in den "Neuen Wegen" bereits veröffentlich-ten Arbeiten:

"Dem Rangkomplex ist die Verallgemeinerung negativer Urteile übers andere Geschlecht zuzuschreiben, die sich gerne als vermeintliche Erfahrung ausgibt, die aber keine Berechtigung hat. In der Tat bestehen keinerlei Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Wert. Ebenso gibt es keine Minderwertigkeit der weiblichen Geistigkeit und kein physiologisch bedingtes Unverständnis zwischen Mann und Frau. ... Schluss mit dem Kampf der Geschlechter!" /Biologisches Manifest in Nr. 41/11 der "Neuen Wege"./

"Das Mädchen spricht: Ich bin nichts als ein Mädchen unsrer Zeit ... ... Ich leide nicht an Minderwertigkeit ... ... hab in den Tod noch keinen Mann getrieben ... ... ich fühlte nie noch die Vernichtungsgier ... ... Auch in der Liebe: Ich halte mehr von Neigung als Erfahrung, auch habe ich mich keinem noch geschenkt für Zigaretten und ein Häufchen Nahrung ... ... In meinen Augen ist der Mann ..ein Mensch wie wir, der auch nur Liebe sucht und höchste Einheit ... ..." /Das Mädchen spricht; in Nr. 48/18 der "Neuen Wege"./

Auch:

"Das Erstmädchen möchte einen irgend Brief schreiben, sie braucht eine harte Unterlage dazu, um die es nicht schade ist;. sie nimmt das Lehrbuch der Logik." /Die blaue Dissertation in Nr. 53/21 der "Neuen Wege"./

2

"Da gibt es aber welche, die warten. Die warten Jahre darauf. Ihre Jugend darauf. Die warten auf einen Menschen. Und ihr freudiges Warten wiegt schwerer als die Tonnenlast des Nihil. ... ... Da sind welche, die lieben. Von ihrer Waagschale jubelt der Existentialruf "wir sind!" - - -"

/Ergo sum in Nr. 56/21-22 der "Neuen Wege"./

Weder die Ueberwindung einer mechanischen Logik durch das unverfälschte Mädchen /Blaue Dissertation/, noch die Ueberwindung des Nihil/ismus/ durch die wartende und sich erfüllende Liebe /Ergo sum/ sind ohne die Anerkennung höchster Werthaftigkeit der Frauenpersönlichkeit denkbar.

Ich verweise ferner auf meine in der Redaktion vorliegenden dramatischen Fragmente aus "Warum just Julia?" und "Amentia aeterna" sowie u.a. die Gedichte "Das Frühlingslied für Infinita Vera", "Das Sommerlied der Unwägbaren", "Edith". In allen diesen Arbeiten finden wir stets die wiederkehrende Grundhaltung: Vom Negativen, (an dem man sich beileibe nicht weidet,) ausgehend die mit aller Klarheit die Wendung zum Werte durchzuführen.

Das mir vorgehaltene Aufzeigen von Negativem und Un-Vollendetem finde ich übrigens in einem Artikel der Frau NR. Paunovics im "Kleinen Volksblatt" vom 6.7.1947 wieder, einem Artikel, der tags vorher auch über Radio Wien verlesen wurde: "Im Zusammenhang mit dem Gesagten steht auch die grosse Ehrfurchts-losigkeit allen positiven sittlichen Werten gegenüber. Reinheit, Treue, Frauenwürde und männliche eiserne Beherrschung sind Qualitäten, über die man heute höchstens mitleidig lächelt ... Alle Erscheinungen des Verfalles, der Dekadenz und einer expressionistischen Hysterie finden hier ihre Wurzeln. Frauen und Mädchen verkaufen sich um den Judaslohn von Schokolade und Zigaretten ... Die Geschichte vom Linsenmus wiederholt sich tausendfach, und was das Schlimmste daran ist, es fällt nicht mehr auf."

