Stellenkommentar zu "Andreas Okopenkos Tagebuch, 14.01.1954-26.02.1954" HebenstreitDesiree Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung FWF P 28344 Einzelprojekte InnerhoferRoland version 1.0 Austrian National Library
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Stellenkommentar zu "Andreas Okopenkos Tagebuch, 14.01.1954-26.02.1954"
Okopenko stand mit Brigitte Kahr ab Juli 1951 in engerem Kontakt, der ab Herbst 1952 weniger wurde, nachdem sich auch private Hoffnungen Okopenkos zerschlagen hatten. Offenbar beschäftigte ihn Kahr aber noch, so dass er von ihr träumte. Das zweite Buch, das Okopenko bestellt hatte, kann an dieser Stelle nicht erschlossen werden. Okopenko bezieht sich hier auf den vorhergehenden Beitrag von Traude Dienel, der im Dezember 1953 in den "Neuen Wegen" erschienen war und auf Okopenkos Artikel "Die verdächtige Ordnung" (November 1953) reagiert hatte. Siehe dazu auch den Tagebucheintrag vom 25.2.1954 sowie den dortigen Stellenkommentar. Der Film "Schlagerparade" wurde an diesem Tag in verschiedenen Kinos gespielt (siehe Kinoprogramm der Arbeiter-Zeitung, 7.2.1954, S.16). Da das "Olympia-Kino" am nähesten zur damaligen Wohnung von Andreas Okopenko lag, liegt die Vermutung nahe, dass er den Film in diesem Kino angesehen hat. Rohscheiben war das damals in Österreich verwendete Wort für Kartoffelchips. Die Lesung, die am 19.2.1954 im Volksheim Margareten stattfand, war Teil einer Veranstaltungsreihe, die Roman Roček organisiert hatte und jungen AutorInnen acht Abende widmete. Der an dieser Stelle gemeinte Artikel war die geplante Antwort auf die vorhergehenden Beiträge von Traude Dienel und Oskar Wiesflecker, die wiederum auf Okopenkos im November 1953 publizierten Artikel "Die verdächtige Ordnung" reagiert hatten. Dieser Beitrag, an dem Okopenko bereits ab September 1953 gearbeitet hatte, war nicht nur von einer konsumkritischen Haltung, sondern auch von einem kritischen Blick auf geschlechtsspezifische Rollenbilder geprägt. Okopenkos Befürchtung, die aktuelle Kunst brächte keine echten Gefühle und keine persönlichen Anliegen mehr zum Ausdruck, pointierte er in dem Artikel mit der Aussage, "Nichts erlebbares dringt mehr durch die Wörter." Okopenko stellte die Frage, wer an diesem "Schweigen" der jungen AutorInnen schuld sei und knüpfte damit an die Diskussion an, die Anfang der 1950er Jahre über die "Jugend" geführt wurde (siehe Themenkommentar Zeithistorische Diskurse). Der Abschiedsbrief an Franz Häußler, von dem Okopenko hier spricht, ist am Literaturarchiv erhalten (Teilvorlass Andreas Okopenko, Sign. ÖLA 269a/05). Okopenko zeigte sich darin sehr verärgert darüber, dass er von Häußler mehrmals zur Mitarbeit aufgefordert worden war, aber nun seinen Diskussionsbeitrag nicht mehr publizieren könne. Im März 1954 konnte Okopenko doch noch den vierseitigen Artikel "Zwischenbilanz?" veröffentlichen, in dem er nochmals seine Position erläuterte. Rohscheiben war das damals in Österreich verwendete Wort für Kartoffelchips.