Das freilich noch Schlimmere daran ist, dass jeder, dem es doch auffällt, und der wenigstens einige aus der Lethargie rütteln möchte, aus gleichem Mund hören muss, er habe seinen Glauben an den Wert der Frau um das Linsenmus eines Gedichthonorars oder bestenfalls des Beifalls halbwüchsiger Mäsdchenhasser verkauft.

Ich verweise ferner auf meine Diskussionsbeiträge in der "Tribüne der Jugend" /"Welt am Montag"/ aus den Jahren 1948-50, darin ich immer wieder den Wert der Frau, der Liebe und das vorurteils-freie Verstehen der Geschlechter verteidigt habe. Ferner auf meinen Diskussionsbeitrag im "Jugendlichen Arbeiter" vom Februar 1950, dort ich gerade die hier zur Sprache stehende Nachkriegsjugend vor einer verallgemeinernden Verdammung in Schutz genommen habe.

Ich bitte die Redaktion, auch diesem Standpunkt bei der künftigen Auswahl meiner Gedichte Rechnung tragen zu wollen.

Hochachtungsvoll

Wien, 21. Juni 1950 Dr Hä. übergeben 27 6 50
Wien 22 3 451

Sehr geehrter Herr Doktor iußler,

wenn eine kurze Besprechung unserer "publikationen" ins nächste Heft der "Neuen Wege" käme, wäre es Ihnen möglich, den Hinweis anzubringen, daß restliche Exemplare über die "Neuen Wege"-Redaktion erhältlich sind?

Es sind insgesamt noch 20 Stück etwa frei. Oder lohnt es sich nicht mehr, wegen dieser geringen Anzahl?

Auch wenn es Ihnen aus taktischen Gründen nicht möglich ist, gleichsam Reklame für sowas wie die "publ." zu machen, habe ich mein volles Verständnis dafür.

In jedem Fall herzlichen Dank und ruhige Feiertage.

Hochachtungsvoll

Ihr

Andreas Ok.

Wien 8 Jan 52

Sehr geehrter und lieber Herr Doktor Häusler,

mit viel Freude habe ich Ihren Brief gestern abend gelesen, und darum tut es mir umso mehr leid, wenn ich Sie mit den folgenden Zeilen etwa kränken muß:

Ich kann es einfach nicht, in den "Neuen Wegen" jetzt etwas veröffentlichen, nachdem ich - zusammen mit Kein und Artmann - unsere Sezession aus den "NW" vollzogen habe. Es soll dieser Vorgang nicht auf seine Gründe untersucht werden, ich möchte niemand die Schuld geben: in der Position, in der sich die "NW" befanden, war wahrscheinlich keine andere Aktion als die praktische Enthebung des Arbeitskreises und dann auch keine andere Reaktion als unsere Selbst-auflösung möglich.

Wenn ich von der Aktion Ihrer Zeitschrift spreche, will ich damit auf keinen Fall Sie, sehr geehrter Herr Doktor, treffen. Ich weiß von allem Anfang an, daß Sie, wenn Sie auch teilweise Opposition gegen einzelne Auswüchse in unserer Produktion machten, immer einer der unseren waren, und daß Sie der letzte gewesen wären, der uns fallengelassen hätte.

Das will ich für ständig hier festhalten, und ich setze Sie nicht mehr identisch mit Ihrer Zeitschrift. (Ebenso wenig wie Sie meine "publikationen" jemals als Manifestation einer gegen Ihre Mühe gerichteten Arroganz und Undankbarkeit betrachten mögen.)

Jedenfalls aber bringe ich es nicht übers Herz, Raum und Geld der "Neuen Wege" noch für Arbeiten von jemadnd in Anspruch zu nehmen, der sich öffentlich als nicht mehr zu dieser Zeitschrift gehörig bezeichnet hat.

Mein großer Wunsch wräre es, wenn Sie mich wegen dieses Briefes und der Schritte des vergangenen Monats nicht in unlieber Erinnerung behielten. Meinerseits werde ich immer die Bemühung Ihrer Zeitschrift um unsere junge Literatur in den ersten Nachkriegsjahren uneingeschränkt zu bewundern und zu schätzen wissen.

So verbleibe ich mit herzlichem Gruß, auch an die Redaktion, und vorzüglicher Hochachtung

Ihr

Andreas Okopenko

Wien 18 Feb 52

An die Redaktion der "Neuen Wege"

In den "Salzburger Nachrichten" vom 29.1.1952 schrieb Hans Weigel:

"Begabungen ... Ihr zweites Refugium, die Zeitschrift 'Neue Wege', herausgegeben vom 'Theater der Jugend', ist kürzlich ihrer Mission untreu geworden und hat sich nach Intervention der Unterrichtsbehörden, die von kommunistischen Drahtziehern geschickt vorgeschoben wurden, ihrer besten Mitarbeiter beraubt. ..."

Da uns die Sezession der "publikationen" die einzige in letzter Zeit erfolgte Änderung im Stand Ihrer Mitarbeiter zu sein scheint und wir diesen unseren Schritt ungern in politische Zusammenhänge bgebracht zu sehen wünschen, da wir anderseits Wert auf die Fest-stellung legen, daß wir freiwillig und sogar gegen Ihre Aufmunterungen den Arbeitskreis verlassen haben, (daß "Sie selbst sich unserer Mitarbeit beraubt hätten", ist uns nicht bekannt,) regen wir Sie dazu an, Herrn Weigel einzuladen, seine veröffentlichte Behauptung zu belegen.

Eine entsprechende Ergänzung in den "Salzburger Nachrichten" würden wir gegebenenfalls nur begrüßen.

Hochachtungsvoll

(für die "publikationen")

Kopie an Hans Weigel

Kopie an Salzburger Nachrichten.

(Brief an Dr. Häußler) Wien 28 Jul 52

Sehr geehrter Herr Doktor,

Ihr Brief, für den ich Ihnen aufrichtig danke, hat mich einesteils gefreut, zum anderen Teil aber traurig berührt. Sie sind mir persönlich zu lieb, als daß ich Sie mirt Ruhe kränken könnte, auch habe ich die "Neuen Wege" aus der Zeit ihrer Anfänge her in dankbarer Erinnerung.

So fällt es mir schwer, immer wieder negativ antworten zu müssen auf Ihre geduldigen Einladungen zu den "Neuen Wegen" zurück. Aber ich muß es schließlich tun: Es hat sich nichts in der Zwischenzeit geändert, Sie stehen immer noch unter dem gleichen Druck wie seinerzeit, Sie möchten immer noch gern die Leute der "publikationen" (soweit sie der Gesellschaft etwas geben) irgendwie unterstützen, aber Sie können in Ihrer verhängnisvollen Mittelstellung zwischen ArtClub-Bärten und biologisch älteren Bärten nicht so wie Sie gerne wollten ... Deshalb sollen Sie von mir nie so behandelt werden, als mißverstünde ich Sie.

Dadurch, daß ich mich an Ihrer Sondernummer beteilige, kann ich mir selbst zwar nützen, aber sonst niemand. Ein solches "Ventil" würde uns in der Bemühung um freiere Atmosphäre wieder weit zurückwerfen. Wenn Sie das drastische Wort zulassen, stehen wir "im Streik", und vor einer Garantie günstigerer Bedingungen seitens der maßgebenden Stellen (natürlich eine Utopie) ist eine Rückkehr in die "Neuen Wege" unbegründet.

In diesem Zusammenhang bitte ich Sie, mir folgendes zu glauben: Ich habe mit den leicht unreinlichen Nachrichten, die da und dort über die "Neuen Wege" verbreitet werden, nichts zu tun. Ich bin auch nicht der Ansicht, daß eine österreichische Partei Ihnen irgendwelche Vorschriften erteilt, und ich habe Herrn Hans Weigel darauf wiederholt hingewiesen. Die "publikationen" machen von solchen Gelegenheiten grundsätzlich keinen Gebrauch; wir sind der Ansicht, daß man beim Schnapsen keine Tarockkarten verwenden soll.

Übrigens, damit Sie den "Lieben Augustin" leichter ver-schmerzen: Diese Arbeit habe ich aus meiner Mappe entfernt, da sie im Epischen ausgesprochen schwach und stellenweise unrichtig ist. Auch ist die Schlußmoral undeutlich, und ich fürchte, daß ich in diesem Gedicht wenig mehr tue als rhetorisch zu verführen. Es ist wirklich zu schade um das reizvolle Thema, das eines Eisenreich würdig wäre.

2 2

Was treibt Eisenreich? Sendet er nichts mehr ein? Ich habe ihn stets geärgert und stets geschätzt. Ich bin überzeugt, er hat mich nie schlecht verstadnden.

An der Leserumfrage habe mich mit Absicht nicht beteiligt, als Selbst-Betropetzter sozusagen. Ich kann unmöglich die Septembernummer, in der ich noch aufschien, loben, anderseits kann ich schwer die andern Nummern bevor-zugen. Außer dem zerlegten Eisenreich-Alamanach haben mich nur die Gedichte von Dienel und Jandl erfreut, Röder Hilde ist ein lieber Mensch, Buchebner ist auch sympathisch, (vielleicht habe ich jemand ausgelassen, da ich ohne Konzept schreibe), einige die ich mit Namen nicht nennen will, sind beklemmend zu lesen, beklemmend vor Unfähigkeit sich zu verständigen oder beklemmend vor Ziellosigkeit.

Für Kießling ist mir der Leuchtturm noch nicht aufgegangen, oder die Kerze. Ich gehe um dieses Kulturdenkmal wie die Katze um die Schüssel mit Gips und will nicht draufkommen, daß dieser Gips eßbar ist. Dabei bin ich wirklich nicht voreingenommen: ich freue mich doch, wenn ich mir ein neues Vergnügen schaffen kann. Bei Kießling funktioniert es nicht. Endweder bin ich frigid oder ist er es.

Wollen Sie bitte in Ihren Listen vormerken, daß ich weiter-hin an dem Bezug der "Neuen Wege" interessiert bin, und mir rechtzeitig einen Erlagschein zusenden lassen.

Ich hoffe, daß sich an dem guten Einvernehmen zwischen Ihnen, sehr geehrter Herr Doktor, und mir nichts ändern wird, und wünsche mir, daß Ihnen dieser Brief weniger Mühe und Aufenthalt verursachen wird als wenn ich Sie in der Redaktion heimgesucht hätte.

So verbleibe ich, mich Ihnen bestens empfehlend,

hochachtungsvoll Ihr AOkopenko

Andreas OkopenkoWien 14, Baumgartner Höhe 1

Wien 25 2 54

Sehr geehrter Herr Dozent!

ich beziehe mich auf das Telephongespräch, das ich heute mit Ihrem Herrn Polakovics geführt habe, und halte folgendes fest:

Die Redaktion der "Neuen Wege" will meinen Artikel "Abrechnung" in der vorliegenden Form grundsätzlich nicht veröffentlichen. Die Redaktion der "Neuen Wege" hat hingegen die Artikel von Traude Dienel und Oskar Wiesflecker veröffentlicht, deren teilweise Unrichtigkeit ich durch die Publikation meines Aufsatzes den Lesern der "Neuen Wege" zur Kenntnis bringen wollte, zu meinen Fragen, die ich an sie unmittelbar gerichtet habe, geschwiegen. Die Redaktion der "Neuen Wege" hat mich seinerzeit mehrere Male dazu eingeladen, an ihrer Zeitschrift wie früher mitzuarbeiten, insbesondere in ihren Spalten zu Fragen der Zeit Stellung zu nehmen. Sie hat mir versichert, dass sich die Verwirrung, die seinerzeit, zum Teil durch unser eigenes Verschulden, entstanden war, gelegt habe und dass unserem, insbesondere meinem erneuten Mitwirken an der Zeitschrift keine Hindernisse dunkler Art mehr entgegenständen.

Dadurch, dass mir die Redaktion der "Neuen Wege" wohl Gelegenheit geboten hat, meinen Aufsatz "Die verdächtige Ordnung" zu ver-öffentlichen, aber mir nunmehr keine Gelegenheit bietet, die Fehlauffassungen über die von mir in meinem Artikel gemachten 2 Feststellungen zu berichtigen, hat sie meinem Standpunkt angesichts der Oeffentlichkeit geschadet. Dadurch, dass sie die an sie gerichteten Fragen, die die Zensur der bei ihr einlaufenden Arbeiten betreffen, nicht beantwortet hat, hat sie bewiesen, dass von einer freien oder auch nur in vernünftigem Maße eingeschränkten Aussage bei ihr auch heute noch nicht die Rede sein kann.

Die Redaktion der "Neuen Wege" zeigt also eine Struktur, die es jedem ihrer aufrichtigen Freunde nahebringt, an die Schonung der Zeitschrift mehr als an den eigenen Veröffent-lichungstrieb zu denken; die es ferner ungünstig erscheinen lässt, ihrem Forum eine Meinung anzuvertrauen, um deren leichtfertige Diskreditierung es schade wäre; und die angesichts des engen und nie bestimmbaren Bereiches ihrer "Toleranz" zu kaum einem Gespräch Anreiz gibt.

Ich habe im Laufe des heutigen Telephongesprächs Herrn Polakovics ersucht, meinen Artikel von Ihnen zurückzu-erbitten, und ich bedaure sehr, Sie ersuchen zu müssen, die Klärung der Frage meiner Mitarbeit an den "Neuen Wegen" bis zur Aenderung der dortigen Verhältnisse aufzuschieben.

Ich empfehle mich Ihnen bestens.

Andreas Okopenko.

Pol/NW Wien 25 Okt 54

Lieber Fritz,

mit diesem Brief schick ich Dir zwei Gedichte, ein politisches und ein jahreszeitliches.

Wenn Du das politische ganz bringen könntest, wäre es natürlich für mich ein grosser Vorteil, da die drei Teile doch stark von einander abhängen. Man merkt es, wenn man sie einzeln liest. Besonders der zweite Teil allein hängt in der Luft.

Fürs Koreagedicht wäre dieser November, glaube ich, die letzte Gelegenheit. Nächstes Jahr denkt kein Mensch mehr an Korea.

Vielleicht lässt sich das Gedicht in Petit anstatt in Kursiv setzen, damit es kein monströser SeitenRand-aufputz fürs Novemberheft werde: in Petit gesetzt, spart es wahrscheinlich Platz. So habt Ihrihr seinerzeit die "blaue Dissertation" gebracht. Aber wie damals, so müssen auch diesmal meine Zeilentrennungen eingehalten werden. Als fortlaufende "Prosa" sollte das Gedicht unter keinen Umständen gesetzt werden, weil die Trennungen nicht nur rhythmisch und vortragstechnisch sondern auch logisch wichtig sind.

Wenn man aber doch nur einen der drei Abschnitte des Koreagedichtes bringen will, so möge man meinen Untertitel als Hauptüberschrift setzen und als Untertitel: "/aus dem Gedicht "Korea"/"

Auch das Gedicht "Warmer November" könnte petit, aber nicht fortlaufend, gesetzt werden. Dieses Gedicht ist freilich nicht teilbar.

Weitere Wünsche hab ich nicht.

Ich danke Dir für die Sorgfalt, mit der Du auch diese Arbeiten gewiss wieder behandeln wirst, und bleibe Dein Andreas Okopenko und grüsse Dich, Deine Frau und Aglaja bestens.